Nein zum Gipfel des Kapitals! Für eine Internationale der ArbeiterInnen und Unterdrückten!

Aufruf von ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION gegen den G20-Gipfel in Hamburg, 15. Mai 2017, Unite against G20, Broschüre der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Juli 2017

Was für eine illustre Versammlung: ein rassistischer Präsident aus den USA, ein russischer Despot, ein Präsidial-Diktator aus der Türkei, ein „post-kommunistischer“ Imperialist aus China, ein brasilianischer Putschist, ein Hindu-Chauvinist aus Indien – das ist nur ein Auszug aus der Liste derer, die zum Gipfeltreffen der G20 im Juli 2017 in Hamburg anreisen werden.

Dazu kommen die europäischen HeroInnen: „Sozial-Liberale“ aus Frankreich und Italien als Spezialisten für Austeritätspolitik und neo-liberale „Reformen“; eine britische Premierministerin und Brexit-Befürworterin, der selbst die Festung EU noch nicht genug rassistisch abgeschottet ist.

Inmitten dieser Schar fragwürdiger, aber hochrangiger Gäste gibt sich die deutsche Kanzlerin als Moderatorin und gemäßigte Sachwalterin einer „demokratischen“, vernünftigen Weltordnung.

Das verlogene Spiel des deutschen Imperialismus

Nach dem „Trump-Schock“ versucht die Führung des deutschen Imperialismus, sich umso mehr als verlässliche Weltmacht zu profilieren, als sicherer Hafen in der Sturmflut des Irrsinns. Nein, Deutschland droht nicht mit Mini-Nukes, sondern flutet nur den Globus mit prachtvollen Waren und segensreichen Investitionen.

In einer noch instabiler gewordenen Welt versuchen Merkel und ihre Regierung, aus der Not eine Tugend zu machen und preisen den deutschen Regierungs- und Herrschaftsstil als „besseres“ Modell für die Welt an.

Da feiert die Verlogenheit Triumphe. Denn humanistische Formeln und Merkel’sche Beschwörungsriten von „Demokratie und Menschenrechten“ sind nur die ideologische Begleitmusik zu einer immer aktiveren Rolle Deutschlands beim verbissenen Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Die harten Fakten sind:

  • Die Durchsetzung von Austeritätsregimen in der Europäischen Union, die mitverantwortlich für den Ruin ganzer Regionen sind.
  • Das blutige Abschotten der EU-Außengrenzen und die Durchsetzung einer barbarischen, rassistischen Migrationspolitik.
  • Das aktive Eingreifen in der Ukraine, um eine Regierung aus Neo-Liberalen, Oligarchen und Rechtsradikalen durchzuputschen.
  • Unterstützung für despotische Regimes wie Erdogan in der Türkei.
  • Verschärfung des Klassenkampfes von oben in der EU und in Deutschland.
  • Aushebelung demokratischer Rechte und rassistische Hetze im Inneren, insbesondere in Form des anti-muslimischen Rassismus.
  • Aufrüstung der Bundeswehr und Steigerung der eigenen „Interventionsfähigkeit.“
  • Schließlich setzt auch die „Klimakanzlerin“ weiter auf fossile Energieträger und macht die sog. „Energiewende“ zur Makulatur.

Schon diese Aufstellung zeigt, dass die deutsche Regierung nicht weniger brutal ist als der „Völkerrechtsbrecher“ Putin oder der „postfaktische“ Trump. Aber gerade die Hetze gegen einen Putin macht das verlogene Gerede von friedlichem Zusammenleben umso unerträglicher, mit dem die deutschen Weltmachtambitionen vorangetrieben werden, Europa unter der Vorherrschaft des deutschen Imperialismus zu vereinigen. Die eigenen Aufrüstungspläne und Interventionen werden als geradezu „erzwungene“ Hilfe für die Menschheit oder als Wahrnehmen einer „Verantwortung“ zum Wohle aller präsentiert.

Neuaufteilung der Welt

Dabei geht es ganz profan um die Geschäftsinteressen des deutschen Kapitals und die Verfolgung geo-strategischer Ziele im Kampf um die Neuaufteilung der Welt.

Zwischen den Weltmächten hat sich in den letzten Jahrzehnten die Lage drastisch verschärft. Seit 2007/2008 erleben wir eine offene globale Krisenperiode des kapitalistischen Systems, deren tiefer liegende ökonomische Ursachen bis heute nicht nur nicht beseitigt sind, sondern früher oder später erneut und verstärkt die Weltwirtschaft und damit die gesamte globale „Ordnung“ erschüttern müssen.

Die Verschärfung der internationalen Konkurrenz und der neu entbrannte Kampf um die Neuaufteilung der Welt unter den imperialistischen Staaten und den sich formierenden Blöcken sind unvermeidliche Folgen dieser krisenhaften Entwicklung.

Dabei haben alle VertreterInnen der G20 – ob nun „alte“ Mächte wie die USA, Japan, Deutschland, Frankreich oder Britannien, neue imperialistische Länder wie Russland oder China und auch die Regionalmächte wie die Türkei oder Brasilien – ihre dreckigen Finger im Spiel.

Zusammen kontrollieren sie rund 90 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts, fast das gesamte Großkapital befindet sich in diesen Staaten.

Kein Wunder, dass auch dieser Gipfel wie alle anderen G20-, G7- oder sonstigen Treffen der Mächtigsten der Mächtigen eine „ambitionierte“ Agenda hat.

In der Tat haben die G20 gemeinsame Interessen, die sie zu sichern suchen:

(1) Die Weltwirtschaft soll am Laufen gehalten werden. Anders als manche deutsche Linke, die von der Krise nichts wissen wollen, sind sich die Herrschenden der Welt ihrer Existenz bewusst. Sie sind besorgt wegen der grundlegenden ökonomischen Probleme wie auch der aktuellen konjunkturellen Entwicklung. Europa steckt in der Dauerkrise und droht in konkurrierende Nationalstaaten zu zerfallen, Japan befindet sich in chronischer Stagnation. In China zeigen sich schon alle Momente einer Überakkumulationskrise, deren Ausbruch sowohl den Finanzsektor als auch die riesigen industriellen Überkapazitäten ergreifen könnte. Die „Schwellenländer“, jahrelang die Hoffnungsträgerinnen der Weltwirtschaft, erleben böse Einbrüche. Die USA unter Trump werden versuchen, ihre Probleme durch Protektionismus der „restlichen“ Welt aufzuhalsen.

All das zeigt, wie schwierig es wird, eine „gemeinsame“ Lösung zu finden. Die drohende Gefahr eines Zusammenbruchs des globalen Finanzsystems, eines Kollapses des Welthandels und dessen unkalkulierbare Folgen erzwingen zwar eine Zusammenarbeit, aber diese wird immer konfliktträchtiger. Es ist daher kein Zufall, dass wir in letzter Zeit den Beginn eines „Neuen Kalten Kriegs“ miterleben mussten, der seinerseits sich nur als ein Vorbote weiterer Verschärfungen der imperialistischen Konkurrenz herausstellen wird.

(2) Die Kosten für die „Belebung“ der Weltwirtschaft sollen jenen aufgebürdet werden, die nicht am Tisch der 20 sitzen. Das sind einerseits die schwächeren Volkswirtschaften der Welt, die als Quelle der Profite für die „großen Player“ nutzbar bleiben sollen. Das sind aber vor allem die Milliarden Lohnabhängigen, die städtische Armut, die Bauern und Bäuerinnen, deren Lebensbedingungen immer weiter nach unten gedrückt werden. Heute macht die ArbeiterInnenklasse rund die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Zugleich sind immer größere Teile dieser Klasse gezwungen, unter „prekären“ Verhältnissen zu leben, also von Einkommen, die unter den Reproduktionskosten der Arbeitskraft liegen.

Um ihr System in Schwung zu halten und erst recht, um die Ursachen der Krise im Rahmen des kapitalistischen Systems anzugehen, sind auch die herrschenden Klassen der Welt und ihre geschäftsführenden Ausschüsse – und nichts anderes sind die Regierungen der G20 und die sog. „internationalen Institutionen“ – gezwungen, die ArbeiterInnenklasse, die Bauernschaft, die große Masse der Weltbevölkerung verschärft anzugreifen.

So sehr sie sich auch bemühen mögen, ihre Interessen auszugleichen und die Weltwirtschaft am Laufen zu halten – so sehr zwingt die Konkurrenz sie zugleich auch zu einem Kampf um die Neuaufteilung der Welt mit allen barbarischen Folgen, die sich vor unseren Augen entfalten.

Neben dem Ruin ganzer Volkswirtschaften und der Verarmung von hunderten Millionen, neben Hunger und Zerstörung von Lebensgrundlagen für große Teile der ArbeiterInnen und Bauern in den ärmsten Ländern der Welt geht die globale Barbarisierung noch mit weiteren katastrophalen Auswirkungen einher.

Die Krise zwingt Millionen und Abermillionen zu Migration und Flucht. Mehr als 60 Millionen Menschen gelten heute als Geflüchtete. Dabei sind all jene, die als ArbeitsmigrantInnen vom Land in die Megastädte des globalen Südens ziehen, wie auch alle, die z. B. in der EU Arbeit suchen, noch gar nicht mitgerechnet.

Anders als die NationalistInnen und SozialchauvinistInnen lehnen wir es ab, auf Flucht und Migration mit den mehr oder weniger „humanitären“ Quoten, Einreisekontrollen und Aufenthaltsbeschränkungen zu antworten. Wir kämpfen für das Recht aller MigrantInnen und Geflüchteten auf Bewegungsfreiheit, für offene Grenzen und gleiche demokratische Rechte. Jede Abschottung, jede Einschränkung der Zuzugsbeschränkungen verstärkt nur vorhandene Spaltungen in unserer Klasse.

Kriege, Interventionen und Stellvertreterkriege verwüsten ganze Landstriche. In der „besten aller Welten“ ist „Frieden“ ein Zustand, der mehr und mehr auf die Bevölkerung der imperialistischen Staaten beschränkt ist. Zugleich drohen diese Konfrontationen und die Bildung von wirtschaftlichen und militärischen Allianzen, sich zu einem neuen globalen Wettrüsten und zu „heißen“ Konflikten auszuwachsen.

Als InternationalistInnen lehnen wir es kategorisch ab, eine dieser imperialistischen Mächte und Mächtegruppen zum „kleineren Übel“ zu verklären. Unsere Antwort liegt auch nicht in Phrasen vom „Weltfrieden“, den es in diesem System nicht geben kann, sondern im Kampf gegen den Imperialismus als System und gegen die eigene Bourgeoisie.

Dazu gehört auch, die berechtigten Kämpfe unterdrückter Nationen wie der PalästinenserInnen und KurdInnen, Aufstände und Revolutionen gegen despotische Regime sowie die demokratischen und sozialen Kämpfe der ArbeiterInnen und Unterdrückten weltweit zu unterstützen.

Rassismus, nationale Abschottung, Faschismus und Rechtsextremismus sind weltweit auf dem Vormarsch. Sie dienen einerseits als Mittel der Spaltung der Ausgebeuteten und Unterdrückten und der Formierung nationaler „Einheit“ im globalen Konkurrenzkampf, andererseits aber auch zur Formierung ganzer Bewegungen der gesellschaftlichen Verzweiflung, gebildet aus Teilen des Kleinbürgertums und der Mittelschichten, die vom Abstieg und Deklassierung bedroht sind, aber auch von Teilen der ArbeiterInnenklasse.

Gegen diese rechten populistischen Antworten hilft kein Schönreden der bestehenden Verhältnisse, sondern nur der entschiedene Kampf gegen Rassismus und Faschismus und ihre gesellschaftlichen Ursachen. Wer den Kapitalismus nicht bekämpfen, wer nicht den gemeinsamem Kampf aller Ausgebeuteten organisieren will und stattdessen auf die „Einheit“ der Lohnabhängigen mit ihren „gemäßigten“ AusbeuterInnen, den Pfaffen und bürgerlichen DemokratInnen oder gar den bürgerlichen Staatapparat im Kampf gegen Nazis hofft, der baut auf Sand.

Die Krise verschärft nicht nur die Ausbeutung, sondern alle Verhältnisse gesellschaftlicher Unterdrückung, des sozialen und politischen Rückschritts. Das trifft im besonderen Maße Frauen, LGBTIA-Menschen, Jugendliche und Alte, Menschen mit Behinderung, religiöse Minderheiten, rassistisch und national Unterdrückte.

Die Doppelbelastung der arbeitenden Frauen hat sich enorm erhöht. Sie werden in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt, zugleich werden soziale Leistungen zerstört und patriarchale Familienstrukturen sollen reaktionär wieder befestigt werden.

Die Jugend hat heute praktisch keine Zukunft. Sie ist weltweit von Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und Entrechtung besonders betroffen. Im „Frieden“ als Billigarbeitskraft ausgebeutet, wird sie mehr und mehr militaristischer Propaganda ausgesetzt und als Kanonenfutter missbraucht, sobald kriegerische Auseinandersetzungen beginnen. Zugleich werden die RentnerInnen und Alten billig entsorgt.

Die wirtschaftlichen Maßnahmen der G20 verschärfen diese Entwicklungen. So manche PolitikerInnen mögen ob dieser realen Verschlechterungen der Lage der Frauen und der heranwachsenden Generation leere Versprechen präsentieren, andere organisieren und propagieren offen den Rollback, die rechtliche und soziale Unterdrückung von Frauen, sie erklären die sexuelle Orientierung von LGBTIAs zu einer „Krankheit“, „Sünde“ oder Form der „Dekadenz“.

Wir setzen dagegen auf die Einheit aller Ausgebeuteten und Unterdrückten, auf den gemeinsamen Kampf im Rahmen eines Programmes zur Befreiung der ArbeiterInnenklasse. Wir setzen auf den Aufbau einer neuen Jugendinternationale und eine proletarischen Frauenbewegung als Teil des Kampfes für eine neue Internationale.

Auch wenn die herrschenden Klassen in den imperialistischen Staaten heute (noch) nicht auf unmittelbare Formen der autoritären Herrschaft setzen, so sind die Zeichen der Zeit unverkennbar.

Unter den G20-Staaten ist die „normale“ bürgerliche Demokratie ein Auslaufmodell. Bonapartistische, diktatorische Regime mit mehr oder weniger lächerlicher parlamentarischer Dekoration sind die Regel. Hinter der enormen persönlichen Machtfülle eines Erdogan oder Trump wird die allgemeine Tendenz zur Zentralisierung staatlicher Exekutivgewalt sichtbar, deren andere Seite die Ausweitung von Überwachung, Einschränkung demokratischer und gewerkschaftlicher Rechte, Bespitzelung und Verbot von linken und demokratischen Organisation darstellen.

Die Lüge vom „Kampf gegen den Terrorismus“ ist ein Legitimationsmittel für Rassismus, Rechtspopulismus und Repression – und zugleich eine Rechtfertigungsideologie für Interventionen in den Ländern Afrikas oder des Nahen Ostens. Der anti-muslimische Rassismus dient zur Mobilisierung und Spaltung – und zur Legitimation von Überwachung, Abschiebung, Krieg und Besatzung.

Die kapitalistische Wirtschaftsordnung wird angesichts drohender ökologischer Katastrophen mehr und mehr zum Himmelfahrtskommando für die Menschheit. Der Kapitalismus als System der allgemeinen Warenproduktion ist an sich unfähig, ein rationales, nachhaltiges Verhältnis zwischen Mensch und Natur herzustellen.

Angesichts der zunehmenden Konkurrenz, der Jagd nach Märkten und Profiten, nach Reduktion der „Kosten“ ist ein Programm des „ökologischen“ oder gar „sozialen“ Umbaus der kapitalistischen Gesellschaftsordnung reine Utopie geworden.

In Wirklichkeit zeigt gerade die ökologische Frage, dass wir uns den Kapitalismus nicht mehr leisten können, dass er nicht nur auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht, sondern sogar zur Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschheit führt.

Für diese Entwicklungen sind die G20 politisch mitverantwortlich. Jene sind kein Betriebsunfall des Kapitalismus, sondern notwendige Auswirkungen seiner eigenen Logik, seiner Entwicklung und Krisenhaftigkeit.

Es macht daher überhaupt keinen Sinn, auf eine „Reform“ der G20 zu setzen oder nach Unterschieden zwischen schlechten und weniger schlechten ImperialistInnen oder Regionalmächten zu suchen. Die Staats- und Regierungschefs, die sich in Hamburg versammeln, sind unsere Feinde, die Beschlüsse sind Attacken. Sie kommen nicht, um die Probleme der Menschheit zu lösen, sondern um ihre eigenen auf die Menschheit abzuwälzen. Auf ihrem Gipfel geht es darum, ihre Interessen in Einklang zu bringen und dabei sich gegenseitig zu übervorteilen. Sie haben unsere Verachtung und unseren Widerstand verdient.

Internationalismus und Klassenkampf

Die reformistische Strategie, das kapitalistische System im Interesse aller durch eine „andere Politik“ zu reformieren, wie sie SozialdemokratInnen, GewerkschaftsführerInnen und die Linkspartei verkünden, hat sich in den letzten Jahrzehnten als das offenbart, was sie ist: eine Illusion. Ihr Spielraum ist immer nur so groß, wie es das Kapital erlaubt bzw. gewähren kann. Statt das zur Kenntnis zu nehmen und die Konsequenzen zu ziehen, behaupten sie, dass ihre Politik Krisen vermeiden könne und beschwören so ihren eigenen Nutzen am Krankenbett des Kapitalismus.

Der Arzt am Krankenbett des Kapitalismus mag zwar das Siechtum eines kranken Systems verlängern. Seine Medizin der „Reformen“ für alle schwankt aber allenfalls zwischen Flickschusterei für die Armen und Konterreform für die Reichen und Mächtigen. Dass die Sozialdemokratie und Linksparteien wie Syriza in bürgerlichen Regierungen regelmäßig ihre eigene Basis verraten und verkaufen, ist notwendige Folge ihrer sog. „Realpolitik“, die ebenso utopisch wie unrealistisch ist. Wer die Interessen von AusbeuterInnen und Ausgebeuteten gleichzeitig vertreten will, verwickelt sich in Widersprüche und hilft am Ende nur einer Seite.

Das heißt nicht, dass wir den Kampf für Reformen und Verbesserungen ablehnen. Im Gegenteil, in einer Situation der globalen Defensive ist es unbedingt notwendig, sich gegen Angriffe zusammenzuschließen und gemeinsam für Verbesserungen zu kämpfen. Das wollen wir mit allen Kräften der ArbeiterInnenklasse, der Unterdrückten, der Jugend tun. Das wollen wir auf internationaler Ebene schaffen. Das fordern wir von allen Organisationen, die vorgeben, für die Klasse einzutreten.

Aber jeder nennenswerte Erfolg wird nur mit den Mitteln des Klassenkampfes, mit Massenstreiks, Besetzungen und Großmobilisierungen erkämpft werden können. Die ReformistInnen geben vor, dass „vernünftige“ Reformen dazu führen würden, dass es wieder mehr Stabilität und Sicherheit für alle geben werde. Uns hingegen ist bewusst, dass jede Errungenschaft, ja jede Verhinderung eines Angriffs auf Kosten der Profite und der Machtposition der herrschenden Klasse gehen muss. Daher wird in der gegenwärtigen Periode jeder größere Erfolg den Gegensatz zwischen den Klassen, zwischen AusbeuterInnen und Ausgebeuteten verschärfen. Die ArbeiterInnenklasse und die Unterdrückten haben von der Hoffnung in einen „sozial ausgewogenen“ und „politisch vernünftig“ regulierten Kapitalismus nichts zu gewinnen. Vielmehr müssen wir uns auf die Zuspitzung des Klassenkampfes und den organisierten Kampf gegen das Gesamtsystem vorbereiten.

Obwohl reaktionäre Bewegungen auf dem Vormarsch sind, gibt es weltweit auch ermutigende Kämpfe:

Der Widerstand der palästinensischen und kurdischen Bevölkerung verdeutlicht, dass die Unterdrückten keinesfalls bereit sind, kampflos das Feld zu räumen. In Indien haben Massenstreiks mit 150 Millionen Beteiligten gezeigt, welches Potential die ArbeiterInnenklasse in diesem Land trotz einer extrem repressiven hindu-chauvinistischen Regierung entwickelt hat. In Polen kämpfen hunderttausende Frauen gegen eine drohende weitere Einschränkung des ohnehin absolut restriktiven Abtreibungsrechts. Die ArbeiterInnenklassen in Griechenland, Spanien oder Portugal suchen nach einer politischen Antwort auf die Angriffe der eigenen Bourgeoisie und der EU. In Frankreich zeigten die Streiks im Frühjahr 2016 auch die Konturen einer wirklichen Alternative zum Front National. In den USA formieren sich in Massenbewegungen gegen Rassismus und Sexismus auch jene Kräfte, die eine Alternative nicht nur zu Trump, sondern auch zur Demokratischen Partei bilden könnten.

Bei vielen Kämpfen haben Jugendliche eine besonders aktive Rolle gespielt und ihr vorantreibendes Potential gezeigt – beim Arabischen Frühling, Blockupy, im Kampf gegen Sexismus und Rassismus oder bei anderen Protesten standen sie in vorderster Reihe.

Diese und ähnliche Bewegungen zeigen, dass trotz des Vormarsches der Reaktion die ArbeiterInnenklasse und die Unterdrückten bereit sind, Widerstand zu leisten. Sie müssen es, da sie immer wieder zum Kampf gezwungen werden. Die Kämpfe zeigen aber auch, dass es an einer politischen Strategie, an einem Programm zur Überwindung des Systems mangelt, das diesen Bewegungen eine Richtung geben und ihre Kräfte bündeln könnte.

Die zweite, entscheidende Lehre der aktuellen Entwicklung besteht darin, dass diese Kämpfe immer auch die Eigentumsfrage aufgreifen müssen, die Frage, welche Klasse die Gesellschaft beherrscht und ihre Interessen durchsetzen kann.

Keines der großen Probleme der Menschheit kann gelöst werden, ohne das Privateigentum an den Produktionsmitteln in Frage zu stellen, ohne die herrschende Klasse und das Kapital zu enteignen, ohne die Produktion unter der Kontrolle der ProduzentInnen gemäß den Bedürfnissen der Massen und ökologischer Nachhaltigkeit zu reorganisieren. So wie der Kampf gegen Kapitalismus, Imperialismus, Unterdrückung letztlich nur international geführt werden kann, so kann auch eine andere Welt nur auf globaler Basis entstehen, nur als Folge einer globalen Revolution. Eine zukünftige sozialistische Gesellschaft wird international sein – oder sie wird nicht sein.

Dazu braucht es aber auch Instrumente, Organisationen, politische Strukturen des gemeinsamen Kampfes. Dazu sind Bündnisse auf internationaler Ebene notwendig – seien es betriebliche und gewerkschaftliche Strukturen, Aktionsbündnisse oder Foren. Diese sollen nicht auf Abkommen von „SpitzenvertreterInnen“ von Organisationen beschränkt sein, sondern mit dem Aufbau breiter, demokratischer Kampfstrukturen, mit Massenversammlungen, Aktionskomitees usw. einhergehen.

Demokratische Massenversammlungen, Streikkomitees oder gar entstehende Formen von Räten (also Kampfstrukturen, die auch eine alternative Struktur für einen nicht-kapitalistischen Staat darstellen) werfen zwar die Frage auf, welche Strategie, welches Programm, welche Perspektive eine Bewegung braucht – sie beantworten sie aber nicht. Sie repräsentieren vielmehr einen demokratischen Rahmen und eine Kampforganisation, die eine Debatte und Erprobung verschiedener Programme erlauben.

Die ImperialistInnen und Regionalmächte verfügen mit den G20 und anderen Institutionen wie der UNO, den G7 über eine „Internationale“ der Reaktion, der kapitalistischen Weltbeherrschung, die zugleich auch Austragungsfeld ihrer Rivalität ist. Selbst die reformistischen Parteien, die bürokratisierten Gewerkschaften und die Linksparteien haben ihre länderübergreifenden Verbindungen – auch wenn sie wie die Bourgeoisien dort ihre Gegensätze fast genauso stark austragen, wie sie ihre Gemeinsamkeiten festlegen.

Die Schwäche der anti-kapitalistischen und revolutionären Kräfte wird am dramatischsten dadurch illustriert, dass sie in Sachen internationaler Organisierung weit hinter ihren Gegnern zurückbleiben. Inmitten einer historischen Krise des kapitalistischen Weltsystems, einer Verschärfung des Klassenkampfes, der globalen Reaktion auf verschiedenen Ebenen entsagt die „radikale“ Linke dem Internationalismus. „Linksradikale“ Politik kann so nur Flickschusterei, Nischenpolitik – ob nun auf betrieblicher oder lokaler Ebene – bleiben. Auch Solidaritätsaktionen, so wichtig sie sind, reichen nicht, um eine globale politische Strategie, eine Zusammenarbeit und ein Programm zu entwickeln, die einen Weg zum revolutionären Sturz des Kapitalismus und zur sozialistischen Transformation der Gesellschaft weisen. Die revolutionären Kräfte weltweit müssen verstehen, dass das nicht nur ein fernes Ziel, ein Wunsch für Sonntagsreden ist, sondern es sich um die Aufgabe der aktuellen Periode handelt, für die Formierung einer neuen, revolutionären Internationale zu kämpfen!