Neue anti-kapitalistische Organisation (NAO) – Welche Frauenbewegung wollen wir?

Esther Hufnagel, Frauenzeitung Arbeitermacht/REVOLUTION, März 2014

Zum Jahreswechsel 2013/14 gründeten sich in Potsdam und Berlin die ersten Ortsgruppen der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) auf Grundlage des NaO-Manifests, das im Dezember 2013 erschien. Darin heißt es. „Mit dem Prozess einer gemeinsamen praktischen Arbeit und theoretischen Diskussion wollen wir einen Beitrag leisten, die Zersplitterung der anti-kapitalistischen und revolutionären Kräfte in Deutschland zu überwinden.“

Wir wollen innerhalb der NaO auch eine Frauengruppe aufbauen, die ernsthaft den Kampf gegen Frauenunterdrückung aufnimmt.

Die Erkämpfung wichtiger Rechte von Frauen wie das Wahlrecht oder das Recht auf Bildung liegt schon lange zurück. Gleichwohl sind Frauen von wirklicher sozialer Gleichberechtigung noch weit entfernt, wie allein schon der Umstand zeigt, dass sie heute immer noch ca. 25% weniger verdienen als Männer. Themen wie „Gewalt gegen Frauen“, der Kampf für ein besseres  Abtreibungsrecht oder die Frage der „Geschlechtsidentität“ beschäftigen heute meist intellektuelle Kreise.Viele Gruppen und Netzwerke arbeiten aktiv in einzelnen Bereichen.

Frauenquote

Per „Frauenquote“ sollen mehr Frauen in Chefetagen kommen, denn heute stellen sie gerade 11% der Spitzenpositionen. Erfolgreiche Frauen erklären uns, wie „einfach“ Frau Karriere, Familie und Haushalt unter einen Hut bringen kann. Das Betreuungsgeld begünstigt besser Verdienende, während eine alleinerziehende Mutter ganz schnell in Hartz IV abrutscht.

In fast allen Branchen werden Mini-Jobs hauptsächlich von Frauen ausgeführt, oft mehrere gleichzeitig. Der Dienstleistungssektor (Gesundheit, Erziehung, Gastgewerbe, Arbeit in privaten Haushalten) ist oft immer noch „Frauensache“. Sobald vermehrt Frauen in einer Berufsgruppe auftreten, sinken sogar das Prestige dieser Tätigkeit und damit auch der finanzielle „Wert“ der Arbeit.

Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privatisierter Reproduktion ist im Kapitalismus nicht aufzulösen, es stehen kaum Ressourcen für eine Vergesellschaftung von Erziehung, Pflege und Hausarbeit zur Verfügung. Diese Gesellschaft kann nur existieren, wenn die bürgerliche Familie als (kostengünstige) Reproduktionsstruktur weiter besteht. Fast immer sind es  Frauen, die zuhause Kinder und Senioren pflegen und nebenbei den Haushalt schmeißen, da der Mann als Hauptverdiener es sich nicht leisten kann, seine Arbeitszeit zu verkürzen.

Trotz jahrzehntelanger Aufklärung sehen sich Frauen immer noch täglich mit gewaltsamem und chauvinistischem Verhalten von Männern konfrontiert.

Die patriarchale Unterdrückung wird von PolitikerInnen und Kirchen als natürliche Ordnung proklamiert. Die ursprünglich einmal gleichberechtigte Arbeitsteilung in der Urgesellschaft, als Frauen der Mittelpunkt einer Gruppe waren, die bedingt durch die Kinderaufzucht gleichwertigen Anteil an der Reproduktionsarbeit hatten, scheint auf dem vorkapitalistischen Stand geblieben zu sein. Die Frau gilt als Garantin für das Wohlergehen der Familie und die Weitergabe des Vermögens, bei Bedarf zu niedrigem Lohn einsetzbar in der Produktion, in Krisenzeiten auf prekäre Beschäftigung, „Nebenjobs“ und den Haushalt zurückgeworfen, und weit entfernt von einer freien Wahl ihrer Lebensweise auf finanziellem, sozialem oder sexuellem Gebiet.

Wir wollen nicht bei einem Feminismus stehen bleiben, wo Frauen ihre spezifischen Probleme thematisieren, abseits der Männer, die sich den „allgemeinen“ politischen Aufgaben stellen. Nur im gemeinsamen Kampf der Lohnabhängigen auf allen Ebenen werden wir erfolgreich sein.

Vergesellschaftung

Frauenunterdrückung ist ein wichtiger Faktor der kapitalistischen Gesellschaft und kann nur durch den Sturz dieses Systems überwunden werden.

Erst wenn die Löhne unter allen Arbeitenden gerecht verteilt werden, wenn Frauen genauso wie Männer wirklich die freie Wahl haben, welcher Arbeit sie nach ihren Fähigkeiten nachgehen wollen (ohne Verlust gesellschaftlicher Anerkennung). Erst wenn die Last der Reproduktion gerecht verteilt und vergesellschaftet ist, wenn unsere Kinder in einem System aufgefangen werden, das nicht mehr die Hauptverantwortung der Familie zuschiebt und die soziale Herkunft betont, wenn sich Frauen und Männer am Aufbau einer neuen Gesellschaft beteiligen und Solidarität mit allen benachteiligten und bedrohten Personengruppen praktisch geübt wird, werden wir erleben, dass klassische Rollenverteilung ihre Bedeutung verliert, ebenso wie bisherige Hierarchien.

Ob Barbie diese Revolution überlebt, wie sie sich dann kleidet und ob sie dann mit Ken oder Dolly im Dreamhouse wohnt, wird dabei eine untergeordnete Rolle spielen, denn unsere Kinder sollen von einer Gesellschaft geprägt werden, die ihre Entwicklung selbst in die Hand nimmt und bewusst gemäß den menschlichen Bedürfnissen plant.