Demonstration vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag

Fabian Johan, Den Haag, Infomail 1242, 12. Januar 2024

Die südafrikanische Regierung hat beim Internationalen Gerichtshof (IGH), dem wichtigsten internationalen Gericht der Vereinten Nationen, formell Anklage wegen Völkermordes gegen den Staat Israel erhoben. Als Folge seines brutalen Krieges gegen die Palästinenser:innen hat die südafrikanische Regierung erklärt, Israel habe die „spezifische Absicht … die Palästinenser:innen in Gaza als Teil der breiteren palästinensischen nationalen und ethnischen Gruppe zu zerstören“. (https://www.theguardian.com/world/2024/jan/09/explainer-what-is-the-icj-and-what-is-south-africas-claim-against-israel) Die Initiative Südafrikas wurde von der Organisation für Islamische Zusammenarbeit unterstützt, der 75 Mitgliedsstaaten angehören. Sie wurde auch von Hunderten fortschrittlicher palästinensischer und Friedensorganisationen unterstützt.

Am 11. und 12. Januar fanden die ersten beiden Anhörungen vor dem IGH in Den Haag statt. Eine Delegation progressiver Aktivist:innen begleitete die südafrikanische Abordnung, zu der auch der ehemalige linke Labour-Vorsitzende und Antikriegsaktivist Jeremy Corbyn gehörte. Da Corbyn stets der palästinensischen Solidaritätsbewegung nahestand und im Unterhaus imperialistische Kriege anprangerte, wurde er eingeladen, der Delegation beizuwohnen. Die Organisator:innen der Delegation erklären, Corbyn habe „immer auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden, indem er eine Sache unterstützt hat, die darauf abzielt, die Rechte der Menschen zu schützen, unabhängig von ihrer Nationalität oder ethnischen Zugehörigkeit“.

Obwohl es ein Werktag war, waren viele Menschen am Donnerstagmorgen gekommen, um vor dem Gericht zu protestieren. Auffallend war die hohe Beteiligung der jüdischen Gemeinde, die seit Beginn des Krieges gegen den Gazastreifen am 7. Oktober begonnen hat, in den Niederlanden antizionistische jüdische Organisationen zu gründen. Einige Mitglieder der orthodoxen jüdischen Organisation Neturei Karta (deutsch: Wächter der Stadt Jerusalem) trugen Schilder mit den Worten „Der Staat Israel repräsentiert nicht das Weltjudentum“ und „Das Judentum verurteilt den Staat Israel und seine Gräueltaten“.

Ebenfalls anwesend waren Aktivist:innen von BDS Netherlands, Samidoun, Students for Palestine und Aktivist:innen von BIJ1 (Zusammen, einer antirassistischen linken Partei in den Niederlanden). Die große Menschenmenge versammelte sich um einen großen Bildschirm, auf dem die Live-Übertragung der Anhörung durch Al Jazeera zu sehen war. Als die südafrikanische Delegation die Palästinenser:innen verteidigte und Israel des Völkermords beschuldigte, brach die Menge in tosenden Applaus aus.

Wie der Guardian berichtet, kann das Verfahren Jahre dauern, aber „eine einstweilige Verfügung könnte innerhalb von Wochen erlassen werden“.  Wenn nachgewiesen werden kann, dass einige der israelischen Handlungen unter die Völkermordkonvention fallen, kann das Gericht innerhalb weniger Wochen vorläufige Maßnahmen ergreifen. Auch wenn ein Gerichtsurteil nicht vollstreckt werden kann, kann eine Erklärung der Vereinten Nationen zum Völkermord schwerwiegende Folgen haben, die zionistischen Angriffe weiter in den Augen der Öffentlichkeit delegitimieren, den palästinensischen Widerstand und die Solidaritätsbewegung stärken. Es würde der Gewerkschaftsbewegung helfen, zu einem Arbeiter:innenboykott gegen Israel aufzurufen, und jene Kräfte stärken, die für einen Stopp der Waffenlieferungen, der politischen und wirtschaftlichen Unterstützung Israels eintreten. Es ist daher wichtig, die internationalen Bemühungen zur Aufdeckung der Verbrechen Israels zu unterstützen, da sie die Solidaritätsbewegung mit Palästina stärken und uns so einem gerechten Frieden im Nahen Osten näherbringen.




Die französische Arbeiter:innenklasse muss sich gegen rassistische Gesetze wehren!

Marco Lassalle, Infomail 1240, 30. Dezember 2023

Am 19. Dezember hat das französische Parlament ein weiteres Einwanderungsgesetz verabschiedet – das 117. Gesetz zu diesem Thema seit 1945! Aber es ist viel schlimmer als alle vorherigen Gesetze. Es wurde von Innenminister Gérald Darmanin vorgeschlagen, von Präsident Emmanuel Macron unterstützt, von den rechten Senator:innen der Partei Les Républicains stark umgeschrieben und schließlich mit den Stimmen des von Marine Le Pen geführten Rassemblement National (RN) angenommen.

Es ist leicht zu verstehen, warum die rassistische und fremdenfeindliche RN für dieses Gesetz gestimmt und einen ideologischen Sieg errungen hat. Es enthält eine Reihe von Maßnahmen, die dazu führen, dass vielen Migrant:innen grundlegende Leistungen und Rechte vorenthalten werden. Es unterstützt das RN-Ziel der „nationalen Präferenz“ (wonach französische Staatsbürger:innen beim Zugang zu staatlichen Sozialleistungen Vorrang vor Ausländer:innen haben sollten) und wird weitgehend dazu beitragen, die reaktionären und falschen Ideen des RN zu verbreiten: dass Migrant:innen nur nach Frankreich kommen, um von Sozialmaßnahmen zu profitieren, sie für den Mangel an Wohnraum und Arbeitsplätzen verantwortlich, kriminell und gefährlich für die nationale Sicherheit sind. Kurz gesagt, es ist eine giftige Mischung aus Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, gespickt mit Lügen und Verleumdungen.

Maßnahmen

Hier einige der Maßnahmen, die das neue Gesetz vorsieht:

  • Staatliche Leistungen wie Wohnungs- oder Familienbeihilfen werden Migrant:innen erst nach einer Verzögerung (bis zu fünf Jahren) gewährt, je nachdem, ob sie arbeiten oder nicht (obwohl die meisten Migrant:innen bei ihrer Ankunft in Frankreich nicht arbeiten dürfen).

  • Das Gesetz sieht die Einführung von Quoten für Migration vor, und die Legalisierung von migrantischen Lohnabhängigen wird vom Wohlwollen des/der Präfekt:in (Vorsteher:in eines Amtsbezirks) abhängen.

  • Das Gesetz ist ein Schlag gegen den Grundsatz des „loi du sol“, das Recht der in Frankreich Geborenen, mit ihrer Volljährigkeit die französische Staatsbürger:innenschaft zu erlangen, und geht auf ein früheres zurück, das von dem erzreaktionären Charles Pasqua unterstützt wurde.

  • Ausländische Universitätsstudent:innen müssen eine „Kaution“ an den Staat zahlen, die erst bei der Ausreise am Ende des Studiums zurückerstattet wird.

  • Bürger:innen mit doppelter Staatsbürger:innenschaft verlieren die französische, wenn sie sich schwerer Straftaten schuldig machen.

Um die Unterstützung des rechten Flügels zu erhalten, musste die Regierung außerdem versprechen, dass Anfang 2024 AME, die staatliche medizinische Hilfe, mit der alle Einwander:innen dringende medizinische Versorgung erhalten können, „reformiert“, d. h. wahrscheinlich stark eingeschränkt oder abgeschafft wird.

Das Gesetz enthält Maßnahmen, die so schockierend reaktionär sind, dass sich die Regierung sogar an den Verfassungsrat wendet, um einige seiner Artikel außer Kraft zu setzen, da sie gegen die Präambel der Verfassung von 1946 verstoßen, die besagt, dass „niemand wegen seiner/ihrer Herkunft benachteiligt werden darf“.

Die Verabschiedung des Gesetzes war selbst in Macrons Lager ein großer Schock, da 59 Abgeordnete der Regierungspartei dagegen stimmten und ein Minister zurücktrat. Die Behauptung Macrons bei den letzten beiden Präsidentschaftswahlen, er sei ein Bollwerk gegen Marine Le Pen und ihre Ideen, hat sich als eine weitere Lüge erwiesen. Allerdings hat die Arbeiter:innenklasse von den „Linken“ innerhalb des Präsidentenlagers wenig zu erwarten, da sie viele andere Angriffe gegen die Arbeiter:innen akzeptiert oder sogar durchgeführt haben.

Der französische Kapitalismus und die Überausbeutung

Seit Jahrhunderten braucht der französische Kapitalismus billige überausgebeutete Arbeitskräfte. Zunächst in Form von Sklav:innen auf den karibischen Inseln, später als indigene Zwangsarbeiter:innen in seinem Kolonialreich und im letzten Jahrhundert als Migrant:innen, in den letzten Jahrzehnten vor allem aus dem Maghreb. Die demokratischen Rechte dieser Arbeiter:innen wurden systematisch negiert und diese Entrechtung erreichte während des algerischen Unabhängigkeitskrieges in den 1950er und 1960er Jahren ein hysterisches Niveau. Die rassistische Ideologie diente als Rechtfertigung für diese Diskriminierung, obwohl auf allen öffentlichen Gebäuden „Egalité“ (Gleichheit) steht. Ein rassistischer Polizei- und Staatsapparat, dessen Personal nach dem Zweiten Weltkrieg vom faschistischen Vichy-Regime übernommen wurde, war für Repressionen und Massaker an Arbeitsmigrant:innen verantwortlich. Die von Jean-Marie Le Pen gegründete Front National baute auf einer rassistischen Ideologie auf und wandte sich massiv an die Anhänger:innen der Front Algérie Française. Aber auch die traditionellen rechten Parteien haben rassistischem Gedankengut geschmeichelt, und das gilt selbst für die linken Parteien.

Die französische Bourgeoisie war schon immer mehr als bereit, migrantische Arbeitskräfte zu beschäftigen und auszubeuten, die meisten von ihnen aus den ehemaligen französischen Kolonien in Afrika, sowohl im Maghreb als auch in Westafrika. Die rassistische Unterdrückung ermöglicht es den Bossen, sie in schlecht bezahlten Jobs zu halten, wobei ihnen oft grundlegende Arbeits- und Gewerkschaftsrechte verweigert werden. Entgegen der Verleumdung, dass Migrant:innen auf der Suche nach staatlichen Beihilfen nach Frankreich strömen, arbeiten die meisten von ihnen lange Jahre im Verborgenen als Sans Papiers (Menschen ohne Ausweisdokumente), insbesondere im Bau- und Dienstleistungssektor. Sie sind weit davon entfernt, von der staatlichen Sozialhilfe zu profitieren, denn sie zahlen zwar die obligatorischen Sozialbeiträge, haben aber keinen Anspruch auf entsprechende Beihilfen. Trotz der rassistischen Hysterie nimmt der Anteil der Migrant:innen an der Bevölkerung des Landes kaum zu: 7,8 % im Jahr 2022, 6,5 % im Jahr 1975. Selbst der Vorsitzende des MEDEF, des wichtigsten Arbeit„geber“verbandes, schätzt den Bedarf der französischen Wirtschaft auf 3,9 Millionen zugewanderte Arbeitskräfte in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der niedrigen Geburtenrate ein. Das französische Kapital will eine „kontrollierte“ Zuwanderung und zwingt die Migrant:innen weiterhin in extrem unsichere und übermäßig ausgebeutete Arbeitsverhältnisse.

Die extreme Rechte will noch weiter gehen. Bereits in den 1980er Jahren prägte Jean-Marie Le Pen den Slogan „eine Million Einwander:innen, eine Million Arbeitslose“ und suggerierte damit, dass die Ausweisung der Migrant:innen das Problem der Arbeitslosigkeit lösen würde. Marine Le Pen, die Tochter von Jean-Marie, propagiert das Konzept der „nationalen Präferenz“ und warnt vor der „Unterwanderung“ des französischen Volkes durch eine angebliche Migrationswelle. Ihre Ideen werden durch das neue Gesetz eindeutig legitimiert.

In dieser Hinsicht stellt das Gesetz einen Bruch mit früheren rassistischen Gesetzen dar. Während alle diese Angriffe gegen den Gleichheitsgrundsatz enthielten, stellt die schiere Menge an konzentrierten Schlägen gegen Migrant:innen dieses Gesetz eindeutig auf eine andere, viel gefährlichere Ebene. Es spiegelt die Verbreitung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der französischen Bevölkerung wider: Den Umfragen zufolge wird die Partei von Marine Le Pen bei den kommenden Europawahlen im Juni nächsten Jahres mit rund 28 % (und zusätzlich 6,5 % für ihre faschistische Nichte Marion Maréchal) die stimmenstärkste Partei in Frankreich sein, weit vor Macrons Partei „Renaissance“ mit 20 %.

Präsident Macron reklamiert mit dieser Zustimmung zum Gesetz, einen Sieg errungen zu haben, der zeigt, dass er keine „lahme Ente“ und in der Lage ist, Gesetze zu verabschieden, ohne die undemokratischen Tricks der französischen Verfassung der Fünften Republik anzuwenden. Auch Les Républicains beanspruchen einen Sieg für sich, da sie maßgeblich an der Verabschiedung des Gesetzes beteiligt waren und dessen Inhalt stark beeinflusst haben. Für beide wird sich dieser „Sieg“ bald als Pyrrhussieg erweisen. Rassistische Wähler:innen werden die konsequent rassistische Partei RN anderen Kräften vorziehen, die sie lediglich imitieren, und der ideologische Einfluss der RN-Ideen wird durch diese Maßnahme auf allen Ebenen nur vergrößert.

Arbeiter:innenklasse

Die französische Arbeiter:innenklasse befindet sich in einer schwierigen Situation. Sie ist durch den Sieg Macrons im Kampf um die Renten zu Beginn des Jahres bereits politisch geschwächt. Hinzu kommt, dass der Rassismus auch in der Klasse greift und eine mögliche Spaltung zwischen „französischen“ und migrantischen Arbeiter:innen droht sowie massiv verstärkte Repression gegenüber migrantischen Lohnabhängigen.

Die Sozialistische Partei, die Kommunistische Partei und La France insoumise lehnten das Gesetz allesamt ab. 32 von der Sozialistischen Partei geführte Departements erklärten, dass sie das Gesetz nicht anwenden werden, ebenso wie die Pariser Bürgermeisterin. Die CGT-Vorsitzende Sophie Binet erklärte: „Die CGT ruft zum zivilen Ungehorsam und zur Vervielfachung der Widerstandsaktionen gegen dieses Gesetz auf, das alle unsere republikanischen Prinzipien untergräbt und der extremen Rechten den Boden bereitet.“ Die CGT wird in den nächsten Wochen „massive Initiativen organisieren, damit diejenigen, die sich mit dem geleugneten Frankreich identifizieren, ihre Entschlossenheit zeigen können, damit die Werte der Solidarität respektiert werden“.

All dies ist richtig, aber man kann durchaus an der Wirksamkeit des Widerstands der reformistischen Parteien und der Gewerkschaften zweifeln, da es ihnen nicht gelungen ist, die Rentenreform abzuwehren. Es besteht die reale Gefahr, dass die „massiven Initiativen“ der Reformist:innen zahnlose symbolische Aktionen bleiben werden. Die Lohnabhängigen sollten ihre Führungen auffordern, den wirksamsten Widerstand gegen das Gesetz vorzubereiten, und zwar nicht nur auf den bequemen Sitzen des Parlaments, sondern an den Arbeitsplätzen, in den Banlieues und auf den Straßen. Die Arbeiter:innen müssen bereit sein, diesen Widerstand mit den Waffen des Klassenkampfes durchzusetzen, ob die reformistischen Führungen damit einverstanden sind oder nicht. Der zivile Ungehorsam muss von Protesten und Massenstreiks zugunsten einer massiven Legalisierung von Sans Papiers sowie der Abschaffung aller rassistischen Gesetze der letzten Jahre begleitet werden. Migrant:innen, darunter auch Sans Papiers, sind in großem Umfang auf den Baustellen für die kommenden Olympischen Spiele 2024 beschäftigt und werden bei der Organisation dieses Ereignisses an vorderster Front stehen, im Transportwesen, bei der Sicherheit, in Hotels, Restaurants, bei der Reinigung usw. Die Arbeiter:innen müssen bereit sein, alle damit zusammenhängenden Aktivitäten zu blockieren, bis das Gesetz aufgehoben ist, und solche Aktionen müssen von allen Gewerkschaften, Parteien und Organisationen der Arbeiter:innenklasse unterstützt werden. Sie müssen durch organisierte Selbstverteidigung gegen mögliche Repressionen durch den Staat oder rechte bzw. sogar faschistische Kräfte verteidigt werden.

Die einzige Möglichkeit, die Ausbreitung rassistischer Ideen in den Reihen der Arbeiter:innenklasse zu stoppen, besteht darin, ein Aktionsprogramm vorzuschlagen, zu verbreiten und dafür zu kämpfen, das alle rassistischen Gesetze bekämpft und die wirklichen Ursachen für das Anwachsen der RN angeht: niedrige Löhne, Mangel an Arbeitsplätzen, Wohnungen, Schulen und Krankenhäusern. Der durch dieses Gesetz ausgelöste Schock sowie die Wut auf Macron und seine Regierung sollten in eine massive Streikwelle, einschließlich eines Generalstreiks, gegen die rassistische Diskriminierung und Unterdrückung sowie gegen die Regierung und das von ihr verteidigte System gebündelt werden.




Ein Jahr Regierung Meloni: eine Kriegserklärung gegen die Arbeiter:innenklasse

Azim Parker, Infomail 1239, 18. Dezember 2023

„Man lacht, um nicht zu weinen“ ist eine sehr beliebte Redewendung in Italien. Die Grenze zwischen Tragödie und Farce war nämlich in der Geschichte des Landes manchmal sehr, sehr dünn. Man denke nur an die zwanzig Jahre der Berlusconi-Regierung, die zwischen einem Witz und einer internationalen Blamage auch die Zeit fand, 2001 die Demonstrant:innen gegen den G8-Gipfel in Genua massakrieren zu lassen.

Das erste Jahr der Regierung Melonis bestätigt diese groteske Tendenz. Allein in diesem ersten Jahr konnten wir alle möglichen erbärmlichen Schauspiele ansehen, darunter über Facebook die Trennung der Ministerpräsidentin von ihrem Partner – einem rassistischen und frauenfeindlichen Pseudojournalisten –, einen peinlichen Scherzanruf auf Kosten von Giorgia Meloni, der die Regierung vor der ganzen Welt lächerlich machte, einen absurden Kampf gegen harmloses CBD-Cannabis und vieles mehr. Das Problem ist, dass die Arbeiter:innenklasse einen unglaublich hohen Preis zahlen musste, um Zeugin dieses Spektakels zu werden.

Ein beispielloser Angriff auf die Arbeiter:innenklasse und die Armen

In der Geschichte der Republik gab es sicherlich noch nie eine so starke Verschlechterung der Lebensbedingungen der ärmeren Schichten. Italien ist das Land mit dem stärksten Rückgang der Reallöhne unter den großen OECD-Volkswirtschaften. Bis Ende 2022 waren sie im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie um 7 % gesunken. Dieser Rückgang setzte sich im ersten Quartal diesen Jahres fort, mit einem Minus von 7,5 % – all das im Rahmen einer grundsätzlich maroden Wirtschaft.

Wenn auch nach der Pandemie tatsächlich eine gewisse Erholung des Wachstums zu beobachten war – im Jahr 2022 ist das BIP tatsächlich um 3,7 % gewachsen –, belasten der Anstieg der Rohstoffpreise aufgrund des Krieges in der Ukraine, die Rezession in Deutschland – dem wichtigsten wirtschaftlichen Partner Italiens –, die Wiedereinführung des Stabilitätspakts und die ständige Erhöhung der Zinssätze die Staatskassen und die öffentliche Verschuldung wie ein Mühlstein. Infolgedessen ist das erste Jahr der Regierung Meloni im Wesentlichen von beispielloser Aggressivität gegenüber den italienischen Lohnabhängigen geprägt.

Arme

Die ersten Opfer der kriminellen politischen Maßnahmen der Regierung waren die Arbeitslosen und die ärmsten Teile der Bevölkerung, die durch eine SMS darüber informiert wurden, dass sie ihr Grundeinkommen, das sog. Bürgergeld verloren haben. Diese auf Betreiben der Fünf-Sterne-Bewegung 2019 eingeführte Transferleistung war zwar selbst eine äußerst demagogische und bestimmt problematische Maßnahme, die sicherlich die Armut nicht „abgeschafft“ hat, wie der damalige Minister Di Maio bei ihrer Einführung erklärte, stellte jedoch für eine gewisse Zeit sowohl das einzige Mittel zum Überleben für viele arme Leute dar als auch eine Barriere gegen die Überausbeutung vieler prekärer Beschäftigter, insbesondere in der Tourismus- und Gastronomiebranche, die berechtigterweise in Anbetracht einer Alternative begonnen haben, die unwürdigen Arbeitsbedingungen zu Hungerlöhnen abzulehnen.

Es ist kein Zufall, dass diese Maßnahme damals auf starken Widerstand bei Kleinunternehmen gestoßen ist. Hinter ihrem sozialchauvinistischen Gejammere über die „Penner:innen, die auf Kosten des Staates leben“, verbarg sich nur ihre Frustration darüber, dass sie niemanden mehr mit Hungerlöhnen erpressen konnten.

Arbeitsgesetz

All das stellt jedoch nur die Spitze des Eisbergs dar. Das Arbeitsgesetz, das zynisch am 1. Mai 2023 erlassen wurde, ist eine regelrechte Kriegserklärung. Es reicht von der Verlängerung befristeter Verträge, also der häufigsten Form prekärer Arbeit in Italien, bis zur Kürzung der

Abgabenschere, einer vom Staat stark beworbenen Maßnahme, die jedoch in Wirklichkeit eine Beleidigung für alle italienischen Lohnabhängigen ist. Um die Kluft zwischen Netto- und Bruttolohn zu verringern, hat die Regierung tatsächlich 4,1 Milliarden Euro bereitgestellt.

Das bedeutet, dass die italienischen Arbeitenden eine Erhöhung des Nettogehalts von 50 bis 100 Euro erhalten werden! Ein Betrag, der angesichts der Inflation völlig bedeutungslos ist. Diese Maßnahme geht natürlich nicht mit einer Erhöhung der Löhne einher. Nicht zufällig hat sich Confindustria – der Italienische Unternehmerverband – sehr zufrieden gezeigt und dieses weitere Geschenk gerne angenommen. Die größte Ironie besteht jedoch darin, dass diese Mittel von der öffentlichen Verschuldung getragen werden, also von den gleichen Arbeiter:innen, die bereits erhebliche Kürzungen bei Renten und öffentlicher Gesundheit hinnehmen müssen, damit „die Rechnung aufgeht“. Real werden also die Unternehmen entlastet, während die Lohnabhängigen durch Sozialkürzungen das verlieren, was sie scheinbar erhalten.

Gesundheitssystem

Gerade das öffentliche Gesundheitssystem ist eines der Schlachtfelder, auf denen die Regierung besonders verheerend vorgegangen ist. In den letzten 10 Jahren wurden in Italien 111 Krankenhäuser geschlossen und 37.000 Betten abgebaut. Der Mangel an medizinischem und pflegerischem Personal ist mittlerweile zu struktureller Natur in den Ambulanzen und Krankenhäusern geworden. All dies geschieht, während der Zugang zu den Universitäten beschränkt ist und komplizierte, von Nepotismus und Unorganisiertheit geprägte Auswahlverfahren die Einstellung neuen Personals weiter erschweren.

Der Tarifvertrag für Krankenpfleger:innen wird seit drei Jahren nicht erneuert. Die Regierung Meloni hat eine Gehaltserhöhung von 4 % angeboten, was die Hälfte des durch die Inflation verlorenen Wertes der Gehälter wäre! In der Zwischenzeit hat das letzte Haushaltsgesetz weitere 2 Milliarden Euro an Mitteln aus dem gesamten Gesundheitssystem gekürzt, alles zum Vergnügen des Privatgesundheitswesens. Dieses sieht nicht nur eine Steigerung seiner Gewinne, sondern erhält auch üppige Subventionen genau von dem Staat, der das öffentliche Gesundheitswesen ruinieren lässt.

Die reaktionäre Rhetorik der Regierung zum Thema Familie hat sich in der Erhöhung der Mehrwertsteuer für Babynahrung und Windeln niedergeschlagen. Laut Regierung sei es notwendig, zum Wohle der Nation Kinder gegen die „ethnische Substitution“ durch Migrant:innen zu gebären – dies wurde tatsächlich vom Landwirtschaftsminister gesagt! Dass die Familien diese Kinder nicht ernähren können, ist jedoch irrelevant. Nicht zu vergessen, dass das Wahlversprechen, die Mineralölsteuer abzuschaffen, natürlich schnell gebrochen wurde.

Das Gemetzel an Migrant:innen geht weiter …

Das italienische Proletariat ist nicht das einzige Ziel. Die Regierung hat sich im letzten Jahr besonders vehement auch gegenüber Migrant:innen positioniert, die immer schon ein erklärtes Ziel dieser Rassist:innen waren. Und sie wollen so auch den Anstieg der Unzufriedenheit aufgrund der nicht eingehaltenen Wahlversprechen eindämmen. Schon während des Wahlkampfs war eine der bekanntesten Forderungen der Regierung die nach einer „Seeblockade“ Italiens, eine ultrareaktionäre und letztlich unrealisierbare Maßnahme, die dazu diente, das vorhandene rassistische Gefühl in der Bevölkerung zu schüren und kapitalisieren.

Natürlich hat die Undurchführbarkeit der Seeblockade Giorgia Meloni und ihre Kompliz:innen nicht daran gehindert, ebenso kriminelle Politiken gegenüber Migrant:innen zu verfolgen.

Zuerst das Abkommen mit der Regierung des tunesischen Folterpräsidenten Saied, der sich gegen Zahlung dazu verpflichtete, die abfahrenden Immigrant:innen in seinen Lagern zurückzuhalten, ein Abkommen ähnlich dem bereits bestehenden mit Libyen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Saied flog Meloni nach Albanien, um im Geheimen mit Premierminister Rama über die Schaffung von Anhaltelagern für Migrant:innen zu verhandeln, im Austausch gegen Italiens Hilfe, Albanien in die EU aufzunehmen. Einfach ekelhaft!

In der Zwischenzeit hat sich die Regierung verpflichtet, die Aktivitäten von NGOs so weit wie möglich zu behindern, indem sie die Schiffe dazu zwingt, die Geflüchteten zu Häfen weit entfernt vom Rettungsort zu bringen, und sie de facto auffordert, mögliche mehrfache Rettungsanfragen zu ignorieren. Im Inland hat sich Meloni dazu verpflichtet, neue Zentren für administrative Inhaftierung – die berüchtigten CPR (Rückkehrzentren) – zu errichten, die tatsächlich echten Gefängnissen gleichen, in denen Migrant:innen darauf warten, abgeschoben zu werden. Das erklärte Ziel dieser beschämenden Politiken ist – genauso wie bei anderen europäischen Regierungen, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung – die Blockierung der Einreisen. Tatsächlich ist dies eine schändliche Rechtfertigung. Angesichts von Hunger, Gewalt und Freiheitsberaubung gibt es nichts, was Menschen davon abhalten kann, anderswo ein besseres Leben zu suchen. Alle Anstrengungen der Regierungen, dies zu verhindern, tragen nur dazu bei, das Leiden und den Tod von Hunderttausenden von Menschen zu erhöhen. Nur der Kampf gegen Rassismus, Imperialismus und für eine sozialistische Ordnung kann ihnen endlich Gerechtigkeit bringen und die Menschheit von dieser Tragödie befreien.

Die ohrenbetäubende Stille der Opposition und der Gewerkschaften

Besonders schändlich angesichts dieser Situation erscheint das Verhalten der wichtigsten Gewerkschaften – CGIL, CISL, UIL. Unser Bericht über den Widerstand der Gewerkschaften gegen die Regierung Meloni könnte hier enden. In einem Jahr Regierung sind die wichtigsten Gewerkschaftsorganisationen des Landes, insbesondere die CGIL, durch eine entwaffnende Lethargie aufgefallen. Bis Oktober 2023 wurde keine einzige Demo auch nur symbolisch gegen die Regierung organisiert.

Im Gegenteil, der Generalsekretär der CGIL, Landini, war so nett, Giorgia Meloni einzuladen, eine Rede auf dem Gewerkschaftskongress im März zu halten. Nach einer rein rituellen Demonstration im Oktober in Rom, bei der jedoch die Arbeiter:innen die Gewerkschaftsbürokratie unter dem Ruf nach einem Generalstreik bedrängten, sah sich Landini im November gezwungen, einen Streik auszurufen. Einen Streik, der an drei verschiedenen Tagen regional organisiert wurde – das bedeutet, dass im Norden, in der Mitte und im Süden Italiens an drei verschiedenen Tagen gestreikt wurde. Diese Entscheidung, mittlerweile eine Praxis für die CGIL, zielt offensichtlich darauf ab, die Auswirkungen der Arbeitsniederlegung so weit wie möglich abzuschwächen und sie so harmlos wie möglich zu machen. Trotzdem nutzte die Regierung, insbesondere Verkehrsminister Salvini, die Gelegenheit, die Gewerkschaft und die Arbeiter:innen weiter anzugreifen, indem er erklärte, dass der Streik illegal sei, da er das Recht der Bürger:innen auf Mobilität verletze und daher aufgehoben werden müsse.

Das wäre eine großartige Gelegenheit gewesen, eine echte Mobilisierung gegen die Regierung rund um die Verteidigung des Streikrechts auszulösen. Eine Mobilisierung, die dem bereits unzufriedenen italienischen Proletariat sicherlich eine konkrete Perspektive des Kampfes gegeben und die Regierung in Schwierigkeiten gebracht hätte. Landini hielt es jedoch für richtiger, die Dauer des Streiks auf 4 Stunden im öffentlichen Verkehr zu reduzieren, wodurch die Mobilisierung faktisch zu einem leeren Ritual wurde. In der Zwischenzeit schläft die Regierung ruhig, und Salvini kann sich in sozialen Netzwerken damit brüsten, die Gewerkschaften in den Griff bekommen zu haben.

Leider ist dieses erste Jahr der Regierung auch für die Basisgewerkschaften alles andere als positiv verlaufen. Die verschiedenen Gewerkschaften haben im Wesentlichen miteinander konkurriert, indem sie unkoordiniert und letztlich in Konkurrenz zueinander Ministreiks durchgeführt haben, mit dem einzigen Ziel, sich gegenseitig die Mitglieder wegzunehmen. Die Überwindung dieser sektiererischen Mentalität bleibt daher eine wesentliche Aufgabe für italienische Revolutionär:innen.

Die Bilanz des ersten Jahres der Regierung Meloni ist daher dramatisch. Auf der einen Seite steht die Notwendigkeit der Bourgeoisie und ihrer politischen Vertretung, ungeachtet ihrer internen Widersprüche ihre Gewinne und ihren Status quo auf Kosten des Proletariats zu schützen. Auf der anderen Seite erleben wir die ewige Wiederholung der reformistischen Linken, sowohl in der Politik als auch in den Gewerkschaften. Diese ist Opfer ihres eigenen Opportunismus und Mangels an Perspektiven jenseits der engen Grenzen des Kapitalismus, was sie dazu zwingt, mechanisch die gleichen Formeln und Rituale zu wiederholen, selbst wenn dies sie endgültig zum politischen Vergessen verurteilen.

In dieser Lage braucht es sowohl auf betrieblicher und gewerkschaftlicher wie auf politischer Ebene eigentlich eine Einheitsfront aller Lohnabhängigen und Unterdrückten gegen die Angriffe der rechten Regierung und des Kapitals. Zugleich verdeutlich die Führungskrise der Arbeiter:innenklasse, dass es eine revolutionäre Partei braucht als politische Alternative zum Theater der bürgerlichen Politik und der Rechten.




Österreich: Solidarität gegen den Funke-Ausschluss

Arbeiter*innenstandpunkt, Infomail 1238, 4. Dezember 2023

Die SPÖ-Ausschlusskampagne auf rechten Zuruf befördert Rassismus und Kriegshetze

Die Sozialistische Jugend hat ihre Bezirksgruppe im Alsergrund ausgeschlossen, weil dort Aktivist:innen der Organisation „Der Funke“ führend aktiv sind. Damit kommt die SJ Wien einem Antrag der Bezirks-SPÖ zuvor, die öffentlich den Ausschluss der Jugendgruppe gefordert hatte. Auch in Vorarlberg hat die SPÖ ein Schiedsgericht gegen die Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend eingesetzt, die zwar nicht dem Funke angehören sollen, aber ein Statement der Organisation geteilt hatten.

Gegen die Ausschlüsse!

Die sozialdemokratische Führung beginnt eine interne Säuberungskampagne, weil den Genoss:innen vom Funken ihre Position in der palästinasolidarischen Bewegung vorgeworfen wird. Diese Vorwürfe kommen von Journalist:innen, Online-Aktivist:innen, aber auch von ÖVP und FPÖ. Die Kampagne gegen den Funken ist undemokratisch und reaktionär. Sie soll an einem scheinbaren Extrembeispiel ausdrücken, was allen passiert, die sich nicht in die Regierungslinie der unbedingten Israelsolidarität einreihen.

Der Funke wird ausgeschlossen, weil er sich mit dem Widerstand gegen die israelische Besatzung solidarisiert, und weil einer ihrer Vertreter in einer Rede Israel als Apartheid- und Terrorstaat bezeichnet hat, der „weg“ müsse. Der Funke-Sprecher hat später gegenüber dem PROFIL klargestellt, dass er das Existenzrecht von Israel verteidigt, nicht aber das „Recht“ Israels, andere Nationen zu besiedeln, zu besetzen oder zu annektieren. Die Rhetorik kann man gut finden oder nicht, es ist aber egal. Die SPÖ beginnt ihre Ausschlusskampagne wegen dem rechten Druck, und nicht wegen einem 30-Sekunden-Videoausschnitt, der auf Twitter herumgereicht wird.

Wir als Arbeiter*innenstandpunkt solidarisieren uns mit den Funke-Aktivist:innen gegen die undemokratischen Ausschlüsse und gegen die mediale Verleumdungskampagne. Vorwürfe des „aggressiven Antisemitismus“ aus dem SPÖ-Parteivorstand sind an den Haaren herbeigezogen. Es muss auch klar sein, dass diese bürokratischen Methoden gegen jede Parteifraktion eingesetzt werden können, die inhaltlich widerspricht.

Türkis-Grüner Außenpolitik-Extremismus

Die sozialdemokratischen Spitzen drängen jetzt die parteiinterne Opposition heraus, aufgehängt an den Zurufen von Bundesregierung und FPÖ. Auch sonst stellen sich Babler und die Partei außenpolitisch vollinhaltlich hinter den reaktionären Regierungskurs.

Die Bundesregierung profiliert sich mit einer sogar international extremen Haltung gegen die palästinensischen Zivilist:innen und jegliche palästinensische Selbstbestimmung. Zusammen mit nur dreizehn anderen Ländern stimmte Österreich gegen eine UNO-Resolution für einen Waffenstillstand. Nehammer und Kogler unterstützen die Bombenkampagne der israelischen Armee, die schon mehr als 10.000 Zivilist:innen ermordet hat.

Rassistische Kampagne

In Österreich wird der Angriff der Hamas auf Israel und die Debatte um die israelischen Bombardements mühelos in antimuslimischen Rassismus übersetzt. ÖVP und FPÖ fordern geschlossene Grenzen und Massenabschiebungen, bezeichnen Geflüchtete als Antisemit:innen. Die Verschwörungstheorie über „importierten Antisemitismus“ ignoriert, dass Antisemitismus in Österreich fast ausschließlich von österreichischen Rechten ausgeht. Die rechten Parteien nutzen den antimuslimischen Rassismus auch, um den Antisemitismus ihrer eigenen Mitglieder unter den Teppich zu kehren. Das geht so weit, dass die niederösterreichische FPÖ, die eine Registrierung von Jüdinnen und Juden beantragt und um deren Vorsitzenden es die antisemitische Liederbuchaffäre gab, die angeblich liberale Einwanderungspolitik der SPÖ als antisemitisch bezeichnet. Auch die niederösterreichische ÖVP wirft der SPÖ vor, „eine Einladung an Antisemit:innen auszusprechen“. So wird die Solidarisierung mit der rechtsnationalen und rassistischen israelischen Regierung genutzt, um den Antisemitismus der Rechten schönzureden.

Aber auch die SPÖ wiederholt diese rassistischen Verschwörungstheorien. Der burgenländische Landeshauptmann Doskozil und der Wiener Gesundheitsstadtrat sind sich einig: Am steigenden Antisemitismus ist die Zuwanderung schuld. Nur beschuldigen die beiden das ÖVP-geführte Integrationsstaatssekretariat für die angeblich offenen Grenzen, greifen die Rechten von rechts an.

Der Mariahilfer SPÖ-Bezirksrat Götz Schrage geht noch weiter. In einem Zeitungskommentar setzt er rhetorisch den muslimischen Glauben mit Antisemitismus gleich und fordert, „Feinde Israels“ abzuschieben.

Die SPÖ unter Babler stellt sich außenpolitisch klar hinter die pro-imperialistische Linie der Bundesregierung. Babler war vor seiner Wahl mehrmals für frühere antiimperialistische Positionen kritisiert worden. Seit seiner Wahl hat er klar gemacht, dass von diesem linken Erben nichts übrig ist. Im Juni forderte er EU-Waffenlieferungen an die Ukraine, die israelischen Flächenbombardements verteidigt er als angebliche Selbstverteidigung. Nebensätze darüber, dass man die Palästinenser:innen „nicht vergessen“ dürfe und die Ablehnung des Waffenstillstands falsch wäre, können darüber nicht hinwegtäuschen.

Zur außenpolitischen nationalen Einheit gehört eben auch die Propaganda dazu. Die innerparteiliche Säuberungskampagne entspricht den rechten Forderungen, dass Palästinasolidarität ausgeschlossen und am besten verboten gehört.

Dagegen müssen Linke, Sozialist:innen und Revolutionär:innen sich klar aussprechen. Erstens, um zu verhindern, dass bürokratische Säuberungen in der Arbeiter:innenbewegung Fuß fassen. Aber auch, um der rassistischen Hetze und dem außenpolitischen Rechtsruck etwas entgegensetzen zu können.

In der Analyse der palästinensischen Befreiungsbewegung, dem Charakter des israelischen Regimes und vielem mehr ist sich die Linke sehr uneinig. In ein paar Punkten müssen wir aber zusammenstehen:

  • Solidarität mit dem Funken! Gegen unbegründete Antisemitismus-Vorwürfe und gegen den bürokratischen Ausschluss!

  • Gegen antimuslimischen Rassismus, gegen alle Abschiebungen und gegen Polizeirepression! Das Demonstrationsrecht muss für palästinasolidarische Aktionen gelten oder durchgesetzt werden.

  • Gegen Kriegsverherrlichung und entmenschlichende Hetze gegen Palästinenser:innen. Flächenbombardements haben nichts mit Selbstverteidigung zu tun!

  • Gegen die Ermordung von Zivilist:innen. Die Hinrichtungen und Massaker der Hamas helfen nicht in der Befreiung der Palästinenser:innen.



Tesla-Streik in Schweden: Organisieren für den Sieg und die Macht über die Gewerkschaften!

Jens-Hugo Nyberg, Infomail 1236, 14. November 2023

Jahrzehntelang haben die Gewerkschaften des Dachverbandes LO (Landsorganisationen i Sverige) gezögert, zu Streiks und anderen Arbeitskampfmaßnahmen aufzurufen. Gelegentlich wurden sie dazu gedrängt, haben dies aber in der Regel nur halbherzig getan und Abschlüssen zugestimmt, die weit schlechter waren, als ihre Mitglieder gehofft hatten. Die mangelnde Bereitschaft der führenden Vertreter:innen der Gewerkschaftsbewegung zu kämpfen, war ein entscheidender Grund dafür, dass wir Schritt für Schritt einen Rückzieher gemacht haben und die Politik immer weiter nach rechts gerückt ist. Dank der Abschaffung spezifischer Steuern für Wohlhabende ist Schweden heute ein sehr gutes Land, um reich zu sein, und wir haben Marktanpassungen auf breiter Front erlebt. Für den Rest von uns wird der Stress immer größer und die Sicherheit immer geringer.

Arbeitsniederlegungen und Solidaritätsaktionen

Am 27. Oktober trat die Metallarbeiter:innengewerkschaft IF Metall mit allen Beschäftigten von Tesla – oder TM Schweden, wie sie hier genannt werden – in den Streik. Dies geschah, nachdem sich das Unternehmen auf Anweisung der Zentrale geweigert hatte, einem Tarifvertrag zuzustimmen. Ab dem 7. November legte die Gewerkschaft Transport vier Häfen mit einer Blockade gegen Tesla lahm, und für die übrigen Häfen wurde dies für den 17. November angekündigt. Am selben Tag veröffentlichte die Gewerkschaft der Beschäftigten bei den Wohnungsunternehmen (Fastighetsanställdas Förbund; Verband der Immobilienangestellten) eine Ankündigung, die Reinigung der Tesla-Werkstätten zu blockieren, und die Gewerkschaft der Elektriker:innen (Elektrikerförbundet) kündigte an, die Stromzufuhr zu den Werkstätten und Ladestationen zu stoppen. Auch die Service- und Kommunikationsgewerkschaft SEKO schaltet sich in den Kampf ein. Ab dem 20. November wird keine Post mehr an Tesla zugestellt. Mit anderen Worten, eine Mobilisierung der LO-Gewerkschaften, wie es sie seit dem Streik und der Blockade gegen den Spielwarenhersteller Toys „R“ Us nicht mehr gegeben hat, wo der Handel nach einem dreimonatigen Streik, der sowohl von den LO- als auch von den TCO-Gewerkschaften (Tjänstemännens Centralorganisation; Zentralorganisation der Angestellten) unterstützt wurde, das Unternehmen zum Einlenken und zur Unterzeichnung eines Tarifvertrags zwang.

Der Grund dafür, dass selbst die Spitzen der Gewerkschaften Kampfbereitschaft zeigen, liegt natürlich darin, dass sich die Bürokrat:innen nun tatsächlich bedroht fühlen. Sie sind bereit, in vielen Situationen einen Rückzieher zu machen. Ihre Positionen und absurd hohen Gehälter haben im Allgemeinen nicht unter den schlechten Lohnabschlüssen der letzten Jahre und dem Verrat an den Hoffnungen ihrer Mitglieder gelitten. Doch jetzt, da Tesla sich weigert, Tarifverträge zu unterzeichnen, sind auch sie an ihre Grenzen gestoßen. Wenn sich diese Weigerung durchsetzt, ist die Position der Gewerkschaftsorganisationen und damit der Gewerkschaftsbürokratie ernsthaft gefährdet. Deshalb sprechen sie jetzt ein Machtwort.

Tesla befindet sich in Schweden angesichts dieser gewerkschaftlichen Machtdemonstration in der Defensive und wird unmittelbar nicht viel ausrichten können. Es wird schwierig sein, den Betrieb in nennenswertem Umfang aufrechtzuerhalten, es sei denn, es gelingt ihnen, einen erheblichen Streikbruch zu erzielen. Das werden sie sicherlich versuchen, aber bisher scheint das wenig Aussicht auf Erfolg zu haben.

Die meisten anderen Unternehmen in Schweden würden angesichts der Tiefe der gewerkschaftlichen Kampagne wahrscheinlich schnell nachgeben oder ihre Pläne einfach aufgeben. Nun ist es aber Tesla, mit dem reichsten Mann der Welt, Elon Musk, im Sattel. Er könnte es sich leisten, noch lange weiterzumachen. Auch die Kosten für die beteiligten LO-Gewerkschaften werden sich in Grenzen halten, und sie werden sich einen langen Konflikt leisten können. Die Streikkassen sind recht gut gefüllt.

Streikrecht

Die Lage könnte sich zwar ändern, wenn die Käuferseite (Händler:innen usw.) einen großen Gegenangriff starten würde mit dem Ziel, die Konsument:innen demagogisch in den Konflikt zu ziehen. Dies scheint jedoch nicht wahrscheinlich zu sein. Es ist jedoch klar, dass die Rechte und die Kapitalist:innenklasse insgesamt über das Geschehen beunruhig und verärgert sind. Ihnen missfällt offensichtlich, dass sich selbst Gewerkschaften mit Tarifverträgen und damit einer Friedenspflicht an Sympathiestreiks beteiligen können. Wenn sie selbst darauf zurückgreifen – was sie eigentlich einmal gerne getan haben –, würde das die Gewerkschaften und andere Lohnabhängige beim nächsten Mal eher dazu ermutigen, dies wieder zu tun.

Daher ist es wahrscheinlich, dass die Unternehmensverbände und die Rechte eine politische Offensive zur Einschränkung des Rechts auf Solidaritätsstreiks starten werden. Diese hat bereits begonnen. Stefan Koskinen, Leiter der Abteilung Arbeitsmarktpolitik beim Unternehmerverband Almega, hat zum Beispiel schnell erklärt, dass die Tatsache, dass auch Unternehmen mit Tarifverträgen von Solidaritätsstreiks betroffen sein können, eine Bedrohung für das schwedische Modell darstellt. Das ist natürlich reiner Unsinn, aber eine bezeichnende Absichtserklärung der Kapitalist:innen. Eine deutliche Mehrheit der Mitglieder des Parlaments gehört Parteien an, die entweder Anträge gestellt haben oder in ihren Parteiprogrammen festhalten, dass sie das Recht auf Solidaritätsstreiks einschränken wollen. Gleichzeitig ist dies ein Thema, bei dem die Sozialdemokratie vielleicht nicht so leicht nachgeben will. Es ist möglich, dass die Rechte eine große Schlacht in diesem Bereich scheut, aber in jedem Fall ist dies eine Bedrohung, auf die wir vorbereitet sein müssen.

Bei Tesla würde dessen Niederlage den Kampf für Tarifverhandlungen in den USA stärken. Dort haben die United Auto Workers (UAW) kürzlich einen 46-tägigen Streik abgebrochen, nachdem Ford, Stellantis und General Motors einen Rückzieher gemacht hatten. Musk will den Autoarbeiter:innen nicht weiter nachgeben und auch nicht noch mehr Feuer ins Öl gießen, aber gleichzeitig ist es schwierig, hier einen Betrieb zu führen, wenn der gesamte LO ein Machtwort spricht. Vielleicht könnte er eine Lösung in Erwägung ziehen, die derjenigen von Amazon in Schweden ähnelt. Das Geschäft wird an Subunternehmer:innen ausgelagert, für die Tarifverträge gelten. Es wäre sicherlich noch schwieriger für Musk, wie Jeff Bezos von Amazon so zu tun, als ob nicht Tesla, sondern nur ein/e Subunternehmer:in Tarifverträge hätte, wenn dies so eindeutig nach einer Niederlage für die schwedische Gewerkschaftsbewegung geschehen ist. Aber vielleicht ist das eine Möglichkeit.

Organisiert die Basis!

Darüber wollen wir nicht weiter spekulieren. Wichtig ist, dass dies ein Kampf ist, den die Arbeiter:innenbewegung gewinnen muss. Wenn es einem Unternehmen erlaubt wird, Tarifverträge zu verweigern, werden andere folgen. Diesmal scheint die Gewerkschaftsführung dem gleichen Ziel verpflichtet zu sein. Es wäre jedoch unklug, wenn sich die Basis der Gewerkschaften ausschließlich auf die Führung verlassen würde, um den Kampf zum Sieg zu führen. Auch wenn sie diesmal motivierter ist als sonst, wissen wir, wie vielen schlechten Verträgen und faulen Kompromissen sie zugestimmt hat.

Vor allem aber beruht die Führung der überbezahlten Bürokrat:innen über die Gewerkschaften auf der Passivität der Mitglieder. Ein Sieg gegen Tesla allein wird den Niedergang der Gewerkschaftsbewegung nicht aufhalten, aber er könnte ein Signal setzen. Um die herrschende rechte Politik zurückzuschlagen, brauchen wir kämpferische und offensive Gewerkschaften, wobei politische Streiks eine wichtige Waffe sind. Um dies zu erreichen, müssen wir eine Basisbewegung in den Gewerkschaften organisieren, mit dem Ziel, die überbezahlten kämpferischen Bürokrat:innen durch echte Vertreter:innen der Mitgliederinteressen zu ersetzen – Vertreter:innen, die für einen durchschnittlichen Arbeiter:innenlohn den Job übernehmen, so lange bleiben, wie sie das Vertrauen der Mitglieder haben und nicht zögern, für ihre Interessen zu kämpfen. Alle radikalen Mitglieder der betroffenen Gewerkschaften, alle, die es satt haben, dass die Verträge schlecht sind, die Arbeiter:innenbewegung ständig zurückgedrängt wird: Jetzt ist die beste Zeit, sich zu organisieren! Übt Druck auf die Gewerkschaftsführung aus, damit sie keinen einzigen Schritt gegen Tesla zurückgeht, und ersetzt sie dann durch eine neue, die entschlossen ist, jede rechte Politik zurückzuschlagen!




Das Ende der Ära Rutte und die Dilemmata der niederländischen Linken

Fabian Johan, Neue Internationale 278, November 2023

Das niederländische Kabinett stürzte im Juli letzten Jahres aufgrund erheblicher Meinungsverschiedenheiten zwischen den regierenden Parteien der Koalition über die Migrationsfrage. Infolgedessen werden in den Niederlanden am 22. November Parlamentswahlen stattfinden, um eine neue Regierung zu wählen.

Mark Rutte, der die Niederlande dreizehn Jahre lang mit der VVD (Volkspartei für Freiheit und Demokratie) regiert hat, hat angekündigt, dass er bei den kommenden Wahlen nicht mehr antreten wird. Mit seinem Rückzug gehen 13 Jahre Rutte zu Ende und die politischen Karten in den Niederlanden werden neu gemischt.

Die Ära Rutte

Er, der bisher der bevorzugte Führer der niederländischen Bourgeoisie war, hat immer im Interesse der großen Konzerne, Banken und kapitalistischen Institutionen und nicht in dem der Arbeiter:innenklasse regiert. Für die arbeitende Bevölkerung hat Rutte eine schwierige Situation herbeigeführt, die durch unbezahlbaren Wohnraum, Teilprivatisierungen des Gesundheitssystems, unsichere Arbeitsplätze, ein sinkendes Bildungsniveau und sehr hohe Lebenshaltungskosten gekennzeichnet ist. Für die großen Banken, die Superreichen und die multinationalen Konzerne hingegen hat er Steuererleichterungen eingeführt, das Arbeitsrecht liberalisiert und ein günstiges Geschäftsklima für die Bourgeoisie geschaffen. In der Europäischen Union trieb er neoliberale Reformen voran, die die Macht weiter in den Händen des Monopolkapitals zentralisieren.

Doch warum ist Ruttes Zeit abgelaufen? Sein viertes Kabinett (von nun an Rutte IV) bestand aus einer Koalition von vier Parteien, der VVD (Volkspartij Voor Vrijheid en Democratie), D66 (Demokrat:innen 66), ChristenUnie (CU; Christ:innenunion) und Christen Democratisch Appèl (CDA; Christlich-Demokratischer Aufruf). Das Kabinett war von Anfang an instabil, seine Bildung dauerte mehr als 299 Tage und es gab viele interne Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die Niederlande am besten regiert werden sollten. In der ursprünglichen Koalitionsvereinbarung waren die wichtigsten Punkte, die das Kabinett einte, eine 55 %ige Verringerung der CO2-Emissionen bis 2023, eine Verringerung des Stickstoffausstoßes, die Abschaffung der Vermieter:innensteuer, eine stärkere Regulierung des liberalisierten Wohnungssektors, eine Erhöhung des Mindestlohns um 7,5 % und mehr Geld für das Militär. Das letzte Versprechen hielt Rutte IV am treuesten, denn die niederländische Regierung unterstützte das ukrainische Militär in großem Umfang mit Ausrüstung, Panzern, Kampfjets und militärischer Ausbildung. In den Jahren 2022 und 2023 wurden die Löhne zwar erhöht, aber nur aufgrund von Streiks der Beschäftigten der nationalen Eisenbahngesellschaft (NS) und anderer Beschäftigter im Verkehrssektor.

Rassismus und Rechtspopulismus

Am meisten versagt hat Rutte IV bei der Behandlung von Flüchtlingen und Asylbewerber:innen. Die Kriege in Syrien, Afghanistan, im Irak, Jemen und der Ukraine haben dazu geführt, dass Millionen von Menschen aus ihrem Land fliehen mussten. Flüchtlinge, die Monate und Jahre unter entsetzlichen Bedingungen auf der Flucht vor dem Krieg verbrachten, kamen in die Niederlande und mussten feststellen, dass die Bedingungen hier nicht viel besser sind. Keines von Ruttes Kabinetten hat nennenswert in die Verbesserung der Einrichtungen für Asylbewerber:innen investiert. Dafür mobilisierte aber die Rechte. Wenn die Regierung den Bau einer neuen Einrichtung ankündigt, kommt es häufig zu rechten Hasskampagnen gegen Migrant:innen. In einem Fall wurde sogar ein Hotel, das in eine vorübergehende Flüchtlingsunterkunft umgewandelt werden sollte, von örtlichen Faschist:innen niedergebrannt.

Zwischen 2019 und 2023 organisierten Großbäuer:innen zudem massive Proteste, bei denen sie mit Traktoren durch Den Haag fuhren, um sich gegen Umweltvorschriften zu wehren, die von ihnen eine Verringerung der Produktion verlangen würden. Diese Proteste wurden von FvD-, JA21- und PVV-Mitgliedern gut besucht und erhielten erhebliche Unterstützung von Menschen in kleineren Städten und auf dem Land (FvD: Forum für Demokratie; JA21: Partei in Nordholland; PVV: Partei für die Freiheit). Die großkapitalistische Agrarindustrie finanzierte die Gründung der Bürger:innen-Bäuer:innen-Bewegung (BBB), die der politische Ausdruck der reaktionären Bäuer:innenproteste ist und bei den nächsten Parlamentswahlen voraussichtlich 13 bis 16 Sitze erringen wird. Mit dem Rechtsruck der VVD wollte man die Stimmen der rechtsextremen Anhänger:innen von FvD, PVV, JA21 und BBB auf sich ziehen.

Mögliche Ergebnisse

Doch ein Sieg der VVD ist keineswegs sicher. Zur Zeit konkurrieren in den Umfrage drei Parteien darum, wer stärkte Fraktion im 150 Abgeordnete umfassenden Parlament wird: die VVD, die NSC (Nieuw Sociaal Contract; Neuer Sozialvertrag) oder die gemeinsame Liste von PvdA/GL (Arbeiter:innenpartei/Grün-Links) liegen in den Umfragen vorn und könnten 25 bis 30 Sitze erreichen. Alle drei wären im traditionell zersplitterten Parlament – zur Zeit sind darin 17 Parteien vertreten – auf Mehrparteienkoalitionen angewiesen, was an sich nichts Neues in den Niederlanden ist. Aber es wird komplizierter aufgrund der Umgruppierungen im bürgerlichen Lager.

Traditionell geben die Konservativen, die nicht für die VVD stimmen, ihre Stimme der CDA, einer christlichen Partei der Mitte-Rechts-Bewegung. Die CDA hat eine starke Basis in den kleineren Städten und Dörfern sowie in einem Teil der niederländischen Bourgeoisie. Infolge der Kabinettskrise hat sich die CDA gespalten. Einige ihrer Mitglieder schlossen sich dem eher rechtsgerichteten BBB an und treten bei den kommenden Wahlen als Kandidat:innen an. Eine große Gruppe Gemäßigter um das ehemalige CDA-Mitglied Pieter Omtzigt gründete die NSC, die versucht, der christlich-demokratischen Politik der CDA neues Leben einzuhauchen.

Obwohl sich die NSC für die soziale Sicherheit und Wiederherstellung des Vertrauens in die Regierung einsetzt, ist ihre Migrationspolitik genauso rechts wie die der VVD. Die Umfragen zeigen, dass die VVD, die NSC und die BBB zusammen zwischen 60 und 65 Sitze im Parlament erhalten könnten. Das gibt ihnen die Flexibilität, die anderen rechten Parteien auszuwählen, die mit ihnen eine Koalition eingehen.

Ein mögliches und sehr wahrscheinliches Ergebnis der Parlamentswahlen im November sind also große Siege für die Rechte. Obwohl er sich als Beschützer der sozialen Sicherheit, der Renten und der Arbeitsplätze positioniert, werden Pieter Otmzigt und die NSC nicht in der Lage sein, eine massive Sparwelle aufzuhalten, die darauf abzielt, alles zu privatisieren und einen autoritären Staat zu schaffen. Migrant:innen, Flüchtlinge und Asylbewerber:innen werden die ersten Opfer dieser Regierung sein und keine Verbesserung ihrer Situation im Vergleich zu ihrem Heimatland erleben.

Das andere mögliche Ergebnis ist ein Wahlsieg von PvdA-GroenLinks, die bei den Wahlen auf einem einzigen Ticket antreten. Seit Anfang der neunziger Jahre ist die niederländische Arbeiter:innenpartei (PvdA) nach rechts gerückt und hat ihre früheren linken Positionen aufgegeben.

Diese Veränderungen ermöglichten es ihr, in Ruttes zweitem Kabinett mitzuwirken und im Namen der Bourgeoisie zu regieren. PvdA-Führer:innen erhielten hochrangige Ministerposten und wurden mit der Drecksarbeit betraut, Ruttes Sparmaßnahmen durchzuführen, insbesondere im Bildungs- und Wohnungswesen. Im Jahr 2017 schnitt die PvdA bei den Wahlen schlecht ab und verlor viele Parlamentssitze. Dies war auf jahrelanges Missmanagement während der Regierungszeit mit der VVD zurückzuführen. Sie hat keine Perspektive, den Kapitalismus zu beenden oder die Arbeiter:innenklasse an die Macht zu bringen. Die PvdA ist also eine bürgerliche Arbeiter:innenpartei, die kapitalistisch geprägt ist und ein bürgerliches Gesellschaftssystem verteidigt, deren soziale Basis aber die Arbeiter:innenklasse bildet.

GroenLinks hat eine etwas andere Geschichte, folgte aber einem ähnlichen Rechtsruck wie die PvdA in den 90er und 2000er Jahren. Im Jahr 1990 schlossen sich die ehemalige Kommunistische Partei (CPN), die Pazifistische Sozialistische Partei und zwei fortschrittliche christliche Parteien zu GroenLinks zusammen. Die progressiven christlichen Parteien, aus denen sich GroenLinks zusammensetzte, dominierten ihr Programm. In den 2000er Jahren bewegte sich GroenLinks weiter in Richtung Mitte und positionierte sich als liberale Partei und vertrauenswürdige Partnerin. Genau wie die PvdA war GroenLinks eine Juniorpartnerin der niederländischen Bourgeoisie und stimmte häufig für Gesetze, die die soziale Sicherheit, die Renten und Arbeit„nehmer“:innenrechte einschränkten. Die Partei hat in der Vergangenheit mit der VVD zusammengearbeitet, deren Standpunkte unterstützt und eine opportunistische Haltung eingenommen.

Den Umfragen zufolge ist es durchaus möglich, dass die PvdA-GroenLinks als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgehen wird. Die PvdA-GroenLinks-Allianz wird von Frans Timmerman angeführt, der an der Spitze der Europäischen Kommission stand und einer der Hauptverantwortlichen für den europäischen Green New Deal war. PvdA-GroenLinks hat ein Reformprogramm, mit dem einige der Probleme angegangen werden sollen, die in 13 Jahren Rutte entstanden sind, z. B. Klimawandel, Wohnungskrise, teure Gesundheitsfürsorge, hohe Verschuldung von Student:innen, verstärkter Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, Erhöhung des Mindestlohns.

Sollte die PvdA-GroenLinks die Wahl gewinnen, müsste sie eine Koalition mit Parteien des bürgerlichen Zentrums oder sogar mit den Rechten bilden, um zu regieren. Damit wären ihre Reformversprechen gleich zu Beginn kassiert.

Sozialistische Partei (SP)

Die Sozialistische Partei bleibt die fortschrittlichste Partei und hat Verbindungen zur Arbeiter:innenbewegung. Sie ist in den 1970er Jahren aus der maoistischen Bewegung hervorgegangen, wandelte sich jedoch zur einer reformistischen Partei. 1994 gab sie den Marxismus ganz auf. Die Führer:innen der SP sehen sich selbst eher als linke Sozialdemokrat:innen denn als revolutionäre Sozialist:innen. Sie betrachten den Sozialismus als eine Verteidigung des Wohlfahrtsstaates und formulieren ihre Politik eher in ethischen als in politischen Begriffen. Die SP ist somit eine bürgerliche Arbeiter:innenpartei, die zwar bedeutende Stimmen aus der Arbeiter:innenklasse erhält, deren Führung und Organisation aber strukturell auf das kapitalistische System ausgerichtet ist.

Deutlich lässt sich das an ihrer problematischen Position zur Migration zeigen, die sie schon seit den 1980er Jahren vertritt. Die SP fordert Einwanderungskontrollen, die ihrer Ansicht nach die Rechte der Lohnabhängigen schützen und die ungeregelte Einwanderung einschränken würden. Anstatt für Einwanderungskontrollen einzutreten, sollte die SP dazu aufrufen, die Migrant:innen zu organisieren und die Gewerkschaftsbewegung ermutigen, den Kampf für ihre Rechte anzuführen. Die SP vertritt außerdem eine euroskeptische Haltung und möchte die Herrschaft der „nicht gewählten Bürokrat:innen in Brüssel“ beenden und die Entscheidungsgewalt in den Händen der niederländischen Regierung konzentrieren.

Die SP vertritt zugleich fortschrittliche Positionen zur Gesundheitsversorgung, zum Wohnungsbau, zur Studienfinanzierung, zur Verstaatlichung von Versorgungs- und Verkehrsbetrieben und zur Besteuerung von Superreichen und Großkonzernen.

Obwohl die Partei keine formale Beziehung zum größten Gewerkschaftsverband, dem FNV (Federatie Nederlandse Vakbeweging; Niederländischer Gewerkschaftsbund), hat, sind viele niederländische Gewerkschafter:innen in der SP aktiv und stimmen für sie. Ihr derzeitiger Vorsitzender, Tuur Elzinga, vertrat die SP von 2006 bis 2017 in der Ersten Kammer des Parlaments. Die SP führt häufig Kampagnen der Gewerkschaften im Parlament durch, wie z. B. die Voor14-Kampagne, die einen Mindeststundenlohn von 14 Euro anstrebte (und inzwischen durch eine Kampagne für einen 16-Euro-Stundenlohn ersetzt wurde). Wir empfehlen eine kritische Stimmabgabe für die SP bei den Wahlen am 22. November.

Wir lehnen jede Beteiligung der SP an einer bürgerlichen Koalitionsregierung ab, auch an einer von PvdA-GroenLinks geführten. Stattdessen sollte SP, Gewerkschaften und soziale Bewegungen gegen die nächste bürgerliche Regierung und deren Angriffe mobilisieren.

Rolle der Gewerkschaften

Unabhängig vom Ausgang der Wahlen ist es von entscheidender Bedeutung, die Gewerkschaftsbewegung in den Niederlanden zu stärken. In den Jahren 2022 und 2023 gab es einige groß angelegte Streiks im Verkehrs- und Gastgewerbesektor. In Schiphol (Flughafen Amsterdam) organisierten die Gepäckarbeiter:innen und das Sicherheitspersonal im April 2022 einen Streik, der zur Streichung von Flügen und zur Schließung des gesamten Flughafens führte. Die Gewerkschaft FNV unterstützte den Streik zunächst nicht, übernahm dann aber im Sommer die meisten Forderungen und erreichte erhebliche Verbesserungen des Tarifvertrags (CAO; Kollektives Arbeitsabkommen), der für alle Beschäftigten in Schiphol gilt. Später im November organisierten die Beschäftigten der nationalen Eisenbahngesellschaft NS Streiks, durch die der Zugverkehr für einige Tage vollständig eingestellt wurde. In der Folge erreichten sie enorme Lohnerhöhungen, inflationsbereinigte Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Obwohl nur etwa 15 % der Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert sind, zeigen diese Streiks, dass die arbeitenden Menschen in den Niederlanden gewinnen können, wenn sie aktiv werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die niederländische Gewerkschaftsbewegung aufzubauen und insbesondere die Organisation der Basis zu stärken.

Die vergangenen neoliberalen Regierungen sowie alle derzeitigen linken und rechten Parteien haben von „Teilhabe“ gesprochen. Wirkliche Teilhabe an der Gesellschaft ist nur durch einen revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus und die Organisation der Massen in Arbeiter:innenräten möglich. Nur wenn die arbeitenden Menschen ihre eigenen unabhängigen Organisationen haben – Räte, Nachbarschaftskomitees, Organisationen der Unterdrückten (d. h. Frauen, trans Personen, Migrant:innen, nationale Minderheiten) und von Mitgliedern geführte Gewerkschaften – können sie wirklich an der Gesellschaft teilhaben. Um eine radikale Transformation der Niederlande in der Nach-Rutte-Ära zu gewährleisten, müssen wir linke Organisationen aufbauen, die es den Arbeiter:innen ermöglichen, echte Macht auszuüben und die Kräfte zum Sturz der niederländischen Bourgeoisie vorzubereiten. Dies erfordert einen revolutionären Angriff nicht nur auf die niederländische Bourgeoisie, sondern auf das gesamte internationale kapitalistische System.

Ein Schlüsselelement für den Bruch mit dem Kapitalismus ist ein revolutionäres sozialistisches Programm, das die aktuellen Kämpfe der Arbeiter:innen mit dem langfristigen Ziel der sozialistischen Transformation verbindet. Dazu ist eine revolutionäre Machtergreifung der Arbeiter:innenklasse in den Niederlanden notwendig, die Teil eines größeren Kampfes für eine vereinigte sozialistische Föderation Europas wäre.




Belgische Transportarbeiter:innengewerkschaften gegen Waffenlieferungen an Israel

Mattis Molde, Infomail 1235, 3. November 2023

Ein bemerkenswertes Beispiel für internationale Solidarität: 4 Gewerkschaften rufen gemeinsam auf, keine Waffen über das oder aus dem Land zu versenden! Alle Beschäftigten werden aufgefordert, solche Transporte nicht abzufertigen.

Die sozialistischen belgischen Transportgewerkschaften in Flandern und der Wallonie, BBTK (Bond van Bedienden, Technici en Kaderleden; Verband der Angestellten, Techniker:innen und Manager:innen) und BTB/UBT (Transportarbeiter:innenbund), sowie die entsprechenden Branchengewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes, ACV Puls und ACV Transcom haben ihre Mitglieder am Dienstag aufgefordert, sich nicht mehr am Transport von Waffen nach Israel zu beteiligen (ACV: Algemeen Christelijk Vakverbond; Allgemeiner Christlicher Gewerkschaftsbund).

„Während in Palästina ein Völkermord stattfindet, sehen Arbeiter:innen an verschiedenen Flughäfen in Belgien Waffenlieferungen in Richtung des Kriegsgebiets“, zitierte Reuters aus einer gemeinsamen Pressemitteilung. „Wir, mehrere in der Bodenlogistik tätige Gewerkschaften, fordern unsere Mitglieder auf, keine Flüge abzufertigen, die militärische Ausrüstung nach Palästina/Israel transportieren“, heißt es in dem Aufruf. „Als Gewerkschaften stehen wir an der Seite derjenigen, die sich für den Frieden einsetzen.“ Sie fordern einen sofortigen Waffenstillstand und verlangen von der belgischen Regierung, keine Waffenlieferungen über belgische Flughäfen zu dulden. Die Gewerkschaften folgen damit einem entsprechenden Aufruf ihrer Kolleginnen und Kollegen in Palästina vom 16. Oktober. In Belgien sind die „christlichen“ Gewerkschaften übrigens Massenorganisationen, die ihre Wurzeln in der Geschichte der belgischen Arbeiter:innenbewegung haben, keine Gegengewerkschaften wie der CGB in Deutschland.

Was wir tun können

Das ist ein hervorragendes Beispiel für alle Transportgewerkschaften. In Deutschland wären das ver.di, EVG, GDL, aber auch Cockpit und viele kleine Verbände, die z. B. am Frankfurter Flughafen entstanden sind, nachdem dort ver.di keinen umfassenden Widerstand gegen Ausgliederungen und Lohnkürzungen geleistet hatte.

Kämpferische Gewerkschafterinnen sollten nicht nur Erklärungen und Aufrufe an ihre Führungen richten, sondern auch Kontrollkommissionen einrichten, die Waffenlieferungen untersuchen: woher, wohin.

Eine Vorlage für einen solchen Aufruf gibt es bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG:

Italien

Schon vor zwei Wochen hatten Basisgewerkschaften aus Italien, ebenfalls viele aus dem Transport- und Logistiksektor erklärt:

„Wir unterstützen euren Aufruf, die Lieferungen von Waffen an Israel zu boykottieren, die gegen das palästinensische Volk eingesetzt würden“, hieß es bereits am 17. Oktober in einem Brief der italienischen Basisgewerkschaft SI Cobas an die Gewerkschaften in Palästina. „Als große Gewerkschaft im Logistiksektor werden sich die Beschäftigten von SI Cobas gegen jeden Waffentransport nach Israel aussprechen, von dem sie Kenntnis erlangen.“ Eine gerechte Lösung der Palästinafrage komme nicht von den „Großmächten oder den kapitalistischen Regierungen der Region“, sondern nur „durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiter:innen des Nahen Ostens, alle Ethnien und Religionen eingeschlossen.“

Die Beschlüsse der belgischen und italienischen Gewerkschaften bilden einen scharfen Kontrast zu den sozialchauvinistischen und proimperialistischen Beschlüssen der Führungen der DGB-Gewerkschaften. Sie zeigen aber auch: Eine andere, eine internationalistische Gewerkschaftspolitik ist möglich. Lasst und dafür auch in den Gewerkschaften in Deutschland kämpfen!




Italien: Kein sozialer Frieden mehr!

Flugblatt der Partito Comunista dei Lavoratori zum landesweiten Streik der Basisgewerkschaften, Infomail 1234, 20. Oktober 2023

Vorspann: Für den 20. Oktober haben die Basisgewerkschaften S. I. Cobas (Berufsgruppenübergreifende Gewerkschaft des Basiskomitees) zu einem landesweiten Streik gegen die Angriffe der Regierung Meloni und Krieg aufgerufen. Wir veröffentlichen ein Flugblatt der Partito Comunista dei Lavoratori (PCL), einer italienischen trotzkistischen Organisation, mit der wir in Diskussion stehen.

Kein sozialer Frieden mehr!

Vereint die Kräfte der Klassengewerkschaft! Für eine anhaltende Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse!

Das neue Stabilitätsgesetz, das Meloni ankündigt, ist ein Betrug an den 18 Millionen Lohnempfänger:innen in unserem Land. Ein ganzes Jahr lang hat Giorgia Meloni eine arbeiter:innenfeindliche Politik betrieben. Dennoch hat sie einen sozialen Frieden genossen, der in Europa seinesgleichen sucht. Die maximale Aushöhlung der italienischen Löhne, die weitere Ausweitung der Arbeitsplatzunsicherheit, die Abschaffung des Bürgergeldes, die kriminelle Liberalisierung der Verträge, die Ablehnung jeder Form von Mindestlohn usw. haben nicht ausgereicht, um eine Massenmobilisierung der Lohnabhängigen wie in Frankreich, Großbritannien oder in Deutschland auszulösen.

Daher ist ein grundlegender Wandel erforderlich. Der heutige Generalstreik ist eine positive Tatsache. Aber es ist allen bewusst, dass er nicht ausreichen kann, um die Regierung zu stoppen. Er wird nur von einem Teil der Klassengewerkschaften unterstützt, und deshalb kann die Beteiligung trotz der Großzügigkeit und Selbstaufopferung seiner Organisator:innen nicht über einen bescheidenen Prozentsatz der Beschäftigten hinausgehen.

Es ist ein qualitativer Sprung erforderlich: ein Kampf für eine allgemeine Plattform, die Millionen von Lohnabhängigen als ihre eigene empfinden können – eine anhaltende Mobilisierung, die auf einen Sieg abzielt.

  • Für eine Lohnerhöhung von mindestens 400 Euro netto für alle Lohnarbeiter:innen

  • Für die Wiedereinführung der gleitenden Lohnskala

  • Für einen branchenübergreifenden Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde (1.500 Euro pro Monat)

  • Für einen angemessenen Lohn für Arbeitslose von mindestens 1.200 Euro

  • Für die Aufhebung aller Gesetze zur Prekarisierung der Arbeit, die in den letzten zwanzig Jahren von Regierungen aller Couleur verabschiedet wurden

  • Für Arbeiter:innenkontrolle über die Arbeitsbedingungen, angefangen bei der Sicherheit

  • Für eine allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit auf 30/32 Stunden bei gleichem Lohn

  • Für eine außerordentliche Vermögensabgabe von mindestens 10 % auf die reichsten 10 %, um die Investitionen in Gesundheit, Bildung, ökologische Bodensanierung und erneuerbare Energien zu verdoppeln

  • Für die Streichung der Militärausgaben und der öffentlichen Schulden bei den Banken (derzeit 100 Milliarden allein an Zinsen pro Jahr!).

Wir brauchen eine nationale Versammlung von gewählten Delegierten, die eine Plattform für den Wandel definieren und einen ernsthaften Kampfplan beschließen können. Eine radikale Änderung der Kampfformen muss auf den Weg gebracht werden, mit der Besetzung aller entlassenden Unternehmen (wie bei GKN) und ihrer Verstaatlichung ohne Entschädigung und unter Arbeiter:innenkontrolle. Alle Gewerkschaften der Arbeiter:innenklasse sollten ihre Kräfte in gemeinsamen Aktionen bündeln.

Schließlich können die Organisationen der Arbeiter:innenbewegung nicht gleichgültig bleiben gegenüber den Verbrechen, die der Staat Israel gegen das palästinensische Volk und die gemarterte Stadt Gaza begeht, wo zionistische Bomben auf Schulen, humanitäre Organisationen, Journalist:innen und Krankenhäuser abgeworfen werden. Die Regierungen, die die arbeitenden Menschen in Europa ausbeuten und verarmen lassen, sind dieselben, die die israelischen Vergeltungsmaßnahmen unterstützen.

Das Gefühl der Einheit mit den unterdrückten Nationen gehört zur besten Tradition der Arbeiter:innenbewegung, die aufgerufen ist, die italienische Regierung, die sich bedingungslos auf die Seite Israels und seiner mörderischen Truppen stellt, auch aus diesem Grund herauszufordern. Für die revolutionäre Zerstörung des Staates Israel! Für ein freies, säkulares und sozialistisches Palästina, mit vollem Respekt für die Rechte des jüdischen Volkes, im Rahmen einer sozialistischen Nahost-Föderation.




Britannien: Widerstand gegen das reaktionäre Schlachtfest der Tories!

George Banks, Infomail 1234, 18. Oktober 2023

Dreizehn Jahre konservativer Toryherrschaft haben uns Haushaltssparkurs, Pandemie und Inflation gebracht – zusätzlich zu den dreifachen Bedrohungen durch Klimachaos, Rezession und Krieg. Es ist Zeit für sie zu gehen.

Im Jahr 2010, als die Konservative Partei gewählt wurde, gab es 29 Milliardär:innen in Großbritannien – jetzt sind es 171. Das Nationale Gesundheitswesen (NHS) des Landes wird in den Ruin getrieben. Unsere Schulen kollabieren. Schätzungsweise 14,5 Millionen Menschen – 22 % der Bevölkerung – leben unterhalb der Armutsgrenze.

Für diejenigen unter uns, die berufstätig sind, hat die Inflation unsere Löhne dezimiert, während die Zinsen steigen, die Wohnkosten in die Höhe schießen, Unternehmen in den Konkurs treiben und Arbeitsplätze und Existenzen vernichten. Trotz heldenhafter Streiks lagen die Lohnerhöhungen unter der Inflationsrate, und nun planen die Tories, Leistungen und Renten zu kürzen.

Aber für die reichen Freund:innen der Konservativen sieht die Sache anders aus. Die Öl- und Gasunternehmen haben Rekordgewinne erzielt, während die Gehälter der Vorstände der  100 FTSE-börsennotierten Spitzenfirmen durchschnittlich um 16 % – das Doppelte der Inflationsrate – auf 3,9 Millionen Pfund pro Jahr und Kopf gestiegen sind (FTSE: Financial Times Stock Exchange).

Die Tories verkörpern die Korruption und selbstgefällige Anmaßung im Herzen des britischen Kapitalismus. Johnsons „Partygate“-Skandal hat aufgedeckt, dass die Tories und ihre Kumpane während der Abriegelung tanzten und sich besoffen haben, während der Rest von uns keinen Kontakt zu unseren Lieben hatte und einige sogar die Beerdigung ihrer Angehörigen verpassten.

Hart rechts

Dreizehn Jahre Austerität, die Folgen des Brexit und  die verpfuschten, äußerst rechten Wirtschaftsreformen der ehemaligen Premierministerin „Liz“ Truss haben die Reichen reicher gemacht, aber den Niedergang des britischen Kapitalismus nicht aufgehalten und die Arbeiter:innen ärmer gemacht. Der amtierende Premier Rishi Sunak – der das ganze Charisma des Investmentbankers ausstrahlt, der er ist – hat die Tories in den Umfragen um 20 % hinter Labour zurückfallen lassen.

Der Parteitag der Konservativen fand vom 1. bis 4. Oktober in Manchester statt, inmitten einer Protestwelle der Arbeiter:innenklasse. Sunak und die erzreaktionäre Innenministerin „Suella“ Braverman, die verzweifelt versuchen, ihre Popularität bei der Rechten zu steigern, haben ihre „Wahlkampagne“ mit einer Reihe reaktionärer Maßnahmen gestartet.

Selbst die begrenzten umweltpolitischen Maßnahmen, die Boris Johnson versprochen hatte – die schrittweise Abschaffung benzinbetriebener Fahrzeuge und die Dekarbonisierung der Stromerzeugung bis 2030 – wurden fallengelassen. Diese dürftigen Versprechen waren bereits völlig unzureichend, aber jetzt wurde sogar die Illusion von Regierungsmaßnahmen, für Klimaschutz zu handeln, aufgegeben.

Auch die so genannte „Nivellierungsagenda“ ist gescheitert, wie die Entscheidung, die Verlängerung der Eisenbahnhochgeschwindigkeitsstrecke 2 nach Manchester zu streichen, zeigt. Die Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs gegenüber der Modernisierung des Schienennetzes wird die Fähigkeit des Vereinigten Königreichs, seine international vereinbarten Klimaziele zu erreichen, weiter schwächen. Politische Maßnahmen wie diese entlarven Sunaks widerwärtigen neuen Slogan „langfristige Entscheidungen für eine bessere Zukunft“.

Da er der Arbeiter:innenklasse, von der die Tories dennoch erwarten, dass sie in großer Zahl für sie stimmen wird, nichts zu bieten hat, nutzte Sunak seine Grundsatzrede für einen gemeinen Angriff auf die am stärksten Ausgegrenzten der Gesellschaft – die trans Gemeinschaft. Er erklärte, die britische Öffentlichkeit werde „gezwungen“ zu glauben, dass „Menschen jeden Geschlechts sein können, das sie sein wollen“, und fügte hinzu: „Ein Mann ist ein Mann und eine Frau ist eine Frau, das ist einfach gesunder Menschenverstand“. Obwohl diese Äußerungen international verurteilt wurden, ernteten sie lauten Beifall von den anwesenden Fanatiker:innen.

Dies sind nicht nur leere Worte, sondern zeitigen Konsequenzen im realen Leben: Im vergangenen Jahr wurden 4.732 Hassverbrechen gegen trans Personen registriert, ein Anstieg von 11 % gegenüber dem Vorjahr und die höchste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2012. Im Bericht des Innenministeriums über Hassverbrechen heißt es, dass die intensive Diskussion von „Transgenderthemen“ durch Politiker:innen und Medien zu diesem Anstieg geführt haben könnte.

In den letzten Monaten haben die Angriffe auf Flüchtlinge und Migrant:innen zugenommen. Obwohl erste Versuche, traumatisierte Asylbewerber:innen dort unterzubringen, gescheitert sind, ist das Bibby Stockholm (schwimmendes Gefängnis) weiterhin bereit, 500 „Insass:innen“ einzusperren. Dasselbe könnte man von Ruanda sagen (Abkommen mit der britischen Regierung, aus Großbritannien Abgeschobene dort aufzunehmen). Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Bravermans Pläne gestoppt hat, hat er das Projekt nicht grundsätzlich abgelehnt. Ihr jüngster Appell, die UN-Menschenrechtskonvention neu zu schreiben, ist nur die jüngste reaktionäre Aktion.

Während im staatlichen Gesundheitsdienst 110.000 Stellen unbesetzt sind, die Gemeinden in Konkurs gehen und die Schulen verfallen, schlagen die Tories vor, die Erbschaftssteuer „abzuschaffen“ – ein Segen für die Reichsten, die diese Dienstleistungen nicht einmal in Anspruch nehmen.

Auch „Liz“ Truss nutzte die Gelegenheit, um wieder auf der politischen Bühne zu erscheinen, nachdem sie die Unterstützung von 60 Abgeordneten für ihre „Wachstumsgruppe“ zusammengeschustert hatte (so viel wie die Torymehrheit im Unterhaus). Offensichtlich unbeeindruckt von ihrer katastrophalen Amtszeit als Premierministerin, die nach nur 49 Tagen endete, schlug sie ihre Lösung für die wirtschaftliche Misere des Landes vor: mehr Steuersenkungen, ein kleinerer Staat und mehr Fracking. Ihre Zuversicht, dass solche Maßnahmen den Bau von „einer halben Million Wohnungen pro Jahr“ fördern würden, zeigt, wie wahnwitzig sie wirklich ist.

Nicht zuletzt greifen die Konservativen weiterhin unsere demokratischen Rechte an, indem sie das kürzlich verabschiedete Gesetz über die öffentliche Ordnung (Public Order Act) dazu nutzen, Demonstrant:innen zu überwachen und zu inhaftieren, die gewerkschaftsfeindliche Gesetzgebung verschärfen, um wirksame Arbeitskampfmaßnahmen illegal zu machen, und eine Überprüfung versprechen, die darauf abzielt, bewaffneten Polizeibeamt:innen nach der Mordanklage gegen den Mörder von Chris Kaba (am 5.9.2022 in Streatham Hill, Südlondon, erschossener Rapper) Straffreiheit zu gewähren.

Stoppt die Tories!

Alles in allem handelt es sich um eine zutiefst reaktionäre Agenda. Sie muss gestoppt werden. Der Sieg der Labour Party bei den nächsten Wahlen ist jedoch alles andere als ausgemachte Sache. Trotz der Versuche Starmers, sich bei den Bossen als sichere Bank zu präsentieren, und trotz seiner Zurückhaltung, auch nur die bescheidensten Reformen für die Arbeiter:innenschaft zu versprechen, wird er bei der Wahl den Angriffen der rechten Medien ausgesetzt sein.

Seine mangelnde Bereitschaft, eine positive politische Vision für die Arbeiter:innenklasse zu präsentieren, wird viele apathisch zurücklassen. Er wird sich nicht auf das Heer begeisterter Freiwilliger verlassen können, zu dem Corbyn Zugang hatte, und er wird immer noch den Zorn der Milliardärsmedien zu spüren bekommen, für die die Tories immer die bevorzugte Option darstellen.

Die Stärke von Labour beruht auf ihren Verbindungen zu den Spitzen der prokapitalistischen britischen Gewerkschaftsbürokratie, die es ihr ermöglichen, den Widerstand der Arbeiter:innenklasse gegen die Wiederherstellung der „wirtschaftlichen Verantwortung“ effektiver zu beschwichtigen und zu kontrollieren. Deshalb wird die Strategie der Gewerkschaftsspitzen „Warten auf Labour“ nicht ausreichen, um die Forderungen der Arbeiter:innen zu erfüllen. Starmer hat deutlich gemacht, dass seine Regierung genauso migrant:innenfeindlich, kriegsbefürwortend und taschenfüllend für die Reichen sein wird wie die Tories – nur unter einem „humaneren“ und „effizienteren“ Deckmantel.

Es ist daher zu begrüßen, dass Sharon Graham von der Gewerkschaft Unite einen politischen Kampf mit Starmer angekündigt hat. Aber ihre alternativen Politikvorschläge sind unzureichend und in einigen Fällen – z. B. mehr Ölbohrlizenzen – reaktionär. Unite sollte eine Versammlung aller Organisationen einberufen, die bereit sind, die Agenda des ehemaligen Labourvorsitzenden Blair in Frage zu stellen und für sozialistische Maßnahmen zu kämpfen. Auf diese Weise kann die Arbeiter:innenklasse und können nicht nur ein paar Gewerkschaftsbürokra:innen über die Politik entscheiden, die wir brauchen, um den Planeten zu retten, die Reichen für die Wirtschaftskrise zahlen zu lassen und künftige Kriege zu verhindern.

Aber nur Massenaktionen der Arbeiter:innen – Demonstrationen, Streiks, ziviler Ungehorsam – können die Tories im Hier und Jetzt aus dem Amt jagen. Nur Massenunruhen können Starmer, sollte er Premierminister werden, in die Schranken weisen und Druck auf ihn ausüben, damit er politische Reformen im Interesse der Arbeiter:innenklasse durchführt.

Indem wir Schritte unternehmen, um uns als Klasse zu organisieren, können wir ein Gegengewicht zum Einfluss der Kapitalist:innen bilden und einen erfolgreichen Kampf gegen die Bosse führen, um unsere Löhne, unsere Dienstleistungen und unsere Lebensbedingungen zu verteidigen.

Letztlich kann nur eine Regierung, die sich auf Arbeiter:innenorganisationen wie Streikkomitees, Aktionsräte und Selbstverteidigungseinheiten stützt, zu einer echten Arbeiter:innenregierung werden, die in der Lage ist, die kapitalistische Herrschaft zu stürzen und den Weg für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft zu ebnen. Nur eine revolutionäre Partei – nicht die Labour-Partei, die sich immer der herrschenden Klasse beugt – kann den Kampf für diese politische Umgestaltung führen. Das ist die Partei, die Workers Power aufbauen will. Wenn Ihr das auch wollt – schließt Euch uns an!




Polen vor der Wahl

Markus Lehner, Infomail 1233, 6. Oktober 2023

Die Parlamentswahlen am 15. Oktober in Polen werden allgemein als Schicksalswahl bezeichnet. Nicht dass es wie 1989 um grundlegende Fragen der Eigentumsverhältnisse ginge, aber ein dritter Wahlerfolg der rechtsnationalistischen PiS (Partei für Recht und Gerechtigkeit) würde die schon bestehenden autoritären Tendenzen verschärfen, wenn nicht für längere Zeit unumkehrbar machen.

Bilanz der PiS

Die PiS-Regierungen schafften es in den letzten Jahren, wesentliche Merkmale liberaler Demokratie zu unterhöhlen. Bekannt sind vor allem die Justizreform (direkter politischer Einfluss auf die Ernennung von Richter:innen) und die Kontrolle über die öffentlichen Medien. Beides entscheidend, um die nationalkonservative „Wende“ durchzusetzen, die sich z. B. in einer de facto Abschaffung des Rechts auf Abtreibung, von Rechten von LGBTIAQ-Menschen, von nationalen Minderheiten und Geflüchteten etc. ausdrückt. Sie beinhaltet auch eine weitere Stärkung der gesellschaftlichen Rolle der besonders konservativen katholischen Kirche in Polen. Bezeichnend ist die jüngste Episode um die Enthüllung eines Privatsenders über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, die vom ehemaligen Papst Johannes Paul II. als Erzbischof von Krakau gedeckt worden waren. Diese Enthüllungen führten zu reaktionären Massendemonstrationen gegen diesen „Angriff auf das Andenken des Heiligen“ und darauffolgend zu einer Gesetzesinitiative der PiS-Regierung, die solche Angriffe auf den Geheiligten unter Strafe stellt (wie auch schon früher Veröffentlichungen über polnische Beteiligungen an der Verfolgung der Jüd:innen im Zweiten Weltkrieg gesetzlich mit schweren Strafen verbunden wurden).

Diese eindeutig reaktionäre Charakteristik der PiS hat allerdings sozialpolitisch eine Kehrseite: Die oppositionelle PO (Bürgerplattform) unter dem damaligen Ministerpräsidenten (2007 – 2014) Donald Tusk zeichnete sich durch besonders neoliberale Angriffe auf soziale Bedingungen von Arbeiter:innen und Bauern/Bäuerinnen aus, z. B. Erhöhung des Renteneintrittsalters, Verschlechterung von Gewerkschaftsrechten, Streichung von Sozialleistungen, radikale Privatisierungen. Dies führte nicht nur zu einer weiteren Verschlechterung der sozialen Lage vieler Rentner:innen und der Verschlechterung des Zugangs zum Gesundheitssystem, sondern auch zu wachsenden sozialen Protesten gegen die PO-Regierung.

Die Situation der polnischen Arbeiter:innenklasse war seit der Wende 1989 durch das Problem der Spaltung der Gewerkschaftsbewegung geprägt (heute gibt es drei mittelgroße Gewerkschaftsverbände bei einem niedrigen Organisationsgrad von 12 %). Die großen Illusionen in „Solidarnosc“ als gewerkschaftliche und politische Kraft (mit über 10 Millionen Mitgliedern bei ihrer Gründung und rund 2 Millionen im Jahr 1989) zerbrachen schnell in der Periode der Schocktherapie. Während sie in den frühen 2000er Jahren als politische Gruppierung in der Bedeutungslosigkeit versank, ist sie als NSZZ Solidarnosc (Unabhängige selbstverwaltete Gewerkschaft Solidarität) heute eher eine typisch „christliche Gewerkschaft“ und mit 600.000 Mitgliedern auf das Niveau der ehemaligen Staatsgewerkschaft OPZZ (Bundesweiter Gewerkschaftsbund) gesunken, die der Linken nahesteht und zumeist in Arbeitskämpfen radikaler auftritt. Der dritte Verband FZZ (Gewerkschaftsforum) versteht sich als „neutrale“ Gewerkschaft zwischen den beiden Blöcken. Gegen die Tusk-Regierung waren sich allerdings alle Gewerkschaften erstmals einig und mobilisierten auch erfolgreich, was zum Sturz der neoliberalen PO-Regierung 2015 beigetragen hat. Allerdings ist es seitdem mit ihrer Einheit auch wieder vorbei, nachdem Solidarnosc offensiv die PiS unterstützt. Dies ist auch verbunden damit, dass die PiS einige Forderungen der Gewerkschaft aufgegriffen hat, insbesondere was das Zurückdrehen der Rentenreform betrifft, aber auch den Ausbau bestimmter Sozialleistungen, z. B. Das 500+-Kindergeld, das im gegenwärtigen Wahlkampf auf 900+ auszudehnen versprochen wird (ein Zloty entspricht zurzeit 0,22 Euro).

Polens Wirtschaft bis zur Pandemie

Diese Politik der „sozialen Wohltaten“ für „echte Pol:innen“ war möglich geworden durch die zeitweise günstige wirtschaftliche Entwicklung seit etwa 2005. Selbst während der „Großen Rezession“ gab es in Polen positive Wachstumszahlen, anders als in den meisten anderen europäischen Ländern. Diese Entwicklung basierte auf erhöhten Ausbeutungsraten der polnischen Arbeiter:innenklasse (längere Arbeitszeiten, niedriges Lohnniveau, geringe betriebliche Rechte etc.), einem trotzdem gewichtigen Binnenmarkt, günstigen Energiekosten (Kohle und Öl auch aus Russland!) und einem Anschluss an die Lieferketten insbesondere der deutschen Industrie. Das kräftige Wirtschaftswachstum über mehr als ein Jahrzehnt schien Polen auf ein Niveau mit den großen westeuropäischen Ökonomien zu führen.

Die sozialen Zugeständnisse der PiS-Regierung seit 2015 und die weiterhin günstige wirtschaftliche Entwicklung stärkten sowohl ein neues nationales Selbstbewusstsein im Kleinbürger:innentum, als auch Illusionen vieler Arbeiter:innen in die PiS als „kleineres Übel“ angesichts der Erfahrungen mit der PO und der sozialdemokratischen SLD (Bund der Demokratischen Linken). Die PO führte im Wesentlichen die „Reformen“ der SLD-Regierungen der 2000er Jahre fort. Dies erklärt auch den Erfolg der PiS bei den letzten Wahlen 2019. Damals gewann sie 6 Prozent hinzu und siegte mit 43,6 % klar vor dem Wahlbündnis der PO (27,4 %). Das Linksbündnis Lewica (Linke) konnte sich mit 12,6 % (+1,4 %) leicht verbessern und insgesamt stabilisieren. In diesem Bündnis trat neben der SLD auch erstmals die 2015 gegründete „Razem“ („Gemeinsam“) an. Insgesamt errang die PiS im Rahmen der Fraktion „Vereinigte Rechte“ eine Parlamentsmehrheit und war nicht auf Koalitionspartner:innen, z. B. die rechtsextreme „Konfederacja“ (Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit; 6,8 %), oder eine Allianz mit der Bäuer:innenpartei PSL (8,6 %) angewiesen.

Veränderung der ökonomischen Lage

Inzwischen hat sich die ökonomische Lage wie auch die außenpolitische Situation vollständig gewandelt. Polen wurde spätestens durch die Coronakrise schwer getroffen wie auch von der folgenden Lieferkettenkrise und den weltweiten Inflationstendenzen. Es weist die höchste Inflationsrate in Europa (derzeit bei 12 %) auf, ist weit von einem Wiedererreichen des Vorcoronaniveaus entfernt (das letzte Quartal zeigt sogar einen Einbruch von – 8,5 %). Insgesamt leidet die Ökonomie sowohl unter steigenden Energiekosten seit dem Beginn des Ukrainekriegs als auch unter allgemeinen Transformationsproblemen. Dazu zählen z. B. die Auflagen zum Ausstieg aus der Kohleförderung wie auch der Umbau der Automobilindustrie (einige deutsche Automobilfirmen haben in diesem Jahr Personal in polnischen Werken abgebaut).

Kein Wunder, dass die PiS-Regierung nicht nur zur Justizreform, sondern auch zum EU-Transformationsprogramm mit Brüssel, dem Green Deal, auf Konfrontationskurs steht. Inzwischen haben sich die Strafzahlungen an die EU auf über eine halbe Milliarde Euro angesammelt. Gravierender ist aber die Einbehaltung von 35 Milliarden aus dem Coronawiederaufbaufonds der EU. Polen ist nicht im Euro und muss daher seine Währung durch besonders hohe Zinsen abfangen, auch um ein weiteres Steigen der Inflation zu vermeiden. Dies und das Zurückhalten der billigen EU-Kredite aus dem Fonds führt zu stark verschlechterten Finanzierungsbedingungen, was sich insbesondere im Baubereich und bei der Verschuldung im privaten Sektor stark bemerkbar macht. „Innovative“ Regierungsgeschenke wie „Kreditferien“ (Aussetzen von Ratenzahlungen) tragen ihrerseits nicht zur Bonität des polnischen Finanzsystems bei. Die Regierung steht wirtschaftlich derartig unter Druck, dass sie seit einiger Zeit einen Kompromiss mit der EU in Bezug auf die Justizreform anstrebt, um die Freigabe des Coronafonds zu erreichen. Sie scheitert damit aber an ihren Verbündeten in der rechten Fraktion, insbesondere dem Justizminister. Ergebnis ist weitere nationalistische Propaganda in Bezug auf „deutschen Kolonialismus“, der aus Brüssel betrieben würde. Insbesondere der Führer der oppositionellen PO, der nach seiner Zeit als EU-Ratspräsident (2014 – 2019) nach Polen zurückgekehrte Donald Tusk, wird inzwischen systematisch als „deutsche Marionette“ auch und insbesondere in den Staatsmedien verunglimpft.

Konfrontation PiS-PO

Höhepunkt der Kampagne war sicherlich die Verabschiedung des allgemein als „Lex Tusk“ bezeichneten sogenannten „Antiagentengesetzes“. Dieses sollte vordergründig Menschen, die Agententätigkeit für Russland betrieben hatten, aus Staatsämtern und insbesondere auch Kandidaturen für solche ausschließen. Dabei wurde jedoch in den ersten Entwürfen des Gesetzes „Agententätigkeit“ so weit gefasst, dass auch „nachgiebige Politik“ gegenüber Russland als solche bezeichnet werden konnte – und zufälligerweise wurden vor allem Beispiele von Vereinbarungen mit Russland aus der Regierungszeit von Tusk bzw. seiner Zeit im EU-Rat zitiert. Es war mehr als offensichtlich, dass man ihn – als möglichen Hauptgegner bei den jetzigen Parlamentswahlen – aus dem Rennen nehmen wollte. Für ihn und die PO war dies andererseits eine gelungene Vorlage, um die wachsende Zahl der Menschen, die von den autoritär-reaktionären Wendungen der PiS abgestoßen sind, hinter sich zu versammeln und mehrere Massenkundgebungen zu organisieren. Alleine im Juni waren etwa eine halbe Million Menschen auf der Protestversammlung; die letzte fand jetzt am 1. Oktober statt. Nach Intervention aus Brüssel und auch der US-Regierung musste das Gesetz wesentlich entschärft werden.

Die PiS konterte diese Oppositionsmobilisierungen mit den schon erwähnten Demonstrationen zur Verteidigung von Johannes Paul II. und dem Schüren von Hass gegen Migrant:innen. Dazu kam man auf die „geniale“ Idee, die Wahl am 15. Oktober mit einer Volksabstimmung zu verbinden, bei der man beantworten kann, ob man dafür ist, dass tausende „Illegale“ wie von der EU gefordert in Polen aufgenommen werden müssten. Mit dieser Scheinfrage kann man in den Staatsmedien auf Steuerkosten billige Wahlkampfsendezeit verbraten. Peinlich nur, dass vor Kurzem ein Korruptionsskandal in Bezug auf den Verkauf von EU-Migrationsdokumenten aufflog, an dem führende PiS-Funktionär:innen maßgeblich beteiligt waren. Tatsächlich ist dies auch nur einer von vielen Skandalen, in die die PiS-Partei inzwischen verwickelt ist – so dass auch von dieser Seite her viele in Polen inzwischen die Nase von dieser Partei voll haben.

Trotzdem verfängt sowohl ihre nationalistische wie soziale Demagogie weiterhin – und anhaltend gibt es berechtigte Ablehnung des Wirtschafts- und Sozialprogramms der PO von Donald Tusk. Daher steht die Wahl nach den jüngsten Umfragen weiterhin Spitz auf Knopf. Die PiS wird wohl einige Prozentpunkte verlieren. Umfragen prognostizieren 38 %, womit sie nicht mehr weit entfernt von einer gestärkten PO wäre, deren Wahlbündnis etwa 32 % erwarten kann.

Andere Parteien

Lewica dürfte angesichts der Polarisierung etwas verlieren, aber mit um die 10 % weiterhin sicher im Parlament vertreten sein. Bedenklich sind auch die prognostizierten 10 % der inzwischen immer rechtsextremer auftretenden Konfederacja, die als einzige der aussichtsreichen Parteien für einen Austritt aus der EU wirbt (und damit selbst für die PiS schwer als Koalitionspartnerin infrage kommt). Wahlentscheidend dürfte das Abschneiden des Zentrumsblocks aus PSL und der Polska 2050 (eine Partei des „dritten Lagers“, meist aus ehemaligen PO-Mitgliedern). Sollte er die 8 %-Hürde, die in Polen für Wahlbündnisse besteht, überwinden, hätte die PiS wahrscheinlich verloren. Sollte es das Bündnis jedoch nicht schaffen, könnte die PiS wohl wie bisher weitermachen.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten Wochen vor allem um die Basis der PSL, die Bäuer:innenschaft gekämpft wird.  Deren Bedeutung lässt sich an der Tatsache ablesen, dass in Polen noch 12 % der Arbeitskräfte im Agrarsektor beschäftigt sind. Insbesondere die Proteste gegen Billiggetreide aus der Ukraine führten offenbar bei der PiS zu Panik, da sie um ihre satte Unterstützung auf dem Land und vor allem im Osten von Polen fürchtete. Prompt begann die polnische Regierung, das EU-Getreideabkommen mit der Ukraine zu torpedieren und sogleich, überhaupt (nicht nur polnische) Waffenlieferungen, wenn auch nur als Verhandlungsfaustpfand, infrage zu stellen. Nichts davon hat wirklich Substanz, zeigt aber, wie leicht in Polen mit den historischen antiukrainischen Ressentiments Politik gemacht werden kann – und wie fragil selbst die „unumstößliche“ Unterstützung Polens für die bedrängte Ukraine ist.

Drohende Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse

Die polnischen Arbeiter:innen wie auch die Millionen ausgebeuteten Ukrainer:innen, die nicht erst seit dem Krieg in Polen als Billigarbeitskräfte eingesetzt werden, haben jedenfalls angesichts der ökonomischen und politischen Lage weder von einer PiS noch einer PO-geführten Regierung irgendetwas anderes als massive Angriffe zu erwarten. Sicherlich würde eine Fortsetzung der PiS-Regierung eine weitere Verstärkung autoritär-reaktionärer Repression bedeuten, der so oder so massive gesellschaftliche Mobilisierung entgegengesetzt werden muss. Beide politischen Lager wären aber angesichts der Verschuldung und der ökonomischen Einbrüche auch zu weiteren Verschlechterungen bei Arbeitsbedingungen und sozialen Leistungen bereit. Wie weit die PiS-Regierung hier gehen kann, hat sie schon beim jüngsten Lehrer:innenstreik gezeigt.

Insofern erscheint das reformistische Wahlbündnis Lewica als einzige Alternative und insbesondere Razem als einzig sichtbare linke Kraft in den größeren Mobilisierungen. Schon im Februar hatten sich 5 größere Gruppierungen für ein erneutes gemeinsames Antreten als „Nowa Lewica“ (Neue Linke) zusammengefunden: die SLD, Wiosna („Frühling“), die PPS (Polnische Sozialistische Partei), Unia Pracy (Arbeitsunion) und Razem. Razem ist international durch eine stärker jugendliche Basis und Verbindungen in Deutschland etwa zur IL oder zur Linkspartei bekannt. International war sie lange Zeit im Rahmen der „Progressiven Internationale“ von Varoufakis und Sanders aktiv. Aus letzterer trat sie allerdings nach Beginn des Ukrainekrieges wegen der mangelhaften Solidarisierung mit der vom russischen Imperialismus überfallenen Ukraine aus. Razem hatte (stärker noch als die anderen genannten Organisationen) eine wichtige Rolle in den gesellschaftlichen Mobilisierungen gegen die reaktionäre PiS-Politik gespielt, insbesondere in den radikaleren Protesten der Frauenbewegung (v. a. zum Abtreibungsrecht), den Kämpfen um LGBTIAQ-Rechte, aber auch bei Protesten rund um die wachsenden Sektoren prekärer Beschäftigung (was man auch in Deutschland jüngst bei denen der LKW-Fahrer in ihrem Kampf gegen Lohnraub wahrnehmen konnte).

Lewica

Lewicas Wahlprogramm fokussiert sicherlich auf richtige Themen: Gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit auf eine 35-Stundenwoche, gleitende Inflationsanpassung von Renten und Sozialleistungen, Anpassung der Gehälter der öffentlich Beschäftigten, Abschaffung der Bestimmungen, die prekäre Beschäftigungsverhältnisse ermöglichen, sowie der reaktionären Beschränkungen von Abtreibungen, Rückgängigmachung der Justizreform, Abschaffung der Sonderrechte der katholischen Kirche und vieles mehr. Razem stellt zwar einige der Spitzenkandidat:innen wie Adrian Zandberg und Magdalena Biejat, ist aber ansonsten vor allem weiterhin als „Bewegungspartei“ in den verschiedenen Protesten aktiv. Wahlkampf wird nur als „Lewica“ betrieben.

So richtig viele dieser Forderungen sind, so undeutlich werden die verschiedenen Strömungen darin, wie diese umgesetzt werden können angesichts der Machtverhältnisse nicht nur in Parlament und den politischen Strukturen. Nicht nur der polnische Kapitalismus wird zunehmend aggressiver, auch verschiedene Rechtsorganisationen unterhalten immer militantere Milizen, die nicht nur gegen Minderheiten und Migrant:innen verstärkt mit Gewalt vorgehen. Auch Streiks werden mit bewaffneten Streikbruchorganisationen bekämpft (wie auch jüngst auf deutschen Autobahnraststätten gegen LKW-Fahrer zu sehen war). Angesichts der Schwäche der polnischen Gewerkschaftsbewegung (nur die OPZZ unterstützt offen die Lewica-Forderungen) braucht es eine entschlossene und breite Mobilisierung der Arbeiter:innen, Jugendlichen und der armen Landbevölkerung, um jede einzelne dieser Forderungen auch konsequent durchzukämpfen und die Bewegung gegen die Widerstände der Rechten und des Kapitals zu schützen.

Richtigerweise werden die Verteidigung demokratischer Rechte und insbesondere des Abtreibungsrechtes und von LGBTIAQ-Rechten in den Vordergrund gestellt und andererseits die Wirtschaftspolitik der PO angeprangert. Zugleich wird offen eine Möglichkeit der Koalition mit diesen Neoliberalen angedeutet und völlig offengelassen, was dann mit den Forderungen geschehen soll.

In Bezug auf den Ukrainekrieg gibt es eine eindeutige Stellungnahme gegen die imperialistische Aggression Russlands. Angesichts der Millionen ukrainischer Arbeiter:innen im eigenen Land kann man sich auch die Ignoranz eines Teils der westeuropäischen Linken gegenüber den Opfern des russischen Imperialismus nicht leisten. Razem (und Lewica insgesamt) unterstützen jedoch nicht nur das Recht auf Selbstverteidigung der Ukrainer:innen.

Razem kritisiert zwar richtigerweise die NATO als imperialistisches Militärbündnis. Aber die Vorstellung, die NATO sei in diesem Konflikt „ein notwendiges Übel“, ist im besten Fall naiv zu nennen. Auch wenn diese derzeit nicht direkt interveniert, so stellt ihr Eingreifen in den Krieg keinen zu vernachlässigenden Neben-, sondern vielmehr einen bestimmenden Faktor im Krieg dar. Das Eingreifen der westlichen imperialistischen Mächte und ihrer Militärallianz sowie der Wirtschaftskrieg gegen Russland werden durch deren geostrategische und ökonomische Interessen motiviert, nicht durch die Sorge um „Demokratie“ und „Selbstbestimmung“. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie daran arbeiten, die halbkoloniale Abhängigkeit der Ukraine zu festigen, diesmal also durch EU- und US-Imperialismus. Mit den ukrainischen Arbeiter:innen auch in Polen sollte vielmehr gemeinsam dafür gekämpft werden, dass die Ukraine die Mittel zu ihrer Verteidigung ohne westliche Diktate und Bedingungen erhält und die ukrainischen Lohnabhängigen darin unterstützt werden, eine eigene, vom reaktionären Zelenskyj-Regime und vom ukrainischen Nationalismus unabhängige Arbeiter:innenpartei aufzubauen.

Kritische Unterstützung für Lewica

Auch wenn wir also in Polen keine Partei sehen, die mit ausreichender Verankerung für ein revolutionäres Programm der Arbeiter:innenklasse zur Wahl antritt, so ist es sicherlich so, dass Lewica (und insbesondere Razem darin) tatsächlich diejenigen Teile der Arbeiter:innenklasse und der Jugend hinter sich vereinigen, die den kommenden Angriffen auf demokratische und soziale Rechte aktiv und teilweise auch militant entgegentreten wollen. Natürlich müssen wir angesichts der Erfahrungen insbesondere mit der SLD vor Illusionen in dieses reformistische Wahlbündnis warnen. Insbesondere geht es darum, jegliche Koalition mit den zwei bürgerlichen Hauptparteien aufs Schärfste zu bekämpfen (auch die Razem-Führung redet mehr oder weniger deutlich von möglichen Koalitionen). Andererseits werden eine Wahlenthaltung und ein weiterer Sieg der Rechten die Dynamik der Abwehrkämpfe in keinem Fall verbessern. Auch wenn Lewica bei den Wahlen nur 10 % erringen wird, so werden die kämpferischsten Teile der Arbeiter:innenbewegung, der linken Jugend und die politisch fortschrittlichsten Teile der Frauen- und LGBTIAQ-Aktivist:innen beim Urnengang dieser Partei ihre Stimme geben. Es ist auch klar, dass sich unter diesen Schichten auch jene Arbeiter:innen und Jugendliche befinden, die am ehesten für den Aufbau einer revolutionären Alternative zum Reformismus gewonnen werden können.

Eine kritische Wahlunterstützung für Lewica sollte dazu genutzt werden, Kräfte für weitere Mobilisierungen zu gewinnen und vor allem in den unterstützenden Gewerkschaften für die Vorbereitung betrieblicher und gewerkschaftlicher Abwehrkämpfe zu werben und diese zu verstärken. Bei einer entsprechenden Vertiefung und Radikalisierung solcher Kämpfe kann dies vorangetrieben werden bis zur Frage der Bildung einer auf Organe des Kampfes gegründeten Arbeiter:innen- und Bäuer:innenregierung. Eine solche Perspektive muss zugleich damit verbunden werden, den Bruch mit den verräterischen Bürokratien innerhalb von Lewica und der OPZZ voranzutreiben – und gleichzeitig den Kampf für die Bildung einer neuen revolutionären Arbeiter:innenpartei in Polen zu führen.