Warum sind die Rechten so reaktionär gegenüber Frauen?

Saskia Wolf, Revolution Deutschland, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 8, März 2020

Ob nun in den USA durch Trump, Duterte auf den Philippinen, Modi in Indien, Le Pen in Frankreich oder die AfD in Deutschland, seit mehreren Jahren erleben wir international ein Erstarken der Rechten. Dies geht einher mit Asylgesetzverschärfungen, Abschiebekampagnen, Angriffen auf Geflüchtete und Migrant_Innen. Aber nicht nur Nationalismus und Rassismus nehmen zu. Auch Angriffe auf demokratische Grundrechte und fortschrittliche Gesetze für Frauen und die Frauenbewegung gehen damit einher. Wir schreiben also das Jahr 2020. Anstatt dass wir der Befreiung aus der sexuellen Unterdrückung näherkommen, gibt es ein Rollback für Frauen, ein Zurückwerfen auf ihre Rolle als Mutter und Hausfrau.

Ursachen

Aber warum haben rechte und konservative Kräfte es auf die Freiheit der Frauen abgesehen? Seit der Weltwirtschaftskrise 2007/08 hat sich die Konkurrenz zwischen den einzelnen Kapitalist_Innen und ihren Staaten verschärft. Es kam zu einer massiven Konzentration von Kapital. Gerade die größeren Monopole konnten davon profitieren, während kleinere Unternehmen nicht mithalten konnten.

Kleinere UnternehmerInnen, auch gerne als Mittelstand
bezeichnet, haben Angst, ihre Stellung zu verlieren und pleitezugehen.
Getrieben von der Angst des sozialen Abstieges fangen sie an, laut herumzubrüllen:
Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre
Argumente, um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Geschichte
zurückdrehen, um nicht ihren Reichtum zu verlieren. Sie wollen den globalen
Kapitalismus also auf reaktionäre Art bekämpfen.

Mit der Fokussierung auf Nationalstaat und
Protektionismus geht auch einher, dass das Ideal der „bürgerlichen Familie“
gestärkt werden muss. Denn im Kapitalismus ist die Arbeiter_Innenfamilie der
Ort, wo unbezahlte Reproduktionsarbeit stattfindet. Ob nun Kindererziehung,
Altenpflege, Waschen oder Kochen – all das reproduziert die Arbeitskraft der
einzelnen Arbeiter_Innen und sorgt gleichzeitig dafür, dass dem Kapital die
Produktivkraft nicht ausgeht. Oftmals wird diese unbezahlte Hausarbeit von
Frauen verrichtet. Diese Arbeitsteilung wird dadurch gefestigt, dass Frauen
weniger Lohn als Männer bekommen und sie somit nach einer Schwangerschaft eher
zu Hause bleiben. So verdienen beispielsweise Frauen im Schnitt 22 % weniger
als Männer, machen 75 % der Beschäftigten in sozialen Berufen aus und
arbeiten immer noch doppelt so lang im Haushalt wie Männer. Im Kontrast dazu
stehen erkämpfte Rechte von Frauen und LGBTIAs. Ob nun Legalisierung von
Homosexualität, die Gleichstellungsgesetze, das Selbstbestimmungsrecht über den
eigenen Körper – all das lehnen die Reaktionär_Innen mit aller Macht ab. Denn
diese Errungenschaften greifen das Idealbild der Familie an, auf das sie stark
angewiesen, sind damit ihre protektionistische Vorstellung der Nation
Wirklichkeit wird.

Warum sind sie erfolgreich?

Um erfolgreich gegen rechts zu kämpfen, müssen wir
verstehen, warum diese überhaupt so stark geworden sind. Ein zentraler Grund
dabei ist die Führungskrise der Arbeiter_Innenklasse. Nach der Finanzkrise
stieg nicht nur die Konkurrenz unter den Kapitalist_Innen. Große Teile der
Krisenkosten wurden auf die Arbeiter_Innenklasse abgewälzt in Form von
Sparmaßnahmen, Entlassungen und dem Ausbau des Niedriglohnsektors. Das sorgte
dafür, dass große Teile der Klasse in Armut abrutschten. Dabei konnten weder
Sozialdemokratie noch Gewerkschaften die Lage verbessern. Vielmehr verwalteten
sie diese Politik im Interesse des Kapitals mit. Die desillusionierten Teile
der Arbeiter_Innenklasse wenden sich daraufhin den Versprechungen der
Populist_Innen zu.

Was tun?

Gegen Rechtspopulist_Innen und Reaktionär_Innen bedarf es
einer antirassistischen Arbeiter_Inneneinheitsfront, nicht nur gemeinsamen
Kampfs mit den Bürgerlichen gegen rechtliche Einschränkungen. So nennen wir
einen Zusammenschluss zwischen Organisationen der Arbeiter_Innenklasse für
Klassenziele, die z. B. die liberalen Elemente nicht teilen, und mit
Kampfmitteln wie Streiks, über die andere Klassen nicht verfügen. Im Zuge
dessen bedarf es zentraler Aktionstage, bei denen alle Beteiligten
mobilisieren. Dabei ist es wichtig, nicht nur formal zu einer Demo aufzurufen,
sondern klar zu fordern, dass die Basis der Organisationen in die Mobilisierung
einbezogen wird. Das bedeutet, dafür einzutreten, dass es Vollversammlungen und
Aktionskomitees  an Schulen, Unis
und in Betrieben gibt, die sich im Rahmen der Mobilisierungen mit der aktuellen
Politik auseinandersetzen und sich fragen: Wie kann hier konkret eine fortschrittliche
Politik aussehen? Das sorgt dafür, dass an den Orten, an denen wir uns
tagtäglich bewegen müssen, eine bewusste politische Auseinandersetzung anfängt
und zeitgleich mehr Leute erreicht werden als jene, die sich eh schon für
Antirassismus und Antifaschismus interessieren. Zentral ist es, Kämpfe
miteinander zu verbinden und nicht nur aktuelle Angriffe abzuwehren, sondern
auch für konkrete Verbesserungen, um aus der Defensive herauszukommen. Um die
Situation von Geflüchteten unmittelbar zu verbessern, müssen Revolutionär_Innen
für offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte für alle eintreten. Darüber
hinaus müssen wir die Integration in die Gewerkschaften verlangen, um gemeinsam
der Spaltung entgegenzutreten, besser gemeinsame Kämpfe führen zu können wie
beispielsweise für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn, aber auch das
Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper.

Wenn wir erfolgreich dem Rechtsruck entgegentreten wollen,
müssen wir aktiv gegen rassistische, sexistische Spaltung und für
Verbesserungen der Klasse kämpfen. Nur so können wir die Reaktionär_Innen
aufhalten!