Klimademo in Hamburg: Kampf dem Kapital statt leerer Appelle

Balthasar Luchs, Infomail 1091, 22. Februar 2020

Am 21. Februar
gingen bei der Hamburger Klimademo mindestens 40.000 Menschen auf die Straße.
Deutlich auffällig waren die zunehmend politischeren Töne, die auf der Demo zu
sehen und hören waren. Auch Revolution Hamburg und Gruppe ArbeiterInnenmacht
waren im Block mit dem Bündnis „Change for Future“ (CFF) vertreten.

Die Bandbreite
der Schätzungen der TeilnehmerInnenzahl ist groß. Meldet die Polizei maximal
20.000 Menschen, so sind es laut Fridays for Future 60.000. Gemessen an den Ausmaßen
der Demonstration dürfte aber 40.000 eine realistische Zahl sein, da erfahrungsgemäß
seitens der Polizei politische Veranstaltungen gerne runtergespielt werden. Aufgrund
des rassistischen Anschlags in Hanau am 19. Februar war die gesamte Demonstration
von dem Entsetzen und der Wut über den rechten Terroranschlag geprägt. Eine
Schweigeminute für die 10 Opfer hüllte den Kundgebungsplatz in spürbare Stille.
Ein Sprecher des kurdischen Verbandes NAV-DEM (Demokratisches
Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e. V.) betonte den
Stellenwert, den der Kampf gegen FaschistInnen und RechtspopulistInnen für uns
haben muss. Diese Öffnung zu drängenden gesellschaftlichen Themen war auch auf
der gesamten Strecke zu bemerken: Sprechchöre wie „Alle zusammen gegen den
Faschismus“ sowie antifaschistische Fahnen und Schilder waren über die Demo
verteilt.

Die
Veranstaltung fand zudem unter dem Zeichen der kommenden Bürgerschaftswahl in
Hamburg am 23. Februar statt und bot daher auch der  Grünen Partei eine willkommene Werbebühne, um ihr verqueres
Bild einer sogenannten „Green Economy“ zu präsentieren. Bezeichnender Weise
wurde der Titel von Klimastreik zu Klimademo geändert, was eine deutliche
Aufgabe des Anspruchs darstellt, für einen wirklichen, breiten Streik im
Bildungs- und in anderen Wirtschaftssektoren zu kämpfen. Von dem Ziel eines
Generalstreikes hat man sich damit auch rhetorisch verabschiedet.

Antikapitalistische
Banner

An der
Demonstrationsspitze prägten jedoch unüberschaubar antikapitalistische Banner
das Bild. Der Block von „Change for Future“ schaffte es, als Anziehungspunkt
für andere antikapitalistische Gruppen zu wirken und die umstehenden
DemoteilnehmerInnen mit kämpferischen Parolen einzubeziehen. Auch den großen
Tageszeitungen blieb dies nicht verborgen. Schaut man sich die Bilder des
Fronttransparents mit Greta Thunberg an, folgt wenige Meter dahinter das grüne
Hochtransparent mit den Forderungen von CFF: „Kostenloser öffentlicher
Nahverkehr“, „Umweltzerstörung als Fluchtursache anerkennen“ und „Streikkomitees
an Schulen, Unis und in Betrieben“.

Sowohl bei den
OrganisatorInnen wie auch in der Rede von Greta Thunberg am Ende der
Demonstration wurde mehrfach betont: „Wir haben bereits alles gesagt, was es zu
sagen gab“. Die Zeichen klimatischer Veränderungen seien für alle zu sehen und
dennoch setze keine Veränderung der Politik ein. Um eine Krise zu bekämpfen,
müsse sie auch als eine solche erkannt werden, so Greta. Dieser Erkenntnis kann
man zwar zustimmen. Es blieb jedoch einmal mehr bei den moralischen Appellen,
endlich auf die Forderung Millionen Jugendlicher zu
hören. Man vermied es aufzuzeigen, dass das Streben der Konzerne und
Unternehmen nach Profit die entscheidende Triebkraft für Raubbau,
Ressourcenverschwendung und Müll ist. Und dass das System, das auf Ausbeutung
und Profitmacherei basiert, einen Namen hat: Kapitalismus. Zudem fürchten
PolitikerInnen jeden Landes, Einbußen der Wirtschaftskraft zu erleiden, würden
sie Einschnitte beschließen, die deren Gewinne reduzieren könnten. Das ist in
der Tat keine Anti-Krisen-Politik, sondern Unterordnung unter die gern
beschworenen „Kräfte des Marktes“. Die Antwort kann also letztlich nur die
Überwindung des Kapitalismus sein.

Gerade
angesichts der riesigen Anzahl von UnterstützerInnen stellt das fehlende
Aufzeigen von Perspektiven für weitere Kämpfe der Führung der Bewegung ein
Armutszeugnis aus. Der Kampf für eine Ausweitung hin zu Streiks in den
Betrieben und in den Büros würde den Menschen zeigen, dass es nicht bei Appellen
bleiben muss. Die Bewegung würde dadurch wieder an Zulauf und Vertrauen
gewinnen, wirklich für Veränderung zu kämpfen.