Antibürokratisch, organisiert, antikapitalistisch – Basisbewegung für eine klassenkämpferische Gewerkschaftspolitik!

Vorschläge für ein Aktionsprogramm

Flugblatt der Gruppe ArbeiterInnenmacht zur „Strategiekonferenz für kämpferische Gewerkschaften“, Infomail 1085, 22. Januar 2020

Die nächste große Krise
der Weltwirtschaft steht vor der Tür. Die Vorboten der Krise zeichnen sich
schon jetzt weltweit ab, insbesondere in den Ländern der sog. „Dritten Welt“,
den von den kapitalistischen Zentren wirtschaftlich und politisch beherrschten
Halb-Kolonien.

Aber auch in der EU und
in Deutschland kippt die Entwicklung Richtung Rezession. Besonders betroffen
werden diesmal auch die Auto- und Zulieferindustrie sein, das Flaggschiff der
deutschen Industrie und des Exports. Zehntausende Stellen wurden schon
gestrichen, die Arbeitsplätze nicht wieder besetzt und Tausende sollen in den
nächsten Monaten noch entlassen werden. Unvermeidlich werden die verschiedenen
Krisenherde sich gegenseitig verstärken. Verschärfte Konkurrenz und mehr oder
weniger offen geführte Handelskriege schränken den Spielraum für eine konzertierte
„Anti-Krisenpolitik“ der wirtschaftlichen Großmächte und Blöcke massiv ein, ja
verunmöglichen sie tendenziell. Der deutsche Imperialismus möchte in diesem
Kampf um die Neuaufteilung der Welt bestehen – daher sollen die Lohnabhängigen
hier wie weltweit die Kosten tragen, sei es durch verschärfte Ausbeutung oder
durch weitere Kürzungen.

„Wirtschaft“ und die
„Politik“, also Regierung und Kapital, erweisen sich als in dieser Situation
als unfähig auch nur eine der dringenden gesellschaftlichen Fragen im Interesse
der Massen zu lösen: Pflegenotstand und medizinische Unterversorgung; wachsende
Armut, insbesondere bei Alten und Kindern, und an vorderster Stelle die
drohende Klimakatastrophe und die anderen Umweltprobleme. Eisern halten sie
trotz wachsender Proteste daran fest, die Unternehmen zu schonen und die
arbeitende Bevölkerung und Jugend zahlen zu lassen. Zu kosmetischen Zwecken
verabschiedet die Regierung „Pakete“ und die Unternehmen stellen die
Produkt-Werbung auf grün.

Krise der Gewerkschaften

In allen diesen Fragen
könnten die Gewerkschaften eine wichtige Rolle als Sammelpunkte des
Widerstandes spielen, ja sie müssten es. Niemand kann den KapitalistInnen
besser entgegentreten als die Beschäftigten, die dort arbeiten, wo die
Unternehmen Umweltgift auf schädliche Weise produzieren, wo sie die
Entscheidungen im Interesse ihres Profits gegen die arbeitenden Menschen
fällen: für Entlassungen, Arbeitszeitverlängerung, Lohneinsparungen oder
Kürzungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Die Gewerkschaften
könnten, ja müssten in dieser Situation die ArbeiterInnenklasse nicht nur gegen
die Willkür der Unternehmen, sondern auch über den einzelnen Betrieb hinaus
branchenweit mobilisieren. Sie müssten in dieser kommenden Krise den Angriffen
des Kapitals in allen Bereichen eine gemeinsame, organisierte politische
Gegenwehr entgegensetzen, indem sie das wirksamste Kampfmittel einsetzen, das
die arbeitenden Menschen in diesem System haben: den Streik, also die
Weigerung, das Kapital weiter zu vermehren. Über Proteste hinaus können damit
andere Entscheidungen durchgesetzt werden, wenn der Streik nicht bloß als
„letztes Mittel“ betrachtet würde, das tunlichst nur beschränkt und rein
tariflich einzusetzen sei, sondern als politisches Kampfmittel in Form des Massenstreiks
bis hin zum Generalstreik.

Ver.di und IG Metall
haben ihre Gewerkschaftstage abgehalten und dabei so getan, als ginge sie die
Krise nichts an: wo sie herkommt, welche Gefahren es gibt, wie verhindert
werden kann, dass wieder die ArbeiterInnenklasse mit Arbeitsplätzen,
Reallohnverlust und weiterer Prekarisierung bezahlt – keine Themen.
Digitalisierung ist zwar ein Problem, das die Gewerkschaftsführungen benennen,
sie fordern aber lediglich eine sozialverträgliche Umstellung und tun so, als
ob diese „partnerschaftlich“ möglich wäre. Auch wenn es auf dem
ver.di-Gewerkschaftstag im Gegensatz zu dem der IG Metall zu mehren Fragen wie
der kollektiven Arbeitszeitverkürzung, des Mindestlohns, des politischen
Streiks, der Leiharbeit zu heftigen Diskussionen und Kampfabstimmungen kam,
ändert das an dieser Tatsache nichts.

Diese „Partnerschaft“,
die in den Betrieben, aber auch in Tarifrunden und in allen gesellschaftlichen
Auseinandersetzungen praktiziert wird, wird nur vordergründig und mit dem
beschränkten Blick auf einzelne Betriebe ausreichen, die Interessen zumindest
eines Teil der (Stamm)-Belegschaften zu sichern. Sie wird angesichts des
Generalangriffs des Kapitals völlig wertlos und hat noch nie erlaubt, eine
wirkliche Wende durchzusetzen. Denn sie geht immer damit einher, dem Kapital zu
erlauben, seine Profitinteressen auf Kosten der Konkurrenz, anderer
Unternehmens- oder Belegschaftsteile, der prekär Beschäftigten und/oder der
Umwelt durchzusetzen.

Die (Irre-)Führung der
Gewerkschaften fällt aber nicht vom Himmel. Sie hat ihre Ursache in der
politischen Unterordnung unter die Anforderungen der KapitalistInnen und ihrer
Regierung, ja der Fesselung an das kapitalistische System mitsamt seinen
Krisen. In den letzten Jahrzehnten führte das zu mehreren politisch
verheerenden Resultaten:

1. Die Gewerkschaften
organisieren einen immer kleiner werdenden Teil der Lohnabhängigen. Sie
konzentrieren sich immer mehr auf Organisierte in der Großindustrie oder in
schon organisierten Bereichen des öffentlichen Dienstes und des
Dienstleistungssektors.

2. Trotz wichtiger
einzelner Gegenbeispiele wie z. B. im Gesundheitssektor blieben größere
Abwehrkämpfe aus. Die Vorherrschaft der Bürokratie, die Dominanz des Apparates
und der Betriebsräte der Großbetriebe nahmen eher zu.

3. Ein monströses System
der Klassenzusammenarbeit und die Ideologie der „Sozialpartnerschaft“ bestimmen
die Politik der Gewerkschaften und jene der meisten Betriebsräte. Die
DGB-Gewerkschaften stellen eine soziale Hauptstütze der Großen Koalition dar – und
agieren dementsprechend auf allen Politikfeldern.

Die Bürokratie hofft, die
nächste kapitalistische Krise durch noch mehr Zusammenarbeit mit dem Kapital,
noch mehr „Partnerschaft“ bei der Sicherung der Interessen des deutschen
Exports und des Großkapitals insgesamt zu überstehen. Kein Wunder, dass immer
größere Teile der ArbeiterInnenklasse von diesen „Interessenvertretungen“
entfremdet, ganze Sektoren wenig oder gar nicht organisiert sind.

Die klassenkämpferischen
und linken Kräfte in den Gewerkschaften wurden in den letzten Jahren schwächer,
nicht stärker. Dafür gibt es mehrere Ursachen: Erstens die Niederlagen durch
Hartz- und Agenda-Gesetze sowie die sozialpartnerschaftliche Politik in der
Rezession, die die Bürokratie (v. a. in IG Metall und IG BCE) stärkten.
Zweitens die Übernahme und Zähmung von Ansätzen einer größeren
Gewerkschaftslinken durch die Linkspartei. Drittens die weitgehende Ausblendung
des politischen und ökonomischen Gesamtzusammenhangs aus der Aktivität der
gewerkschaftlichen und betrieblichen Oppositionsansätze.

Gerade die aktuelle
Krisenperiode erfordert aber eine politische, nicht bloß eine gewerkschaftliche
Strategie, wenn wir eine klassenkämpferische Basisbewegung, eine echte
Opposition gegen die Bürokratie bundesweit aufbauen wollen.

Angesichts der
fundamentalen Krise der Gewerkschaften kann es nicht nur darum gehen,
Forderungen zu einzelnen Missständen zu bündeln, sondern wir brauchen eine
zusammenhängende Strategie, Konzeption und letztlich ein Aktionsprogramm mit
dem Ziel, eine klassenkämpferische Basisbewegung, eine organisierte Opposition
nicht nur gegen rechte BürokratInnen, sondern das gesamte System der Bürokratie
aufzubauen, um breite Teile der ArbeiterInnenklasse gegen die Angriffe des
Kapitals zu vereinen.

Aktionsprogramm

Ein solches Programm muss
die zentralen Angriffe und Antworten im Interesse der ArbeiterInnenklasse zum
Ausgangspunkt nehmen. Es darf sich aber nicht auf reine Lohnfragen und
betriebliche Probleme beschränken, sondern muss versuchen, gewerkschaftliche und
betriebliche Forderungen in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext zu stellen
und mit allen wichtigen Fragen des Klassenkampfes zu verbinden. Nur so kann der
gewerkschaftliche Kampf zu einem Kampf gegen das Kapital werden.

Angesichts der
Entlassungen und Streichung zehntausender Arbeitsplätze ist es unabdingbar, für
eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung für alle zu kämpfen. Es geht dabei nicht
darum, die Arbeitszeit an die Auftragsschwankungen der Unternehmen oder
individuelle Bedürfnisse anzupassen (so berechtigt letztere auch sein können),
wie zuletzt in den Tarifen von IG Metall oder EVG vereinbart. Es geht um eine
kollektive Waffe gegen die Strategie des Kapitals, einen Teil der arbeitenden
Bevölkerung mit immer mehr Arbeit zu überlasten und andere aufs Abstellgleis zu
schieben und insgesamt die Löhne zu senken.

  • Kampf gegen alle Entlassungen! Für die 30-Stunden-Woche in Ost und West bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
  • Die Arbeitszeitverkürzung darf nicht zu einer weiteren Verdichtung der Arbeit führen, deshalb muss sie sofort mit Neueinstellungen verbunden werden. Die Entscheidung darüber muss bei den Beschäftigten, den Vertrauensleuten und Betriebs-/Personalräten liegen.
  • Kampf zur Verkürzung der Arbeitszeit muss europaweit koordiniert werden! In der EU sind die Arbeitslosenzahlen noch immer auf einem Höchststand. In internationalen Konzernen muss dieser Kampf von Beginn an übergreifend geführt werden!

Als Antwort auf konkrete
Schließungspläne reicht es nicht, auf eine verkürzte Arbeitszeit zu warten. Die
Antwort auf alle Angriffe auf die Arbeitsplätze muss sein:

  • Streiks und Besetzungen!
  • Dazu sind Aktionskomitees nötig, die auf Vollversammlungen gewählt werden. Mitglieder der Aktionskomitees müssen jederzeit abwählbar sein, wenn sie nicht nach dem Willen der Mehrheit handeln.

Gegenüber den Firmen, die
mit Stilllegung und Entlassungen drohen, fordern wir:

  • Entschädigungslose Verstaatlichung und Fortführung/Umstellung der Produktion solcher Firmen unter der Kontrolle der Belegschaften und gewerkschaftlichen Vertrauensleute!
  • Umstellung/Konversion der Produktion vor allem da, wo umwelt- oder gesundheitsschädliche Produkte hergestellt oder solche Verfahren angewendet werden – kontrolliert von den Beschäftigten, Gewerkschaften und Ausschüssen aller lohnabhängigen KonsumentInnen!

Die Arbeit muss auf alle
verteilt werden und niemand, vor allem die Beschäftigten im Niedriglohnsektor,
darf deswegen an Einkommen verlieren. Im Gegenteil, dort müssen sie sofort
nachhaltig erhöht und gesellschaftliche Einrichtungen ausgebaut werden, die der
Masse zugutekommen!

  • Spürbare Erhöhung der Einkommen – nach den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen, nicht nach dem „Spielraum der Wirtschaft“, d. h. des Kapitals!
  • Festgeldzuwachs für alle, um Einkommensverluste wettzumachen! Angleichung der  Löhne und der Arbeitszeit im Osten auf Westniveau!
  • Gegen Billigjobs und Lohndrückerei! Für einen steuerfreien Mindeststundenlohn von 12 Euro netto (ca. 1.600 Euro/Monat)!
  • Verbindung der Tarifkämpfe mit den Kämpfen gegen Entlassungen!
  • Nein zur Rente mit 67 oder noch späterem Einrittsalter! Einführung der Rente ab 60 für alle bei vollen Bezügen!
  • Für eine Altersteilzeit, die die in Rente gehenden KollegInnen tatsächlich durch BerufseinsteigerInnen ersetzt – unter Kontrolle der Beschäftigten und finanziert aus den Unternehmensgewinnen!
  • Für Arbeitslose, Studierende, RentnerInnen, SchülerInnen ab 16, chronisch Kranke, Schwerstbehinderte kämpfen wir für ein monatliches Mindesteinkommen von 1.100 Euro plus Warmmiete!
  • Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Wohnungsbaus, im Gesundheits- und Bildungswesen unter Kontrolle der Beschäftigten und der Gewerkschaften! Finanziert durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und massive Erhöhung der Kapitalsteuern!

Um der Erniedrigung durch
die Arbeitslosenverwaltung und den Drohungen des sozialen Absturzes zu
begegnen, sofort:

  • Abschaffung von Hartz IV! Für ein Existenz sicherndes Mindesteinkommen von 1100,- Euro plus Warmmiete und Mindestrenten in dieser Höhe!
  • Keine Zwangsjobs, keine Leih- und Zeitarbeit! Als Schritt in diese Richtung: gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Bedingungen und Rechte für LeiharbeiterInnen wie für die Stammbelegschaften! Unbefristete Übernahme der LeiharbeiterInnen in tariflich gesicherte Arbeitsverhältnisse! Nein zu allen Formen des Kombilohns, von Bürgergeld inkl. seiner „linken“ Spielart, des bedingungslosen Grundeinkommens!

Um gegen die Angriffe von
Seiten des Kapitals gewinnen zu können, müssen die Kämpfe politisch geführt
werden! Die Trennung von gewerkschaftlichem und politischem Kampf muss
überwunden werden!

Schulterschluss mit der
Umweltbewegung!

Die Proteste gegen die
Klimazerstörung und andere Schädigungen der Umwelt haben deutlich vorgeführt,
wie peinlich Betriebsräte, die zuständigen Gewerkschaften und auch die Mehrheit
der Belegschaften jede Umweltsünde abdecken. Sie haben der Erpressung mit
Arbeitsplatzverlust nichts entgegengesetzt, weil die Führungen der
Gewerkschaften sich immer dem Diktat des Kapitals und seinen Bedürfnissen
untergeordnet haben. Je anti-kapitalistischer die Gewerkschaften und die
Umweltbewegung vorgehen, desto mehr können sie kooperieren!

  • Bezahlung des ökologischen Umbaus durch die Besteuerung der Reichen und die Enteignung der gesamten Energiewirtschaft unter Kontrolle der ArbeiterInnenklasse!
  • Umweltschädliche Produktion stoppen, den schnellstmöglichen Ausstieg aus dem Braunkohletagebau durchsetzen und die Beschäftigten ohne Einkommensverlust umschulen! Wirtschaftliche Entwicklungsprogramme für die betroffenen Regionen unter Kontrolle der Beschäftigten und der Gewerkschaften!
  • Die Ergebnisse von Forschung und Entwicklung offenlegen und betrieblich und gesellschaftlich durch die lohnabhängigen Beschäftigten und KonsumentInnen kontrollieren!
  • Eine Konversion durchsetzen, die nicht auf Kosten der Arbeitsplätze geht, sondern die Beschäftigten einbezieht! Denn sie verfügen über das Know-how, wie zukünftige umweltfreundliche Arbeitsplätze aussehen können.
  • Die großen Konzerne unter Kontrolle der Beschäftigten enteignen, um einen demokratischen Plan zum ökologischen Umbau der Produktion und der Infrastruktur durchzusetzen!

Faschismus, Rassismus, Nationalismus bekämpfen!

In den Zeiten der
weltweiten Krise des Kapitalismus gehen auch Teile der ArbeiterInnenklasse nach
rechts und suchen ihr Heil in der Sicherung ihrer Arbeitsplätze und sozialen
Standards gegen andere. Forderungen nach Abschottung und verschärften
Grenzkontrollen, Rassismus und Nationalismus nehmen zu. Die Logik der
Standortsicherungen und die ganze Ideologie des „Standortes Deutschland“, also
die Sicherung der wirtschaftlichen Dominanz auf Kosten anderer fördert
Einstellungen, die Wasser auf die Mühlen von AfD oder sogar faschistischen
Organisationen sind. Sie wollen die Gewerkschaften im Grunde zerschlagen und
haben das auch schon getan – nicht nur in Deutschland, aber da am radikalsten.
Dagegen hilft keine Anpassung sondern die klare Alternative:

  • Volle StaatsbürgerInnenrechte für alle Geflüchteten und MigrantInnen, Aufnahme der Geflüchteten in die Gewerkschaften!
  • Offene Grenzen, keine Abschiebungen! Recht auf Arbeit für alle Geflüchteten und MigrantInnen – bezahlt zu tariflichen Löhnen!
  • Nazis und Rechten entgegentreten! Keine Propagandafreiheit für FaschistInnen, aktiver Kampf gegen rassistische und rechte Gruppierungen in den Betrieben! Aufbau einer ArbeiterInneneinheitsfront, betrieblicher und gewerkschaftlicher Selbstverteidigungsstrukturen!
  • Kampf allen Einschränkungen demokratischer Rechte, der Militarisierung, wirtschaftlichen und politischen Sanktionen sowie der Aufrüstung in Deutschland und der EU! Politische Streiks und Aktionen gegen Militärinterventionen (wie z. B. gegen den Iran)!
  • Internationale Koordinierung der gewerkschaftlichen, sozialen und politischen Kämpfe – für eine europaweite Aktionskonferenz gegen die Krise zur Diskussion und Koordinierung des gemeinsamen Abwehrkampfes!

Durch eine solche
Offensive können die Gewerkschaften für die Masse der Beschäftigten ein
effektives Kampforgan zur Verteidigung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen
werden, die in den letzten Jahren das Vertrauen verloren hatten oder die – wie
große Teile der jüngeren Generationen und der prekär Beschäftigten – noch nie
positive Erfahrungen mit kollektiver Gegenwehr und Organisation machen konnten.
Mit der Anbiederung an Kapital und Regierung, mit der Unterstützung von
Leiharbeit und Niedriglöhnen und der Ignoranz gegenüber der Basis und gegenüber
neuen und unorganisierten Betrieben haben die Gewerkschaftsführungen die
Mitgliederzahlen der DGB-Gewerkschaften auf einen historischen Tiefstand
gefahren.

  • Abschaffung aller Einschränkungen des Streikrechts, insbesondere politischer Streiks!
  • Organisierung der Unorganisierten! Dies erfordert, einen zentralen Fokus auf die Gewinnung von prekär Beschäftigten zu richten, verbunden mit Kampagnen zur Arbeitszeitverkürzung und zum gesetzlichen Mindestlohn! Das trifft insbesondere auch auf die Branchen zu, in denen überwiegend Frauen arbeiten, die generell schlechter bezahlt werden!

Andere Methoden, andere Ziele

Solche Forderungen müssen
von aktiven und oppositionellen GewerkschafterInnen in Betriebsgruppen,
Vertrauensleutekörpern oder auf Delegiertenkonferenzen eingebracht werden, um
die Bürokratie unter Druck zu setzen und kämpferische Kräfte zu gruppieren.

Um die Allmacht der
Apparate zu brechen, braucht es auch einen systematischen Kampf. Dieser muss
mit der Demokratisierung der Gewerkschaften beginnen. Wir müssen uns vor allem
dafür einsetzen, dass die Mitglieder, ja die Belegschaften allgemein über
Forderungen und Kampfmethoden entscheiden. Nur wenn sie ins Spiel kommen,
können Kräfteverhältnisse so geändert werden, dass andere Entscheidungen
möglich werden. Eine Handvoll Leute mit Resolutionen erreicht das nicht.

Verbunden werden muss das
mit dem Kampf gegen die Einschränkung der politischen Tätigkeit in den
Gewerkschaften selbst. Das gegenwärtige System der „Einheitsgewerkschaft“ kommt
einem politischen Maulkorb für jede oppositionelle, nicht-sozialdemokratische Strömung
gleich. Wir treten daher für das Recht auf Bildung politischer Fraktionen in
den Gewerkschaften und Betrieben ein.

Basisbewegung

Das erfordert, dass
programmatische Diskussionen, wie sie eine zukünftige Gewerkschaftslinke
braucht, helfen müssen, die bestehenden Differenzen demokratisch zu bearbeiten
und zugleich neuen AktivistInnen einen Zugriff auf diese zu erlauben. Also die
besten Traditionen der gewerkschaftlichen Bildung wieder aufzugreifen bei
gleichzeitiger Erarbeitung eines Aktionsprogramms für eine klassenkämpferische
Basisbewegung, eine organisierte anti-bürokratische Opposition.

Am Aufbau einer
Opposition können auch FunktionärInnen und Hauptamtliche teilnehmen. Das Ziel
kann und darf jedoch nicht darin bestehen, im Rahmen der bestehenden
bürokratischen Struktur einfach nur mehr Posten zu gewinnen oder Linke besser
zu vernetzen – es geht darum, das existierende bürokratische System zu
zerbrechen und durch ein arbeiterInnendemokratisches zu ersetzen. Alle
FunktionsträgerInnen auf gewerkschaftlicher und betrieblicher Ebene müssen
ihrer Basis rechenschaftspflichtig, von ihr gewählt und abwählbar sein. Kein/e
FunktionärIn darf mehr als ein durchschnittliches FacharbeiterInnengehalt
verdienen.

Heute haben Hauptamtliche
noch weniger Spielraum als früher und vielen, die als Linke einen solchen Job
haben, fehlt das politische Rüstzeug, um dem Druck des Reformismus und der
Sozialpartnerschaft standzuhalten. Das heißt nicht, dass die Krise der
Gewerkschaften nicht Risse im Apparat produzieren kann, die eine unabhängig
strukturierte Opposition auszunutzen vermag.

Vor allem aber darf sich
eine oppositionelle, klassenkämpferische Bewegung in Betrieb und Gewerkschaften
nicht von „linken“ Teilen des Apparates abhängig machen oder zu deren
ZuträgerInnen verkommen.

Politische Ausrichtung

Der systematische Kampf
gegen die Bürokratie und ihren Würgegriff, in dem sie die Gewerkschaftsbewegung
festhält, muss also im Aufbau einer klassenkämpferischen Basisbewegung münden,
die für eine andere Führung und eine andere Struktur der Gewerkschaften kämpft.

Auch wenn sie eine
Bewegung zur Erneuerung der Gewerkschaften darstellt, ist dieser Kampf
letztlich ein politischer: Er muss nicht nur für kämpferische Methoden
eintreten, sondern auch für ein wirkliches Verständnis des kapitalistischen
Systems und seiner Krise, seines Staates und seiner Herrschaftsmechanismen bei
den Kolleginnen und Kollegen.

Eine Wende der
Gewerkschaften muss mit einer Wende der Linken einhergehen: Die Gewerkschaften
müssen sich freimachen von der Fessel an die SPD. Die Linkspartei darf sich
nicht länger diesem Diktat unterordnen. Die linken Kräfte müssen auch mit der
Illusion brechen, dass die Linkspartei insgesamt eine substantielle politische
Alternative darstelle. Auch sie zielt nicht auf die Abschaffung des
Kapitalismus, sondern auf dessen Reform, dessen angeblich „gerechtere“
Ausgestaltung.

Die Politik des
Reformismus hat sich als Illusion erwiesen. Alle wichtigen Verbesserungen und
Reformen können in der gegenwärtigen Situation nur mit den Mitteln des
Klassenkampfes durchgesetzt werden. Reformen und Teilerfolge können die
Angriffe vielleicht stoppen und zurückwerfen – sie werden aber kein „neues“
Modell mit sich bringen, sondern rasch zu noch härteren Angriffen der
herrschenden Klasse führen. Die Kämpfe in Griechenland, in Frankreich oder in
Chile, die Putschbewegungen in Bolivien oder Brasilien verdeutlichen das. Die
kommenden Auseinandersetzungen – seien es drohenden Massenentlassungen,
Rassismus, Militarismus oder Umweltkatastrophe, verdeutlichen, dass es um die
Systemfrage geht.

Wir brauchen daher eine Opposition, eine
klassenkämpferische Basisbewegung, die nicht nur die Symptome bekämpft, sondern
auch das Problem an der Wurzel packt, die den Kapitalismus nicht zähmen,
sondern ihn überwin