Nieder mit dem reaktionären Putsch in Bolivien!

Dave Stockton, Infomail 1077, 17. November 2019

Was als Protest gegen angebliche Unregelmäßigkeiten bei den
bolivianischen Präsidentschaftswahlen begann, der von der Geschäfts- und
Grundbesitzerelite mithilfe halb-faschistischer Straßenbanden angeheizt wurde,
endete mit einem polizeilichen und militärischen Staatsstreich. Er erzwang den
Rücktritt von Evo Morales, dem ersten gewählten indigenen Präsidenten
Boliviens. Nach einer Meuterei der Polizei am 8. November und einem Ultimatum
vom Chef der Streitkräfte trat er zurück und floh ins Exil nach Mexiko.

Die Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Áñez, eine
rechtsgerichte Konservative, hat die Funktionen der Interimspräsidentin an sich
gerissen und Neuwahlen versprochen. Diese sollen als Feigenblatt herhalten, um
den Interessen der kapitalistischen und Land besitzenden Oligarchie des Landes
den Schein verfassungsmäßiger Legitimität zu verleihen. Das eigentlich Ziel
besteht darin, fortschrittliche soziale und wirtschaftliche Errungenschaften
umzukehren, die in den Jahren 200–2008 durch Massenkämpfe und die Reformen von
Morales und seiner Partei, der „Bewegung zum Sozialismus“, MAS, in über 14
Jahren in der Regierung erzielt wurden.

Der Putsch wurde von Anfang an von der US-Regierung, ihrem
Instrument, der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und ihren Verbündeten
in Lateinamerika und Europa unterstützt. Die argentinische und die mexikanische
Regierung haben den Putsch verurteilt. Das Parlament der Europäischen Union
beeilte sich jedoch, um Áñez anzuerkennen und damit den Putsch zu unterstützen.
Auch die deutsche Bundesregierung begrüßte den Machtwechsel im Interesse des
westlichen Imperialismus.

Immerhin solidarisierte sich Jeremy Corbyn, Vorsitzender der
Labour Party in Großbritannien, mit Morales und erklärte:

„Es ist schrecklich zu sehen, wie Evo Morales, der zusammen
mit einer mächtigen Bewegung so viel sozialen Fortschritt gebracht hat, vom
Militär aus dem Amt gedrängt wurde. Ich verurteile diesen Putsch gegen das
bolivianische Volk und stehe mit ihm für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und
Unabhängigkeit.“

Die Liga für die Fünfte Internationale verurteilt diesen
Putsch aufs Schärfste und fordert die ArbeiterInnenbewegung weltweit auf, alles
in ihrer Macht Stehende zu tun, um den Widerstand der bolivianischen
ArbeiterInnen, Bauern/Bäuerinnen und indigenen Völker gegen diese schamlosen
konterrevolutionären Akt zu unterstützen und die Anerkennung der UsurpatorInnen
zu verhindern. Das Problem bestand nicht darin, dass Evo Morales bei seinen Reformen
zu radikal war oder bei den GrundbesitzerInnen und KapitalistInnen zu
diktatorisch vorging. Ganz im Gegenteil.

Morales‘ Schicksal zeigt, dass Maßnahmen der teilweisen
Umverteilung und der Arbeit innerhalb der militärisch-polizeilichen Maschine
des bürgerlichen Staates keine dauerhaften Reformen erreichen können,
geschweige denn Sozialismus. Nur eine antikapitalistische Revolution, die von
den arbeitenden Massen selbst gemacht und getragen wird, eine Revolution, die
nicht auf halbem Weg endet, kann das tun.