Arbeiter:innenmacht

Britannien: Vom Kampf um den Wahlsieg zum Kampf um die Macht

Red Flag, Infomail 1077, 17. November 2019

Nach drei Jahren des Streits um Brexit hat das Parlament für eine vorgezogene Parlamentswahl am 12. Dezember gestimmt.

Die Kampflinien für die Wahl sind klar.

Auf der einen Seite stehen Boris Johnsons Tories, unterstützt von Donald Trump, die darauf abzielen, das zu vollenden, was Thatcher begonnen hat. Eine Tory-Regierung wird einen vom Brexit angeheizten Blitzkrieg gegen die noch vorhandene Rechte der ArbeiterInnen, gegen den Umweltschutz und die Überreste des zerschlagenen britischen „Wohlfahrtsstaates“ entfesseln.

Gegen sie steht Jeremy Corbyns Labour Party mit einer halben Million Mitgliedern und einem Programm, das verspricht, die arbeiterInnenfeindliche Sparpolitik zu beenden, einen umweltfreundlichen Gesellschaftsvertrag (green new deal) einzuleiten und den Menschen in einem Referendum das letzte Wort über Brexit zu geben.

Zwischen den Ambitionen der beiden Regierungskandidaten stehen Brexit – und die LiberaldemokratInnen und Brexit-Partei, die sich positioniert haben, um die internen Spaltungen in Labour und den Tories auszunutzen.

Die Schottische Nationalpartei, die SNP, und die Liberalen kamen Boris Johnson zu Hilfe, indem sie den Weg zum von ihm favorisierten Wahltermin unterstützten. Die Liberalen kalkulierten, dass dies der beste Zeitpunkt sei, um Labours Stimmen in England, die in überwältigender Mehrheit für den Verbleib in der EU eintreten, streitig zu machen und die SNP hofft, die 2017 verlorenen Sitze wieder einzunehmen.

Für die schottischen NationalistInnen ist die Ausbeutung von Brexit einfach, denn die Abstimmung für das Verlassen der EU war überwiegend ein englisches Phänomen und ist Wasser auf die Mühlen ihrer Kampagne für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum.

Die LiberaldemokratInnen stellen sich zwar als prinzipielle Zuflucht für die weiterhin den Verbleib in der EU unterstützenden Labour-WählerInnen dar, sind aber mehr damit beschäftigt, die Aussichten auf eine linke Labour-Regierung zu zerstören als damit, Brexit zu stoppen. Deshalb haben sie auf eine Wahl gesetzt, die zu einer harten, rechtsgerichteten Pro-Brexit-Mehrheit führen könnte, und eine Koalition mit einer von Corbyn geführten Labour Party ausgeschlossen. Es ist keine Überraschung, dass die Juniorpartei des britischen Kapitalismus die Tories objektiv unterstützt, auch wenn sie Gefahr läuft, den Tory- Brexit auszulösen, von dem sie behauptet, ihn abzulehnen.

Die Brexit-Wahl

Alle Wahlen werden als entscheidende oder historische bezeichnet, aber der Urnengang vom 12. Dezember stellt wirklich eine existenzielle Frage darüber, welche Zukunft die britischen ArbeiterInnen und KapitalistInnen wollen. Obwohl die Mehrheit der britischen Bosse Brexit nicht will, wollen sie noch weniger eine radikale, wenn auch reformistische Labour-Regierung und eine ArbeiterInnenklasse mit enormen Erwartungen.

Für die herrschende Klasse Großbritanniens ist Brexit ein Kampf darum, wie man die Widersprüche einer niedergehenden, zweitklassigen imperialistischen Macht bewältigen kann. Ihre weltweiten finanziellen Interessen bedeuteten in der Vergangenheit immer ein militärisch-strategisches Bekenntnis zu einer Rolle als Juniorpartnerin des US-Imperialismus. In jüngster Zeit steht dies im Widerspruch zu ihrem Status als führendes Mitglied der EU, die von den US-Interessen zunehmend als Rivalin wahrgenommen wird.

Im Mittelpunkt von Brexit steht die Wahl zwischen der Aufrechterhaltung und Vertiefung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Europa oder dem Fungieren nicht nur als Juniorpartnerin des US-Imperialismus, sondern als dessen Außenposten an der europäischen Grenze. Für Trump und den Gründer der Unabhängigkeitspartei, Farage, wäre das Vereinigte Königreich ein nützliches Instrument in den zunehmend hektischen Handelskriegen und politischen Auseinandersetzungen nicht nur mit der EU, sondern auch mit China und Russland.

Bei aller Bedeutung von Brexit jedoch ermöglicht eine Parlamentswahl, dass die gesamte Bandbreite der Fragen des wirtschaftlichen und politischen Lebens zum Tragen kommt. Hier hat Labour nach fast zehn Jahren Tory-Herrschaft einen Vorteil. Das staatliche Gesundheitswesen, Wohnen und Obdachlosigkeit, die Umwelt, die Flüchtlingskrise sind alles entscheidende Fragen, aber mit ihnen umzugehen bedeutet, Rechnungen mit Brexit zu begleichen: mit der extrem rechten Strategie, das Vereinigte Königreich aus der EU herauszuführen und eine neoliberale Offensive zu starten. Ein von Brexit verursachter wirtschaftlicher Zusammenbruch wird die Mobilisierung der Ressourcen für große Reformen erheblich erschweren.

Eine Tory-geführte Regierung wird eine beispiellose Offensive der herrschenden Klasse einleiten, die darauf abzielt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens wiederherzustellen. Sie würde planen, Großbritannien in einen Tummelplatz für MilliardärInnen mit niedrigen Löhnen und Steuern zu verwandeln, auf dem US-amerikanische private Gesundheitsunternehmen, SpekulantInnen der City of London und Hedgefonds-ParasitInnen zu KuponschneiderInnen an britischen Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystemen geraten.

Obwohl Johnson und andere MinisterInnen gesagt haben, dass das Thema Gesundheitswesen bei Gesprächen über ein Handelsabkommen mit Trump „vom Tisch“ sei, lügen sie. MinisterInnen und MinisterialbeamtInnen hatten sechs geheime Treffen mit US-Gesundheitsfirmen. Ein Brexit-induziertes Handelsabkommen mit Trump bedeutet eine Speisekarte aus verfälschten Lebensmitteln, Abzockmedizin und dem Abschluss der Privatisierung des Gesundheitswesens.

Die Labour Party verspricht zwar ein zweites Referendum, eine Wahl zwischen dem Abkommen, das sie mit der EU auszuhandeln hofft, und dem Verbleib in der EU, das entscheiden soll, ob Britannien die EU verlässt oder nicht. Aber das wird die pro-amerikanische Rechte nicht zum Schweigen bringen. Sie wird selbst einen solchen „Labour-Brexit“ als Betrug brandmarkten, weil er das Vereinigte Königreich in der EU-Zollunion belassen würde, mit einem engen Verhältnis zum einheitlichen Binnenmarkt und seinen „gleichen Wettbewerbsbedingungen“. Das würde nicht nur dazu führen, dass das Vereinigte Königreich aggressiven US-Unternehmen keine Grenzen setzt, sondern es auch dazu verpflichten, die Entscheidungen der EU-Mitgliedstaaten zu befolgen, bei denen es kein Mitspracherecht hat.

Darüber hinaus wird ein Labour-Brexit Großbritannien immer noch zum Fokus für die wachsenden Gegensätze der Vereinigten Staaten mit der EU machen, da eine zukünftige Tory-Regierung jederzeit beschließen könnte, die Zollunion zu verlassen.

Das Brexit-Projekt steht unter Kontrolle einer aggressiven Minderheit der Bourgeoisie. Die Geschehnisse vollziehen sich in einer Weltordnung, in der wir in eine Zeit der Neuausrichtung und des Konflikts eintreten, und in der es auch um die Kontrolle über den strategischen Platz Großbritanniens geht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass SozialistInnen das Brexit-Gerangel nur als einen Streit zwischen Bossen verurteilen, der für die ArbeiterInnen unwichtig ist.

Es kann nicht die Aufgabe von SozialistInnen sein, die britischen Bosse zu beraten, welcher Rahmen von Handelsregeln und politischen Beziehungen für sie am vorteilhaftesten ist. Für uns gibt es kein übergeordnetes nationales Interesse, d. h. es gibt kein gemeinsames Interesse zwischen der britischen ArbeiterInnenklasse und der sie beherrschenden Klasse.

Brexit muss im Interesse der ArbeiterInnenklasse auf beiden Seiten des Kanals gestoppt werden. Die Brexit-BefürworterInnen erzielten ihren knappen Sieg, indem sie über die EU als alleinige Ursache für die Schließung oder den Niedergang von Industrien, überlastete Gesundheitsdienste logen und durch die Boulevardpresse offen rassistische Ängste vor der Migration schürten. Sich zu weigern, Partei zu ergreifen oder, schlimmer noch, selbst vor dem Nationalismus zu kapitulieren, würde nur bedeutet, die eigene Niederlage vorzubereiten.

Labour hätte die rassistischen und nationalistischen Vorurteile mit Zähnen und Klauen bekämpfen und die realen wirtschaftlichen und sozialen Probleme in den Bereichen angehen sollen, in denen sie am meisten Einfluss hatte. Jeremy Corbyns Zweideutigkeit zielte jedoch darauf ab, die Minderheit der Labour-WählerInnen für einen Austritt zusammen mit der Mehrheit für Verbleib zu halten. Sie war nicht, wie er behauptete, „kreativ“. Vielmehr war sie destruktiv für die internationale Solidarität, die wir brauchen werden, wenn Labour gewinnt und von der Hochfinanz, der britischen City und der amerikanischen Wall Street angegriffen wird. Wir werden sie noch mehr brauchen, wenn Johnson uns in Trumps Hinterhof führen sollte. Nicht zuletzt beachtete die Zweideutigkeit von Labour die Menschen aus der ArbeiterInnenklasse, die für Brexit gestimmt haben, bei weitem nicht genug, um geduldig mit ihnen zu argumentieren, dass sie falsch lagen und dass die wirkliche Ursache für ihre „abgehängten“ Gebiete, Niedriglöhne und unsicheren Arbeitsplätze vor allem der britische Kapitalismus und nicht nur oder nicht einmal in erster Linie der EU-Kapitalismus war.

Grenzen von Labour

Das Programm der Labour Party muss noch vom „Clause V Committee“, einer Kommission von VertreterInnen der Parlamentsfraktion, der Partei- und Gewerkschaftsführungen und des Schattenkabinetts unter Vorsitz von Corby, beschlossen werden. Labour Campaigns Together, eine Koalition von basisdemokratischen Kampagnen, drängt darauf, dass das Manifest die auf dem Parteitag verabschiedeten politischen Versprechungen – offene Grenzen und ein Ende des rassistischen Einwanderungssystems, den grünen New Deal, den Wohnungsbau usw. – in das Manifest aufnimmt. Dies ist wichtig und würde einen historischen Bruch mit dem Muster des Vorsitzenden und seiner BeraterInnen, der GewerkschaftsführerInnen und der Parlamentsfraktion der Partei bedeuten, die Labour-Politik zu ignorieren, von der sie glauben, dass die WählerInnen sie für unannehmbar halten würden, anstatt sie zur Abstimmung zu stellen. Ein Warnschuss wurde jedoch abgegeben, als die Abgeordnete Diane Abbott sich unmittelbar nach dem Parteitag weigerte, die Entschließung zur Migration zu unterstützen, und sagte, dass Labour „ein neues System von Arbeitsvisa“ für diejenigen einführen würde, die in das Vereinigte Königreich einreisen wollen. Dies ist eine chauvinistische Politik der „britischen Jobs für britische ArbeiterInnen“, die weit davon entfernt ist, die in Großbritannien geborenen ArbeiteInnen zu schützen, sondern den UnternehmerInnen die Peitsche über die MigrantInnen in die Hand geben wird, um Tarifverhandlungen zu untergraben und einen Unterbietungswettbewerb nach unten auszulösen.

Selbst wenn alle fortschrittlichen Parteitagsbeschlüsse enthalten bleiben sollten, würde das Programm der Labour Party, obwohl es das linkeste seit 1974 und 1983 wäre und eine bedeutende Umverteilung der Ressourcen von den Reichen auf die Armen darstellt, dennoch die kapitalistische Kontrolle über die entscheidenden Hebel der Wirtschaft intakt lassen. Mit Ausnahme von kosmetischen Vorschlägen für die ArbeiterInnenvertretung in Aufsichtsräten und einem begrenzten Programm zur Wiederverstaatlichung öffentlicher Versorgungsunternehmen bleiben der Kern der Wirtschaft, das verarbeitende Gewerbe und die Rohstoffindustrie, der private Verkehr, vor allem die Banken und Investmentfonds, in privater Hand. Die Währungs- und Anleihemärkte, die Ratingagenturen wären immer noch in der Lage, eine Labour-Regierung wie in den 1960er und 1970er Jahren „vom Kurs abzubringen“. Der einzige Grund, warum sie es Blair und Brown nicht angetan haben, war, dass es dazu keinen Anlass gab.

Kurz gesagt, die bescheidenen Vorschläge von Labour sind ausdrücklich darauf ausgerichtet, die britische kapitalistische Industrie zu fördern. Ihre zentrale Politik, riesige Summen zur Finanzierung von Investitionen zu leihen, soll für „Geschäftsinteressen“ schmackhaft sein, denn dies ist im Wesentlichen eine Subvention des Staates (und der ArbeiterInnenklasse) an die Privatwirtschaft. Das Nichteingreifen in das private Eigentum der Wirtschaft würde eine von Corbyn geführte Regierung völlig der Gnade von UnternehmeInnen und SpekulantInnen überlassen. Angesichts des auffrischenden Gegenwinds einer internationalen Wirtschaftskrise werden sie absolut keine Absicht zur friedlichen Partnerschaft hegen.

Die Gefahr besteht darin, dass Labour die ArbeiterInnenklasse unvorbereitet und entwaffnet in die großen Klassenkämpfe stolpern lässt, die auf uns zukommen.

Von einer Labour- zu einer ArbeiterInnenregierung

Schon jetzt ist die Form des Labour-Wahlkampfs klar: Er ist eine linkspopulistische Kampagne, die einzelne Bosse wie den Sports Direct-Besitzer Mike Ashley oder SteuerhinterzieherInnen wie Amazon zur Kritik auswählt, ohne den Konkurrenzkampf um den Profit zwischen den Bossen als solchen anzugreifen, der die Grundlage des kapitalistischen Systems bildet. Das ist das ultimative Gesetz, das ihr rücksichtsloses Verhalten, ihren ständigen Druck auf Löhne, Bedingungen und Arbeitsplätze als Teil ihres Überlebenskampfes rechtfertigt.

Die Realität sieht so aus: ArbeiterInnen werden in einer Firmenkette oder einem multinationalen Unternehmen, die/das von widerwärtigen und medienhungrigen MilliardärInnen geleitet wird, ausgebeutet. Tausende mehr befinden sich in genau der gleichen Situation in Leicesters Bekleidungsfabriken, bei den Reinigungskräften in Regierungsabteilungen oder NullstundenarbeiterInnen bei den britischen Eisenbahnen.

Die Rücksichtslosigkeit oder den Mangel an Mitgefühl eines/r bestimmten ChefIn aufzudecken, ist gute Agitation, aber kein Ersatz für ein ernsthaftes antikapitalistisches Programm, das darauf abzielt, die Tyrannei des Privateigentums durch Gemeineigentum zu ersetzen. Wir brauchen ein Programm, das das Profitstreben in der Produktion unterdrückt, um das zu produzieren, was die Gesellschaft braucht. Ein Programm, das die räuberische Ausbeutung und Verschmutzung unserer natürlichen Umwelt durch die Planung zur Nutzung und Verteilung der Ressourcen unseres Planeten stoppt.

Dennoch müssen wir uns bewusst sein, dass das Reformprogramm von Labour, so bescheiden es auch im historischen Vergleich sein mag, für die britische KapitalistInnenklasse in ihrer jetzigen Position völlig inakzeptabel ist. Sie werden ihren vierzigjährigen Angriff auf die Zugeständnisse, die in der Nachkriegsperiode an die ArbeiterInnenklasse gemacht wurden nicht aufgeben, angetrieben von der Notwendigkeit, unrentable Industrien zu zerstören und neue Märkte für Gewinne – wie das Gesundheitswesen – zu erschließen, „nur“ weil es eine Klimakrise gibt. Die Rahmenbedingungen für die neoliberale Offensive haben sich nicht grundlegend verändert. Tatsächlich haben die Krise von 2008 und ihre Folgen sie verschärft.

Eine Labour-Regierung wird mit der Behinderung, Sabotage und nackten Aggression seitens der Gesamtheit der kapitalistischen Klasse, ihrer Medien, ihrer Verbündeten in den Sicherheits- und Militäreinrichtungen und nicht nur einiger weniger Einzelpersonen oder US-Unternehmen konfrontiert sein. Es wird keine einfachen Siege geben, ob moralisch oder, was noch wichtiger ist, in materieller Hinsicht und durch die Erringung gesellschaftlicher Kontrolle.

Für den Sieg bei dieser Wahl zu kämpfen, bedeutet sicherlich, die gesammelte Erfahrung in den Bereichen WählerInnenregistrierung, Haustürbesuche, WählerInnenmobilisierung zu nutzen und die Menschen nicht nur an das zu erinnern, was die Tories getan haben, sondern auch an die kriminelle Verantwortung der Liberalen für die Sparpolitik. Mehr noch, es muss auch eine Kampagne sein, die die Menschen darauf vorbereitet, eine linke Regierung nach ihrer Wahl unter Druck zu setzen und gegen die herrschende Klasse zu verteidigen.

Das bedeutet eine Massenkampagne, nicht nur im Sinne von Massenwerbung, sondern auch, in den Massen das politische Bewusstsein, die Aufgewecktheit für die Aufgaben und das Vertrauen in ihre gemeinsame Stärke zu nähren. Wie wir 2017 gesehen haben, können die traditionellen Methoden der Massenaktion: große Kundgebungen, die von den Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in den großen Zentren der ArbeiterInnenklasse unterstützt werden; politische Massenversammlungen in den Gemeinden und Wohnvierteln der ArbeiterInnenklasse, um Labours Programm, seine Umsetzung und die Ausrichtung der Kampagne zu diskutieren, wirksam funktionieren.

Anstelle einer populistischen Kampagne, die die Illusion eines regulierten Kapitalismus verbreitet, sollte Labour seine Kampagne für eine „grüne industrielle Revolution“, also die Durchsetzung ökologischer Nachhaltigkeit, ernst nehmen. Das bedeutet, die notwendigen antikapitalistischen Maßnahmen in einer Kampagne zu fördern, die den Kapitalismus als Feind und den Sozialismus als Lösung bezeichnet.

Labours Programm hängt hauptsächlich von der Kreditaufnahme bei den Banken und Weltfinanzinstituten ab. Ein kurzer scharfer Investitionsstreik, Kapitalflucht, ein Run auf das Pfund, eine Medienoffensive, bei der prominente Parlamentsabgeordnete der Labour Party zitiert werden, um ihre AnhängerInnen zu demoralisieren und zu desorientieren, und das unvermeidliche Gemurmel von ungenannten „Quellen“ im Sicherheitsestablishment, das sind die bewährten und vertrauten Waffen aus dem Arsenal der herrschenden Klasse, mit denen sie versuchen werden, eine Labour-Regierung in die Schranken zu verweisen.

Als Reaktion darauf muss eine Labour-Regierung Kapitalkontrollen einführen, die eine Verstaatlichung und ArbeiterInnenkontrolle der Banken und Finanzinstitute erfordern; ArbeiterInnenkontrolle über die Fernseh-, Druck- und Online-Medien; die Verstaatlichung von Unternehmen, die sich der Regierung widersetzen; und die Inspektion der Geschäftsgeheimnisse, die in den Computern ihrer ChefInnen enthalten sind. Bisher waren wir auf den Mut einzelner InformantInnen angewiesen. Was wir brauchen, ist ein umfassender Kampf um  ArbeiterInneninspektion; die Forderung, dass die ChefInnen ihre Bilanzen in der Industrie, den Banken und den großen Einzelhandelsketten offenlegen.

Solche Maßnahmen gehen von der Massenmobilisierung zur Verteidigung der Maßnahmen der Labour Party aus, aber dazu bedarf es der Aufdeckung dessen, was die KapitalistInnen planen, der Bekämpfung ihrer Sabotage mittels ArbeiterInnenkontrolle und, wann immer sie aufgedeckt wird, der Forderung, dass die Unternehmen und das Privatvermögen der Schuldigen beschlagnahmt und für das öffentliche Wohl eingesetzt werden.

Nicht zuletzt sollte man nicht vergessen, dass kurz nach der Wahl von Jeremy Corbyn zum Labour-Vorsitzenden ein „hochrangiger General“ der „Sunday Times“ sagte, dass die Armee „alle möglichen, fairen oder schmutzigen Mittel einsetzen würde“, um zu verhindern, dass ein „Einzelgänger“ für die Sicherheit des Landes verantwortlich ist. „Die Armee würde das nicht zulassen…..man würde mit der sehr realen Aussicht auf ein Ereignis konfrontiert, das tatsächlich eine Meuterei wäre.“

Seitdem hat Corbyn sein früheres Versprechen fallengelassen, das Atomwaffenprogramm Trident aufzugeben und die britische Nato-Mitgliedschaft in Frage zu stellen. Die Generäle verabscheuen Corbyn und seinen Vize McDonnell und betrachten ihre früheren Anti-Kriegsaktivitäten als einfachen Verrat.

Deshalb sollte die ArbeiterInnenbewegung ernsthaft darüber nachdenken, wie sie sich der Erpressung durch das Militär widersetzen kann, wie sie sicherstellen kann, dass sich die einfachen SoldatInnen weigern, bei einer Meuterei von OffizierInnen jeglicher Art Schachfiguren zu spielen, ja wie man sie für die Seite einer ArbeiterInnenregierung gewinnen kann.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Umwandlung einer Labour-Regierung in eine echte ArbeiterInnenregierung die Mobilisierung der Gewerkschaften und ganzer ArbeiterInnenklasse erfordert, um eine Gegenmacht zum kapitalistischen Staat aufzubauen und ihn durch einen zu ersetzen, der auf der ArbeiterInnenklasse und ihren Organisationen – ArbeiterInnenräten, Milizen, SoldatInnenräten – fußt und diesen Rechenschaftspflicht ist. Dazu müssen diese bestehenden Organisationen der Klasse selbst gründlich demokratisiert werden, um die bürokratische Trägheit und die reformistische Strategie zu überwinden, die sie passiv und untätig lässt. Schließlich wird ein solcher Machtkampf gegen die herrschende Klasse in Britannien die Solidarität und Hilfe unserer Schwestern und Brüder in Europa erfordern, damit wir gemeinsam mit ihnen ein sozialistisches Europa schaffen können, als unseren ersten Beitrag zur sozialistischen Welt, der den Beginn der Zukunft der Menschheit einläuten wird.

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