Wie weiter im Kampf gegen den Pflegenotstand?

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Mai 2019, Infomail 1053, 3. Mai 2019

An Wochenende des 4./5 Mai treffen
sich diverse Pflegebündnisse, die sich landauf landab gegründet haben zur
Unterstützung der KollegInnen – insbesondere des Pflegepersonals -, die für die
Durchsetzung von Tarifverträgen für ausreichend Personal in den Krankenhäusern
kämpfen.

Nach nunmehr 3 Jahren Kampf an
den Kliniken müssen wir feststellen, dass sich an den miserablen
Pflegebedingungen dort nichts Wesentliches geändert hat, der Pflegenotstand
existiert weiter,

  • auch wenn in 13 Krankenhäusern – allesamt
    Unikliniken – Tarifverträge oder schuldenrechtliche Abkommen für mehr Personal
    durchgesetzt werden konnten. In allen Krankenhäusern lässt sich jedoch
    feststellen, dass die erkämpften Stellen von den Krankenhausleitungen nicht
    eingerichtet werden, sie erfinden allerlei Tricks, um die Regelungen zu
    umgehen;
  • auch wenn Gesundheitsminister Spahn mit einigen
    gesetzlichen Regelungen auf den gesellschaftlichen Druck reagieren musste – zum
    einen mit dem sog. Pflegepersonalstärkungsgesetz und der
    Personaluntergrenzenverordnung. Keine dieser Regelungen hat bisher zu einer
    Milderung der miserablen Personalsituation in den Krankenhäusern geführt.

Schon diese kleine Bilanz des
Kampfes um mehr Personal zeigt, dass es an diesem Wochenende darum gehen muss zu diskutieren, welchen Beitrag die Pflegebündnisse leisten
können, um die Durchsetzung von mehr Personal an den Kliniken auch tatsächlich
Realität werden zu lassen.

Dabei geht es aus unserer Sicht
vor allem um drei Fragestellungen:

  • Wie kann der große gesellschaftliche Druck – der
    mit den 100.000en von Unterstützungsunterschriften für die Volksbegehren gegen
    Pflegenotstand in Berlin, Hamburg, Bremen und Bayern zum Ausdruck kam – mit den
    gewerkschaftlichen Kämpfen für mehr Personal in den Krankenhäusern verbunden
    werden?

Erst wenn die Kämpfe in den
Krankenhäusern und der Wille der großen Mehrheit der Lohnabhängigen,
RentnerInnen und Jugendlichen, die eine gute Gesundheitsversorgung brauchen,
zusammengeführt werden, wird es möglich sein, tatsächliche Schritte in Richtung
einer bedarfsgerechten Personalausstattung in allen – ob öffentlich
finanzierten oder privatwirtschaftlich organisierten – Krankenhäusern
durchzusetzen. D. h. ein politischer Kampf, ein politischer Massenstreik
bis hin zum Generalstreik ist notwendig, um eine bedarfsgerechte
Personalausstattung in den Krankenhäusern durchzusetzen, und zwar gegen den
Willen der Klinikleitungen, der großen Gesundheitskonzerne und der Regierungen,
die es erst möglich gemacht haben, dass die Krankenhäuser nach Profitinteressen
und nicht nach dem wirklichen Pflegebedarf der PatientInnen und entsprechend
guten Arbeitsbedingungen für das Personal ausgerichtet wurden.

  • Wie kann die Diskussion in ver.di und in den
    Belegschaften forciert werden, die gesamte Kraft aller Belegschaften aller
    Krankenhäuser in den Kampf um eine bedarfsgerechte Personalausstattung in den
    Krankenhäusern zu führen?

Dass der Druck aus den
Belegschaften für mehr Personal nach wie vor existiert, zeigt der Beschluss des
Bundesvorstandes des Fachbereichs 03 in ver.di vom Oktober letzten Jahres: Hier
wird gefordert, die ver.di-Kampagne Entlastung/mehr Personal in den
Krankenhäusern fortzuführen und auf weitere Krankenhäuser auszuweiten. In dem
Papier werden Kriterien aufgezählt, die notwendig sind, um eine Belegschaft
durchsetzungsfähig zu machen. Trotz dieses begrüßenswerten Beschlusses
existiert nach wie vor das Manko, das von Anfang an diese Kampagne belastet
hat: Die ver.di-Verantwortlichen beziehen nach wie vor nur vereinzelte Belegschaften
aus den Krankenhäusern in den Kampf mit ein, die sich dann isoliert mit ihrem
Management auseinandersetzen dürfen. Notwendig und sinnvoll wäre es aber, wenn
der ver.di-Bundesvorstand und die ver.di-Verantwortlichen jetzt die
Initiative ergreifen würden, Schritt für Schritt alle Krankenhäuser gemeinsam,
zum gleichen Zeitpunkt und bundesweit in die Streikbewegung einzubeziehen, um
bundesweit eine einheitliche Vereinbarung durchsetzen zu können. Jede
gewerkschaftliche Erfahrung zeigt – nicht zuletzt der derzeitige Druckerstreik
für den Erhalt des bundesweiten Manteltarifvertrages -, dass die Einbeziehung
möglichst aller Belegschaften in den Kampf erst die Bedingungen dafür schafft,
ihre Forderungen gegen den Willen der Geschäftsführungen durchzusetzen.

  • Wie kann die Diskussion in ver.di und in den
    Krankenhäusern, in denen Tarifverträge oder schuldenrechtliche Abkommen
    durchgesetzt werden konnten, forciert werden um die Frage: welches
    Instrumentarium brauchen die Belegschaften, damit die durchgesetzten neuen
    Stellen auch tatsächlich eingerichtet werden, und wie kann dieses durchgesetzt
    werden? Solange das Klinikmanagement entscheidet und nicht das Personal, wird
    sich an der Stellensituation nichts Wesentliches ändern.

Was tun?

Ein erfolgreicher Kampf für mehr Personal und für eine bedarfsgerechte Ausstattung der Krankenhäuser ist möglich und dringend notwendig!

Ein Schritt in Richtung einer
gemeinsamen Mobilisierung aller Belegschaften aus allen Krankenhäusern ist
sicherlich die Mobilisierung von ver.di zu der alljährlich stattfindenden
GesundheitsministerInnenkonferenz, dieses Jahr am 5. Juni in Leipzig. Wie stark
diese Demonstration wird, hängt einerseits vom Druck der Belegschaften in den
Krankenhäusern selber und andererseits von der Stärke der Pflegebündnisse ab,
um ver.di stärker als in den letzten Jahren unter Druck zu setzen, dies als
eine gemeinsame Aktion aller Krankenhausbeschäftigten anzugehen.

Ein Schritt in Richtung einer
gemeinsamen Mobilisierung aller Belegschaften aus allen Krankenhäusern mit
den Lohnabhängigen, RentnerInnen und Jugendlichen wäre, dass das Treffen der
Pflegebündnisse die Initiative für eine bundesweite Demo gegen Pflegenotstand
an einem Samstag im Herbst ergreift.

Zur Vorbereitung und
Organisierung einer solchen Demonstration sollten unserer Meinungen  nach alle politischen und
gewerkschaftlichen Organisationen aufgefordert werden, die die Beschäftigten
und die Masse der PatientInnen im Gesundheitswesen organisieren: ver.di, IG
Metall, SPD, DIE LINKE, PatientInnnenorganisationen, Marburger Bund, Verein
demokratischer Ärzte und Ärztinnen, …..

Die Pflegebündnisse können einen
Startschuss dafür geben, indem sie zu einer Aktionskonferenz aufrufen, an der
alle Organisationen, die die Belegschaften, PatientInnen und Lohnabhängigen
vertreten oder sich auf deren Interessen berufen, teilnehmen sollen. Diese
Aktionskonferenz hätte die Aufgabe eine solche Demo vorzubereiten und
durchzuführen – und damit den Kampf gegen den Pflegenotstand weiter zu bündeln.