Tarifrunde Druckindustrie: Durchsetzungsstreiks für den Erhalt des Manteltarifvertrags!

Helga Müller, Infomail 1051, 19. April 2019

Am Dienstag, dem 16. April, traten die
streikenden KollegInnen der Druckindustrie aus Bayern in München auf dem
Marienplatz zu einer öffentlichen Streikversammlung zusammen. Aufgerufen zu
Solistreiks zur Unterstützung der DruckerInnen waren auch RedakteurInnen und
Angestellte der Zeitungsverlage aus ganz Bayern, aus dem Konzern der
Süddeutschen Zeitung auch die KollegInnen eines Buchverlages. Insgesamt versammelten
sich ca. 500 KollegInnen auf dem Marienplatz. Die Stimmung war kämpferisch und
man konnte auf dem Platz förmlich spüren, dass der Kampfesmut ungebrochen ist.

Parallel zogen in Essen 250 streikende
KollegInnen der Druckindustrie aus Nordrhein-Westfalen durch die Innenstadt.

Es geht um viel: Der Bundesverband Druck und
Medien (bvdm) bläst in dieser Tarifrunde zu einem Frontalangriff auf den lang und hart erkämpften Manteltarifvertrag
(MTV) der DruckerInnen – wie schon einmal im Jahr 2011. Laut ver.di würden die
Forderungen des bvdm einen Lohneinbruch und damit Kostensenkungen im
Personalbereich von 30 %
bedeuten!

Im Einzelnen möchte der bvdm folgendes
durchsetzen:

  • Verlängerung der Arbeitszeit von 35
    Stunden auf bis zu 40 Stunden proWoche – das ist nichts anderes als
    Personalabbau und Mehrbelastung für die „übriggebliebenen“ KollegInnen
  • Ersatzlose Streichung der Regelungen zur
    Maschinenbesetzung – auch dies bedeutet Personalabbau und Mehrbelastung
  • Aufgabe des FacharbeiterInnenschutzes
    für DruckerInnen durch die Besetzung mit anderen Fachkräften – das ist
    nichts anderes als Lohnabbau
  • Kürzung der Zuschläge für Wochenend- und
    Nachtarbeit – Lohnabbau
  • Abschaffung der Erschwerniszulage für
    Sonn- und Feiertagsarbeit – Lohnabbau
  • Kürzungen der Jahresleistung und des
    Urlaubsgeldes – Lohnabbau
  • Durchsetzung von betrieblichen
    Öffnungsklauseln im MTV zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für
    Neueingestellte, die auch auf Altbeschäftigte angewendet werden können:
    Einführung des Samstags als Regelarbeitstag, Arbeitszeitverlängerung ohne
    Lohnausgleich, Kürzungen bei den Zuschlägen und dem Urlaubs- und
    Weihnachtsgeld.

Damit würden die Konflikte auf die
Betriebsebene verlagert – dies würde die Beschäftigten in eine schwächere
Position bringen, weil die Belegschaften Betrieb gegen Betrieb ausgespielt
werden könnten.

Aber das reicht den
DruckunternehmerInnen immer noch nicht!

Auch was das Entgelt angeht, will die
Druckindustrie einen Durchbruch erzielen und einen Reallohnverlust durchsetzen.
Ihr „Angebot“: 2,4 Prozent ab April 2019 und 1,4 Prozent ab April 2020 sowie
400 Euro als Einmalzahlung für 7 Nullmonate bei einer Laufzeit von 30 Monaten!
Und das auch nur, wenn der MTV verschlechtert wird. Dieses „Angebot“ stellt
noch nicht einmal einen Inflationsausgleich dar!

Seit Oktober letzten Jahres sind die
KollegInnen der Druckindustrie in mehreren mehrtägigen Warnstreikwellen für den
Erhalt des MTV und für eine reale Erhöhung ihrer Löhne aktiv. Vor allem in
Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hat sich die Streikwelle
ausgedehnt – auch sogenannte OT-Betriebe (Druckereien ohne Tarifbindung, die
aber noch Mitglied im Arbeit„geber“Innenverband sind) konnten in die
Streikwelle einbezogen werden. Dieser Druck – es geht um einen der am längsten
bestehenden MTVs in der Bundesrepublik – hat dazu geführt, dass die seit
Dezember bestehende Blockadehaltung des bvdm durchbrochen werden konnte und er
am 9. April wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren musste.

Die vielen Reden der Streikenden aus den
verschiedenen Druckereien des Landes machten deutlich, dass die
Kampfbereitschaft ungebrochen ist und die KollegInnen verstanden haben, was der
bvdm will: eine grundsätzliche Veränderung des Kräfteverhältnisses zu seinen
Gunsten, in einem Bereich der noch sehr gut organisiert und kampfstark ist.

Auch der Verhandlungsführer von ver.di, Frank
Werneke (designierter Nachfolger von ver.di Chef Bsirske), hielt eine
kämpferische Rede. Auch er konnte nicht umhin, immer wieder zu betonen, dass
der Kampf für einen 100-prozentigen Erhalt des Manteltarifvertrages noch nicht
zu Ende ist und dieser ausgeweitet werden wird, bis der MTV ohne Abstriche
wieder in Kraft tritt – was mit tosendem Beispiel quittiert wurde. Auch wenn
die Streikfähigkeit im Osten und Norden der Bundesrepublik nicht so stark ist
wie im Süden und Westen, blieb er aber die einzige Antwort, die auf eine solche
Provokation gegeben werden muss, schuldig – nämlich sofortige Urabstimmung für
unbefristete Durchsetzungsstreiks und Fortführung der Solistreiks in der
Zeitungsbranche. 

Am 2. Mai finden die nächsten Verhandlungen
auf Bundesebene mit dem bvdm statt. Ob der Druck der vielen Warnstreiks, die
ungebrochen weitergehen, ausreichen wird, um den bvdm von seinem Vorhaben, die
KollegInnen für seine Krise zahlen zu lassen, abzubringen, wird sich dann
spätestens herausstellen.

  • Durchsetzungsstreiks für den Erhalt des Manteltarifvertrags und die volle Durchsetzung der geforderten 5 % Lohnerhöhung!
  • Alle KollegInnen der Zeitungsverlage an die Seite der KollegInnen aus der Druckindustrie