Frauen in LGBTQ+-Zusammenhängen

Flora, REVOLUTION Österreich, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 7,
März 2019

Innerhalb einer Gesellschaft, die von Unterdrückung und Ausbeutung
profitiert, erfahren Frauen viel Sexismus, von Alltagsdiskriminierung bis hin
zu gewalttätigen schweren frauenfeindlichen Übergriffen. Aber auch innerhalb verschiedener Gemeinschaften, die
sich der Diversität verschrieben haben wie z. B. der LGBTQ+-Community,
hören Sexismus und die Unterrepräsentation von Frauen nicht einfach auf. Auf
diese Problematik wird in diesem Artikel eingegangen.

Warum werden
Mitglieder der LGBTQ+-Community unterdrückt?

Im Kapitalismus wird das Idealbild der bürgerlichen
Kleinfamilie propagiert. Diese ist in Büchern, Filmen oder Werbung stets
präsent und auf gesetzlicher Ebene bevorteilt. Dies liegt daran, dass diese
Form der Familie mehrere Funktionen erfüllt. Während sie für die herrschende
Klasse die Weitergabe von Besitz durch Vererbung klärt, dient sie für die
Arbeiter*Innenklasse als Ort zur Reproduktion. Das ist für die Kapitalist*Innen
sehr günstig – denn sie müssen die Kosten für die Arbeit der Essenszubereitung,
beim Wäsche Waschen, der Kindererziehung oder auch der emotionalen Arbeit nicht
bezahlen. Die Rolle der Frau ist dabei sehr klar, sie kümmert sich um den
Nachwuchs und verrichtet unbezahlte Hausarbeit. Immer noch ist der Großteil der
in Teilzeit Beschäftigten Frauen und sie können somit nicht in finanzieller
Unabhängigkeit leben. Gerade durch diese Doppelbelastung ist es ihnen erschwert,
sich zu organisieren und Räume für sich einzunehmen. Angehörige der LGBTQ+-Community
werden deswegen abgelehnt, da sie dieses Konzept der bürgerlichen Kleinfamilie objektiv
infrage stellen. Sie produzieren entweder keinen Nachwuchs und tragen so nicht
zur Systemerhaltung bei oder stellen durch ihr Zusammenleben die klassische geschlechtliche
Arbeitsteilung in Frage.

Doch wie
äußert sich diese Unterrepräsentierung?

In der Gesellschaft allgemein wird die weibliche Sexualität so
dargestellt, dass sie zur Befriedigung der männlichen Lust dient. Das führt
beispielsweise dazu, dass lesbische Orientierung nicht ernst genommen, nur als „Phase“ abgetan wird, während man
Bisexualität als „Plus“ für Männer darstellt. Darüber hinaus wird nicht wenigen jungen Mitgliedern der LGBTQ+-Community
abgesprochen, dass sie in jungen Jahren bereits über ihre Geschlechtsidentität
und zu wem sie sich hingezogen fühlen, Bescheid wissen können. Frauen hören
zudem nicht selten Aussagen wie, sie hätten ja nur noch nie richtig guten Sex
mit einem Mann gehabt, oder werden auf andere Arten sexualisiert. So ist es kein Wunder, dass es wenige Darstellungen
von homo- oder bisexuellen Frauen gibt. Beispielsweise zeigt die 2017
veröffentlichte Studie „Media, Diversity & Social Change Initiative“ der
USC Annenberg School for Communication and Journalism (Los Angeles), dass von
den 100 populärsten Filmen Hollywoods 2016, in denen 4.544 Charaktere
ausgewertet wurden, nur 51 (1,1 %) LGBTQ+- Charaktere waren. Von diesen
waren 36 schwule Männer, 9 Lesben und 6 bisexuell. Keine Transgenderperson kam
in diesen Filmen vor. Auch zu erwähnen ist, dass 79,1 % weißer Hautfarbe
waren und nur 20,9 % unterrepräsentierten Gruppen angehörten. Dies könnte
mitunter daher kommen, dass in dem Zeitraum von 9 Jahren, in denen die Studie geführt wurde, nur 4,1 % der
Produktionen von Regisseurinnen geleitet wurden. Das ist ein Grund warum immer
nur der männliche Blickwinkel auf die verschiedensten Themen gezeigt wird.
Daneben haben Produktion und Filmförderung kein Interesse daran, eine
authentische Repräsentation von diskriminierten Gruppen zu zeigen, weil sie
keinen profitablen Absatzmarkt darin sehen. Dies sind nur einige Zahlen aus der westlichen Filmindustrie. Ähnliche
Zahlen gibt es auch in der Kunst- und Musikszene. Besonders treffen diese mangelnden Darstellungen Transfrauen und Women of Colour. Ihnen wird der
Zugang zum Gesundheitssystem erschwert, teilweise sogar verwehrt. Auch in
vielen anderen Lebensbereichen werden sie diskriminiert und die Lebenserwartung
von zum Beispiel Transwomen of Colour in den USA wird auf 35 Jahre geschätzt.

Warum ist
das so?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind in unserer
Gesellschaft weiße, heterosexuelle Cismänner (also Menschen, die männlich
geboren wurden und sich auch so fühlen) privilegiert. Zwar erfahren Männer aus
der Arbeiter*Innenklasse Unterdrückung, da sie ihre Arbeitskraft verkaufen
müssen. Gleichzeitig haben sie es in vielen Punkten einfacher, da sie nicht von
anderen Diskriminierungen betroffen sind. So ist es kein Wunder, dass homo-
oder bisexuelle Männer in der LGBTQ+-Community ebenfalls präsenter sind, da
Unterdrückungsmechanismen nicht einfach verschwinden, nur weil man sich in
einer politischen Organisation oder einer Community befindet.

Wie mehr Gehör zu verschaffen?

Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass man in Organisationen
Strukturen und Mechanismen schaffen muss, die mit existierender Unterdrückung
umgehen. So ist das Caucusrecht eine Möglichkeit für gesellschaftlich
Unterdrückte, sich gesondert von der Organisation zu treffen, um Probleme und
politische Ideen in einem geschützteren Rahmen diskutieren zu können. In diesen
können auch LGBTQ*-spezifische Themen besprochen und ausgearbeitet werden.
Daneben bedarf es aber auch anderer Mittel wie quotierter Redner*Innenlisten
oder gezielter Förderung von Frauen durch Entlastung von technischen Aufgaben. Aber auch die Auseinandersetzung mit männlicher
Sozialisierung, tradierten Rollenbildern und einer kritischen Reflexion der
heteronormativen Zweierbeziehung gehört dazu. Aber nachdem sich die
Unterdrückung von Frauen auf den Kapitalismus und die historisch gewachsene
Rolle der Frau in der Familie zurückführen lässt, kann auch die
Unterrepräsentation von queeren Frauen nicht aus dem Kontext genommen und erst
recht nicht gelöst werden, ohne etwas an den Herrschaftsverhältnissen zu
ändern. Für die Befreiung der Frau ist die Zerschlagung der Vorherrschaft des
Mannes über Frauen, diese wird von patriarchalen Strukturen gestützt,
unabdingbar. Dies kann nur durch eine Revolution durch das Proletariat erreicht
werden, in der die Frauen in vorderster Reihe kämpfen. Denn letztlich kann nur
durch die Zerschlagung des kapitalistischen Systems und die Errichtung einer
klassenlosen Gesellschaft die komplette Befreiung aller unterdrückten Menschen
erreicht werden.

  • Für rechtliche und sonstige Gleichstellung sowie Freiheit der Ausübung aller Formen der Sexualität! Verbot der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung!
  • Zurückdrängung aller Formen von Rollenklischees, Diskriminierung und Ausgrenzung in der Jugend und innerhalb der Arbeiter_innenklasse! Für Caucusrechte von Unterdrückten und angemessene Aufklärung über LGBTQ+-Orientierung an Schulen, Unis und Betrieben!

LGBTQ+: Steht für Lesbian, Gay, Bisexuell, Trans und Queer. Das Plus symbolisiert alle Menschen, die sich mit keinem der genannten Begriffe identifizieren können, aber ein/e Teiler*In der Community sind, zum Beispiel Non-Binary oder Asexual.