Proteste gegen den Nazifackelmarsch in Pforzheim

Martin Eickhoff, Infomail 1044, 1. März 2019

Der extrem rechte Kreis „Ein Herz für Deutschland e. V.“ um den ehemaligen Republikaner Silvio Corvaglia missbrauchte heuer schon zum 25. Mal die Bombardierung von Pforzheim, um zu einer „Fackelmahnwache“ aufzurufen und einen weiteren Opfermythos zu beschwören. Die vom deutschen Faschismus entfesselten Kriege, der Holocaust und die Bedeutung der Rüstungsindustrie in Pforzheim werden von den Nazis nicht thematisiert. Stattdessen verbreiten sie frech ihre geschichtsrevisionistischen Thesen. Pforzheim stellt heute außerdem eine Hochburg rechter Parteien dar. Bei der letzten Landtagswahl konnte die rechtspopulistische AfD ein Direktmandat erreichen. Insgesamt nahmen knapp über 100 FaschistInnen am rechten Spuk teil, darunter die Nazioma Edda Schmidt und Menschen vom gewaltbereiten „Heidnischen Sturm“.

GenossInnen der Gruppe ArbeiterInnenmacht unterstützten aktiv den
Gegenprotest. Erstmals gab es in diesem Jahr zwei Gegendemonstationen: einmal
eine eher gewerkschaftlich dominierte, einmal eine aktivistischere.

Bei der Auftaktkundgebung sprachen VertreterInnen der „Initiative
gegen Rechts“ und von „Nicht lange fackeln“. Dann setzten sich um die 100
Menschen in Richtung Marktplatz in Bewegung, wo die örtliche Regionssekretärin
des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Kreisverbände Pforzheim/Enzkreis und
Karlsruhe Land) Susanne Nittel für ein „buntes und tolerantes Pforzheim und
Europa“ warb.

Begleitet von einer Abordnung der Uniformierten zog der größere Teil
der am Bahnhof Versammelten lautstark und ohne Zwischenfälle durch die
Pforzheimer Nordstadt zügig zum Wartberg. Vor dem Hotel Hasenmayer, an dem eine
Zwischenkundgebung angekündigt wurde,  hatten antifaschistische Kräfte aus Stuttgart ein Zelt
aufgebaut, um kostenlos warme und kalte Getränke sowie Verpflegung anzubieten.

Die Demonstrierenden ließen sich jedoch nicht weiter aufhalten und die
meisten TeilnehmerInnen liefen zügig hoch zum Wartberg. Andere versuchten, sich
in kleinen Gruppen auf anderen Wegen dem Aufmarschort der Neonazis zu nähern. Am
Wartberg versuchten einige linke DemonstratInnen, die Absperrgitter zu überwinden,
um sich den Nazis entgegenzustellen, wurden aber von den Bullen zurückgedrängt.

Pünktlich zu Beginn der faschistischen Veranstaltung um 19:47 Uhr
mit einer geplanten Schweigeminute setzten lautstarke Proteste und kleinere
pyrotechnische Aktionen ein, die den Ablauf des faschistischen Treibens etwas
störten. Eine Attraktivität für andere rechte Kreise entwickelt das jährliche
Treiben, u. a. durch diese Umstände bedingt, bislang nicht.

Eindeutig stärkste Kraft in Protzheim war jedenfalls die
Staatsgewalt. In diesem Jahr schützten annähernd 1.000 PolizistInnen mit Pferden,
Hunden und auch Wasserwerfern die FaschistInnen.

Insgesamt war die TeilnehmerInnenzahl von antifaschistischer Seite
leider gering, obwohl die Demo am Samstagabend stattfand. Über Protest und Demo
hinausgehende Aktionen erfolgten kaum, so dass der Protest am polizeilichen
Absperrgitter mit dem Rufen von Parolen endete – zumal angesichts des
Kräfteverhältnisses auch wenig anderes möglich war. Festnahmen und harte
Polizeigewalt wie in den letzten Jahren gab es jedoch dieses Mal nicht. Dafür
wurde die „Harmlosigkeit“ der Demonstration von der Polizei über Twitter sogar
ausdrücklich gelobt – ebenso wie von der örtlichen Presse.

Angesichts der geringen Zahl von AntifaschistInnen war die
Durchführung zweier Demozüge umso problematischer. Mit geteilten Kräften war an
diesem Tag erst recht wenig zu erreichen. Die massive Polizeipräsenz stellt
freilich keinen Grund zur Entwarnung dar, sondern sollte vielmehr auch zu
denken geben. Schließlich sichert sie den Nazis nicht nur ihr
Demonstrationsrecht. Sie soll zugleich auch auf den antifaschistischen Kampf demobilisierend
wirken, indem sie bei politisch weniger Bewussten Illusionen in den
Staatsapparat selbst erzeugen soll, den kämpferischen AntifaschistInnen
hingegen wenig mehr als eine Latschdemo ohne größere Wirkung erlaubt. Während
die Bullen gegen eine winzige Splittergruppe der Nazis scheinbar „Härte“
zeigen, geht der Rechtsruck in der Gesellschaft weiter mit neuen
Polizeibefugnisgesetzen und rassistischer Abschottung. Genau diese
Zusammenhänge hätten in Pforzheim thematisiert werden müssen – und genau das versäumten
DGB und andere OrganisatorInnen.