Aktionskonferenz gegen den Pflegenotstand notwendig!

Anne Moll/Helga Müller/Jürgen Roth, Neue Internationale 234, Dezember 2018/Januar 2019

Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ (KsF) hatte für den 19.-21. Oktober 2018 zu einer Konferenz gegen die Politik der „,Ökonomisierung‘ des Gesundheitswesens und welche Alternative gibt es zum Fallpauschalensystem?“ eingeladen. Es waren ca. 80 TeilnehmerInnen aus den lokalen Bündnissen, aber auch hauptamtliche wie ehrenamtliche ver.di FunktionärInnen aus den Krankenhäusern vor allem aus Baden-Württemberg vertreten. An politischen Organisationen waren IL (vor allem aus dem regionalen Bündnis) und SAV (Charité Berlin) stark repräsentiert.

Stuttgart

Organisiert und politisch dominiert war das Ganze vom linken ver.di-Apparat aus Baden-Württemberg, ÄrztInnen aus Marburger Bund und VdÄÄ (Verein demokratischer Ärzte und Ärztinnen). KsF versteht sich offensichtlich als eine Art Lobby, um Druck auf die Entscheidungsträger ausüben zu können. Ihm geht es nicht um größere Aktionen, sondern um richtige Analysen und Argumente. Das lässt der linke Apparat noch zu und auf dieser Ebene kommt man mit ihm auch nicht in Konflikt!

Von den Aktionen her orientiert man sich sehr stark an den bereits „gesetzten“ Terminen. Auf dem Abschlussplenum gab es dann eine längere Diskussion um die Frage  einer Großdemo mit den Forderungen „verbindliche Personalbemessung, weg mit DRGs, gegen Privatisierung“ am besten am Wochenende, um auch die arbeitende Bevölkerung miteinbeziehen zu können, oder anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) in Leipzig, die durch VertreterInnen von ISO und Gruppe ArbeiterInnenmacht in einer Arbeitsgruppe eingebracht worden waren. Dieser Vorschlag wurde zunächst vom Präsidium gar nicht aufgenommen, dann von diversen ver.di-FunktionärInnenabgelehnt und ins Lächerliche gezogen. Diese richtige Initiative, um auch die Notwendigkeit zu betonen, einen politischen Kampf gegen Privatisierung und Fallpauschalen zu beginnen, wurde nur von wenigen verteidigt. Die SAV z. B. nahm lediglich eine Zwischenposition ein und versuchte, zwischen den beiden Polen zu vermitteln, damit der Konflikt nicht zu sehr eskalierte.

Hamburg

Das Hamburger Bündnisfür mehr Personal im Krankenhaus hatte für den 10./11. November bundesweit alle gleichartigen Initiativen eingeladen. Der Einladung zum 3. Treffen überhaupt folgten ca. 60 Menschen aus 12 Städten, deutlich mehr als zuvor. Die ModeratorInnen sagten, es gäbe jetzt 20 solcher Bündnisse in Deutschland.

Die TeilnehmerInnen waren überwiegend gewerkschaftlich bzw. politisch erfahren. Anwesend waren außer uns die IL, SAV, ISO, ver.di-Hauptamtliche, DIE LINKE, einige (ehemalige) Betriebsräte, DKP, DIDF. Am 10.11. gab es eine gute inhaltliche, recht kontroverse Diskussion über die Ziele der Bewegung, und wie wir besser Druckaufbauen können. Hier brachten ISO und wir die Notwendigkeit einer Aktionskonferenz zwecks Vorbereitung einer zentralen Großdemonstration ein. Das führte dann auch erwartungsgemäß dazu, dass die LinksreformistInnen dagegen hielten – ähnlich wie in Stuttgart. Die Diskussion wurde jedoch nicht abgebrochen und einige mehr sprachen sich dann doch noch für eine zentrale Aktion aus. Allerdings haben sich alle RednerInnen gegen eine Aktionskonferenz gewandt.

 Zu vier Punkten wurden Vereinbarungen getroffen:

  • Die „Bremer“ Resolution wird aktualisiert und soll dann beim nächsten Bündnistreffen verabschiedet werden.
  • Nächste Treffen: im Rahmen der Streikkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Braunschweig vom 15.-17. 02. 2019, nächstes „richtiges“ Treffen im April in Düsseldorf.
  • Eine bundesweite Struktur für Öffentlichkeitsarbeit und bessere Vernetzung soll entstehen.
  • Aktionen: Fest stehen 8. März, 1. Mai, 12. Mai. Zur GMK am 5./6. Juni in Leipzig soll es einen „olympischen Brief“ geben, der von Krankenhaus zu Krankenhaus weiterläuft, wobei die Unterschriften kumuliert werden. Start ist mit entsprechender Pressemitteilung der 1.1.2019. Präsentation bei der GMK mit Pressekonferenz zusammen mit einer Bilanz der „Personaluntergrenzen“. Der Vorschlag einer vorbereitenden Aktionskonferenz für eine zentrale Großdemo soll wenigstens im Protokoll genannt werden  – als Möglichkeit in weiter Zukunft.

Fazit

Insbesondere das Hamburger Treffen ist ein Schritt vorwärts in der Bewegung – trotz des widersprüchlichen Agierens durch ver.di. Sie bleibt aber doch sehr schwach, was durch die Fokussierung vieler lokaler Bündnisse auf Volksbegehren – weg von Streiks – eher verstärkt wird. Sie schrecken davor zurück, weil die Strukturen vor Ort schwach sind und einige nicht wissen, wie das zu überwinden ist, andere aber genau diese Schwäche nicht überwinden wollen (GewerkschaftsfunktionärInnen, LinksparteivertreterInnen). Es fehlt an Kampfmaßnahmen, die reale Fortschritte erzwingen können – wie die jüngsten Streiks an den Unikliniken Düsseldorf und Essen – statt zahmer Bettelbriefe und Pressekonferenzen!

Unsere ausführliche Perspektive für die Bewegung haben wir zuletzt in einem vierseitigen Flugblatt veröffentlicht, das auf beiden Konferenzen verteilt wurde, sowie im Artikel „Kampf gegen Pflegenotstand – Welche Perspektive?“. Der nächste Schritt, um aus Lobby- und Bittstellerpolitik herauszukommen, muss eine Aktionskonferenz aller Parteien, politischen Organisationen der ArbeiterInnenbewegung, Gewerkschaften, ihrer Careorganisationen (ASB, AWO) sowie den auf beiden Konferenzen vertretenen Kräften sein.