Politische und ökonomische Lage in Österreich: Eine rechts-konservative Melange

Michael Märzen, Revolutionärer Marxismus 50, Oktober 2018

Vorwort

In dem folgenden Beitrag bieten wir eine Analyse der jüngsten politisch-ökonomischen Entwicklung Österreichs. Das erscheint uns notwendig, denn mit den Nationalratswahlen am 15. Oktober 2017 ging eine bedeutende Veränderung des politischen Kräfteverhältnisses einher. Die im Dezember gebildete Koalition aus ÖVP unter Sebastian Kurz und FPÖ unter Heinz-Christian Strache befindet sich in einer neoliberalen, rassistischen und antidemokratischen Offensive gegen die Rechte der ArbeiterInnenklasse. Ein korrektes Verständnis der politisch-ökonomischen Verhältnisse und der österreichischen ArbeiterInnenbewegung ist notwendig für erfolgreiche linke Strategie und Taktik. Dabei werden wir uns auf die aktuelle Lage und die Agenda der Regierung (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) beschränken müssen. Eine umfassendere Analyse der politischen Ökonomie Österreichs (1), die auch eine historische Betrachtung und eine Analyse der ArbeiterInnenklasse in Österreich einschließen muss, wird allerdings für die Zukunft notwendig sein, um ein klares Fundament für ein kommunistisches Programm in diesem Land zu legen. Denn aktuell erweist sich die Linke abseits der Sozialdemokratie organisatorisch, methodisch und programmatisch als zu schwach und zu zersplittert, um die Angriffe von Schwarz-Blau abzuwehren. Diese Feststellung soll aber nicht einen Defätismus gegenüber den herrschenden Verhältnissen bestärken, sondern die Bedeutung der Frage nach den politischen Aufgaben betonen.

Einleitung

Mit der Übernahme der schwarz-blauen Regierung in Österreich beginnt eine Phase des verschärften Klassenkampfs von oben. Alle Schichten der arbeitenden Klasse im weiteren Sinne sind von den Angriffsplänen der neuen Rechtsregierung betroffen. ArbeiterInnen und Angestellte, die übergroße Mehrheit an Frauen, MigrantInnen, Jugendlichen und PensionistInnen werden unter der neoliberalen und rassistischen Politik von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache leiden.

Was sind die zentralen Projekte dieser Regierung, was sind ihre Beweggründe und wie wird sich das auf die genannten Betroffenen auswirken? Antworten auf diese Fragen sind notwendig, denn um zielführend zu handeln (gegen die Angriffe der Regierung), muss man zuallererst verstehen. Einen Teil der Antworten gibt uns die Regierung selbst. So teilt sie uns in der Präambel des Regierungsprogramms ihre Sorgen mit:

Auch wenn Österreich grundsätzlich gut dasteht, haben wir in manchen Bereichen den Anschluss an die Spitze in Europa verloren. Wir können uns auf ein starkes Sozialsystem verlassen, das aber nicht mehr treffsicher und effizient ist. Wir haben einen guten Wirtschaftsstandort, der aber im Vergleich mit unseren Nachbarn nicht mehr wettbewerbsfähig genug ist. Und wir leben in einer freien und solidarischen Gesellschaft, die aber immer mehr herausgefordert ist durch die Verfehlungen in der Migrationspolitik in den vergangenen Jahren.“ (2)

Österreich ist gegenüber seinen Nachbarn nicht mehr wettbewerbsfähig genug, sagen sie. Im Vorwort, noch vor der Präambel, benennt die Regierung auch die „großen Herausforderungen“:

Obwohl Österreich eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten im internationalen Vergleich aufweist, decken unsere Staatseinnahmen nicht die Staatsausgaben, der Schuldenberg wächst jedes Jahr weiter. Wir sind Weltmeister im Regulieren und im Einschränken von Freiheit und Selbstverantwortung. Und unser Sozialsystem ist in eine Schieflage geraten, weil der Einkommensunterschied zwischen arbeitenden und nichtarbeitenden Menschen so gering ist, dass es nur noch wenige Anreize gibt zu arbeiten. Außerdem können sich viele Menschen von ihrem Lohn das Leben nicht mehr leisten und immer mehr Menschen wandern in unser Sozialsystem zu.“ (3)

In dieser Auflistung stecken schon die abzuleitenden „Reformen“, nämlich die Senkung der Abgabenquote, damit verbunden Einsparungen bei den Staatsausgaben, Abschaffung von Regulierungen, Einsparungen im Sozialsystem, Einschnitte bei der Arbeitslosenversicherung und die Ausgrenzung von MigrantInnen aus Sozialleistungen. Tatsächlich war die Senkung der Abgabenquote auf 40 % des BIP ein zentrales Thema im Wahlkampf von Sebastian Kurz und wurde auch von der FPÖ gefordert. Trotzdem ist die Regierung sehr bemüht, in den nächsten Jahren ein ausgeglichenes Budget herzustellen, und wird dabei vermutlich sogar erfolgreich sein. Auch Einsparungen im Sozialsystem, insbesondere bei den Krankenkassen, befinden sich in Umsetzung. In Bezug auf die Arbeitslosenversicherung hat die Regierung Pläne für ein System vorgelegt, das Hartz-IV in Deutschland ähnlich ist. Und was die Sozialleistungen für MigrantInnen angeht, hat die Regierung mit ihrer Reform der Mindestsicherung die Ansprüche für Asylberechtigte dramatisch gekürzt. Und das ist längt nicht alles. Doch bevor wir die Pläne und schon getätigten Maßnahmen genauer untersuchen und der Frage nachgehen, welche Auswirkungen diese auf die Verhältnisse zwischen den Klassen haben, müssen wir untersuchen, ob die Regierung denn überhaupt mit ihrer „Analyse“ recht hat.

Die wirtschaftliche Lage

Die Konjunkturentwicklung

Oberflächlich betrachtet, nämlich rein auf der Ebende der Konjunktur, scheinen die Worte und Taten der Regierung in einem Missverhältnis zur wirtschaftlichen Lage zu stehen. Immerhin wird derzeit von einer Hochkonjunktur gesprochen, die die Staatsverschuldung und die Arbeitslosigkeit zurückdränge. Trotzdem soll gespart, die Abgabenquote reduziert, das Kapital entlastet und die Ausbeutungsrate durch Verschlechterungen für Arbeitende und Arbeitslose erhöht werden.

Tatsächlich wuchs das BIP 2017 um 3,1 % während es noch 2016 nur 1,5 % waren. Die Österreichische Nationalbank (OeNB) hat im Juni 2018 ihre Prognose für das aktuelle Jahr um 0,3 Prozentpunkte ebenfalls auf 3,1 % nach oben korrigiert. Das Wirtschaftswachstum liegt sogar über dem des Euroraums mit 2,4 % im Jahr 2017 und prognostizierten 2,1 % für das Jahr 2018. (4)

Haben ÖVP und FPÖ den Aufschwung schlichtweg nicht bemerkt? Tatsächlich war schon vor dem Wahlkampf klar, dass sich die Weltwirtschaft und mit ihr auch der Euro-Raum erholte. Und schon vor der Regierungsbildung wurden die verschiedenen Wirtschaftsprognosen für Österreich kräftig angehoben, obgleich sie immer noch hinter den realen Entwicklungen zurückblieben. Aber noch im Juni 2017 prognostizierte die OeNB für jenes Jahr ein BIP-Wachstum von 2,2 % und für das Folgejahr 1,7 %. (5)

Die Frage nach der Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums ist natürlich von besonderer Bedeutung, denn davon hängen die Möglichkeiten von Zugeständnissen der UnternehmerInnen ab, die soziale Stabilität durch Zugeständnisse an die ArbeiterInnen zu sichern, worauf jede bürgerlich-demokratische Regierung letztendlich baut.

Die Österreichische Nationalbank (OeNB) erklärt die positive konjunkturelle Dynamik durch zwei wesentliche Faktoren. (6) Auf der einen Seite profitiert die österreichische Wirtschaft mit starkem Anteil des Außenhandels von der guten internationalen Konkunkturentwicklung, auf der anderen Seite von einem Investitionszyklus, der die Inlandsnachfrage bedeutend steigert. Mit der Weltwirtschaftskrise 2007/08 waren die globalen Wachstumsraten rasant gefallen, von 5,6 % im Jahr 2007 auf -0,2 % im Jahr 2009. Nach einer ausgedehnten Stagnationsphase erlebte die Weltwirtschaft nun einen kleinen Wachstumsschub auf 3,8 % im Jahr 2017 und weiter auf prognostizierte 3,9 % für dieses Jahr. (7) Einen Überblick über das Weltwirtschaftswachstum bietet Abbildung 1.

Abbildung 1: Wachstumsraten des Bruttoweltproduks von der Weltwirtschaftskrise bis heute.

Besonders die Exporte konnten im Rahmen der guten internationalen Entwicklung stärker anziehen, im Jahr 2017 um reale 5,6 %, sodass sich die Ausfuhr von Gütern und Dienstleistungen gegenüber dem Vorjahr sogar verdoppelte. (8) Die Warenausfuhren erreichten Ende 2017 die stärkste Dynamik, aber schon in den ersten vier Monaten des Jahres 2018 ging der Exportanstieg zurück, wobei er auch in den nächsten Jahren über 4 % bleiben soll.

Die zweite Konkunkturstütze, der Investitionszyklus, begann im zweiten Halbjahr 2015 und dauert verhältnismäßig lange. Die Bruttoanlageinvestitionen stiegen von 1 % im Jahr 2015 auf 3,8 % im Jahr 2016 und weiter auf 4,9 % im Jahr 2017. Besonders bedeutend dafür waren die Ausrüstungsinvestitionen, das sind Investitionen z. B. in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. Die Zuwachsraten dafür liegen bei 1,3 % (2015), 8,6 % (2016) und 8,8 % (2017). Die OeNB schreibt, dass die Unternehmen ab Jahresmitte 2015 nach längerer Investitionszurückhaltung in den Ersatz veralteter Anlagen investierten und später in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten, sodass die Auslastungen sich zu Jahresbeginn 2018 auf einem historischen Höchststand befanden. Aber dieses Jahr soll mit dem Rückgang des Wachstums der Exportnachfrage auch der Zyklus der Ausrüstungsinvestitionen zu Ende gehen.

  2017 2018 2019 2020
Wirtschaftswachstum + 3,1 % + 3,1 % + 2,1 % + 1,7 %
Arbeitslosigkeit 5,5 % 5,0 % 4,9 % 4,9 %
Unselbstständig Beschäftigte + 1,9 % + 2,2 % + 1,4 % + 1,1 %
Arbeitsvolumen + 2,3 % + 2,4 % + 1,3 % + 1,0 %
Inflation + 2,2 % + 2,2 % + 2,0 % + 1,9 %
Löhne nominal + 1,5 % + 2,6 % + 2,5 % + 2,2 %
Exporte real + 5,6 % + 4,9 % + 4,2 % + 3,9 %
Ausrüstungsinvestitionen > + 8 % + 4,2 % + 2 % + 2 %
Bruttoanlageinvestitionen gesamt + 4,9 % + 3,5 % + 2,3 % + 2,0 %
Konsum + 1,5 % + 1,6 % + 1,4 % + 1,2 %
Schuldenquote 78,4 % 74,1 % 70,6 % 67,5 %
Tabelle 1: Ausgewählte Daten der Wirtschaftsprognose der Österreichischen Nationalbank.

Angesichts der Bedeutung der Investitionen für das Wirtschaftswachstum kann in Österreich von einem zyklischen Konjunkturaufschwung nach einer längeren Stagnationsphase im Anschluss an die Weltwirtschaftskrise geredet werden. Der Höhepunkt scheint schon vorüber zu sein und auch die Prognosen sprechen dafür, dass der Aufschwung nicht mehr lange andauern wird. Gemäß den Daten der OeNB wird sich das Wachstum schon nächstes Jahr auf 2,1 % abkühlen, im Folgejahr weiter auf 1,7 %. Aber auch die globale Konjunktur hat laut OeNB bereits ihren Höhepunkt erlebt. Außerdem sind die Risiken für das Weltwirtschaftswachstum weiter gestiegen, insbesondere durch die protektionistischen Maßnahmen der USA, Chinas, der EU und Kanadas. Unlängst warnte die Weltbank vor einer Zuspitzung der Handelsstreitigkeiten, denn dadurch drohe ein Einbruch des Welthandels wie in der Krise 2008. (9) Zusätzlich zu dieser Bedrohung geht man auch von einem zyklischen Charakter von Krisen im Abstand von ca. 10 Jahren aus.

Der Wirtschaftsstandort

Viele bürgerliche „ExpertInnen“ (so z. B. aus der Wirtschaftskammer) sahen die Wirtschaft in den letzten Jahren im europäischen Vergleich zurückfallen. ÖVP und FPÖ haben diese Ängste aufgegriffen, damit Wahlkampf getrieben und in ihrem Regierungsprogramm darüber argumentiert. Wer sich bei den Nationalratswahlen das Wahlprogramm der „Liste Kurz“ gegönnt hat, dem ist unweigerlich eine dementsprechende kleine Feinheit aufgefallen. „Der neue Weg“, wie das Programm genannt wird, steht durchgängig unter dem Motto „Zurück an die Spitze“. Aufschluss über den Slogan findet man im zweiten Programmteil „Aufbruch & Wohlstand“:

„( … ) Österreich hat in den letzten Jahren einiges verschlafen. Während Deutschland und andere Länder kräftig gewachsen und an uns vorbeigezogen sind, hat man davon bei uns nur wenig mitbekommen. Auch wenn sich in den letzten Monaten erste Anzeichen einer Verbesserung gezeigt haben, so sind wir in den strukturellen Fragen immer noch weit von der Position entfernt, die wir schon einmal innehatten. Im bekannten Standort-Ranking der renommierten Hochschule IMD (Internationales Institut für Management-Entwicklung) belegen wir im Jahr 2017 nur mehr den 25. Platz. 2007 waren wir noch auf Platz 11. Im Bereich der Fiskalpolitik sind wir im Jahr 2017 sogar auf Platz 61 von 63 Staaten abgerutscht. Unser Ziel muss sein, es wieder an die Spitze zu schaffen – und da liegt noch ein langer Weg vor uns.“ (10)

Wie steht es bei der Koalitionspartnerin, der FPÖ? Im August 2017 hatten die Freiheitlichen ein neues Wirtschaftsprogramm präsentiert. Schon im ersten Satz des Vorworts von Heinz-Christian Strache erkennt man die Übereinstimmung mit Sebastian Kurz: „Ohne jeden Zweifel muss in Österreich viel getan werden, um unser Land wieder auf die Überholspur zu bringen.“ (11) Aufschlussreich ist Kapitel 1 „Zuerst: Die traurige Bilanz“:

Etwas mehr als zwölf Jahre später (gegenüber 2005, Anm. d. A.) hat Österreich nicht nur seinen gesamten Vorsprung eingebüßt, es ist in allen wichtigen internationalen Rankings weit zurückgefallen, also wirklich ‚abgesandelt‘. ( … ) Mit wenigen Ausnahmen lag Österreich in den vergangenen 10 Jahren nicht nur hinter Deutschland, sondern auch hinter dem Durchschnitt der OECD-Mitglieder, also den 35 bedeutendsten Industriestaaten der Welt. Und auch wenn nun, im Sommer 2017, sich Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit vorübergehend besser entwickeln, ist leider kein Grund zur Euphorie gegeben. Denn die weitere Entwicklung der wichtigsten Wirtschaftsdaten kann bestenfalls als schleppend bezeichnet werden. ( … ) Österreich hat einen beispiellosen Abstieg hinter sich. ( … ) Es wird Zeit, Österreich wieder zur Spitze (!) zu führen.“

Auch die FPÖ zitiert das „International Institute for Management Development“ (IMD), eine private Wirtschaftshochschule in der Schweiz zur Herausbildung von Unternehmensführungskräften, die eben auch Untersuchungen zur Wettbewerbsfähigkeit anstellt. Eine Analyse darüber, was denn die Wettbewerbsprobleme wirklich seien, wird in den Publikationen nicht präsentiert, stattdessen werden ausgewählte Faktoren wie „Education“ oder „Public Finance“ rangiert. Trotzdem lohnt es sich, einen Blick auf die benannten Herausforderungen für das Jahr 2018 (in dem Österreich nebenbei sieben Plätze auf Rang 18 vorgerückt ist) zu werfen. Nicht weil sich Kurz und Strache davon offenbar beeindrucken lassen, sondern weil diese zeigen, wo aus Sicht dieser bürgerlichen Intellektuellen der Schuh drückt: „Early retirement age to be adressed“, „Administrative reform and fiscal consolidation must also be pursued at provincial (Länder) and local level (Gemeinden)“, „Shortage of qualified labour to be adressed“, „Reduce tax burden (for companies)“ und „Digital economy to be developed“. (12) Besonders drastisch stuft das IMD die Steuerpolitik („Tax policy“) auf Platz 60 von 63 ein.

Ausführlicher und somit für ein Gesamtbild aufschlussreicher ist das Wettbewerbsranking des Weltwirtschaftsforums, das ebenfalls als prokapitalistischer Thinktank die Bedürfnisse des Kapitals artikuliert, indem es mehrheitlich auf der Grundlage von Meinungsforschung Faktoren bildet, die die Produktivität eines Landes charakterisieren. Für die Jahre 2017–2018 wird Österreich auf Rang 18 von 137 platziert (wobei sich hier die Schlüsselindikatoren auf das Jahr 2016 beziehen). (13) Interessant ist es, die Veränderungen in den letzten 12 Jahren zu betrachten (siehe Abbildung 2). Dabei kann man erkennen, dass Österreich in den letzten Jahren vor der Krise aufgeholt hat und dann in der Krise (ab 2008) zurückgefallen ist, insbesondere in den Jahren 2013–2015, um 2017 im internationalen Vergleich wieder auf dem Niveau von 2006 zu landen.

Interessant sind auch die zahlreichen Bewertungsfaktoren, denn sie veranschaulichen die konkreteren Bedürfnisse der KapitalistInnen, in deren Kontext das Regierungsprogramm klarer zu verstehen ist. (14) So erhält Österreich beispielsweise bei „Nature of competitive advantage“ eine Spitzenbewertung (6,3 auf einer Skala von 1–7), was bedeuten soll, dass der Wettbewerbsvorteil österreichischer Unternehmen am internationalen Markt primär auf besonderen Produkten und Prozessen beruht, im Gegensatz zu niedrigen Arbeits- oder Ressourcenkosten. Nur Japan und die Schweiz werden hier besser bewertet. Ähnlich ist es beim Faktor „Production process sophistication“, (6,1 auf einer Skala von 1–7), was bedeutet, dass die Produktionsprozesse hochtechnologisiert sind statt arbeitskräftelastig. Der ganze Bereich „Innovation“ (z. B. Innovationskapazität, die Qualität der Forschungsinstitutionen, Unternehmensausgaben für Forschung und Entwicklung) ist gut bewertet, wenn auch nicht spitzenmäßig. Relativ gut schneidet Österreich auch in den Bereichen „Infrastructure“, „Higher education and training“ und „Technological readiness“ (Technologische Anpassungsfähigkeit zur Produktivitätssteigerung) ab. Besonders schlecht bewertet ist hingegen der Bereich „Flexibilität“ (Rang 103). Folgende Faktoren spielen hier besonders hinein: „Flexibility of wage determination“, soll heißen die Löhne sind stark durch einen zentalisierten Verhandlungsprozess bestimmt statt durch einen individuellen; „Hiring and firing practices“, soll heißen die Anstellungs- und Entlassungsmöglichkeiten sind den Unternehmen nicht flexibel genug; „Effect of taxation on incentives to work“, soll heißen Steuern und Sozialabgaben mindern den Arbeitsanreiz (wohl besser die Motivation der Unternehmen, Arbeitskräfte einzustellen).

Das Regierungsprogramm

Wie wir sehen werden, ist das Regierungsprogramm im Großen und Ganzen ein Umverteilungsprogramm von unten nach oben, insbesondere von der ArbeiterInnenklasse zur KapitalistInnenklasse. Dass die konjunkturelle Entwicklung besser ist als im Wahlkampf geahnt und dass Österreich in den Standortrankings wieder Plätze gutmacht, veranlasst die neue Regierung natürlich keineswegs dazu, ihre im Regierungsprogramm geplanten Maßnahmen zu überdenken. Aus der Perspektive des Kapitals bedeutet das Regierungsprogramm vor dem Hintergrund der positiveren wirtschaftlichen Entwicklungen schlichtweg eine zukünftig bessere Position als erwartet. Aber die Bürgerlichen, ihre PolitikerInnen und WirtschaftswissenschaftlerInnen sind sich auch darüber bewusst, dass der Aufschwung bald sein Ende hat, dass das Weltwirtschaftswachstum gefährdet ist und sich die Konkurrenz auf dem Weltmarkt verschärft. Es geht der österreichischen Bourgeoisie also vor allem darum, gestärkt in die zukünftigen Auseinandersetzungen zu gehen. Deshalb das ständige Gerede vom Standort, der nun durch ein Bundesverfassungsgesetz zur Staatszielbestimmung erhoben werden soll (was nebenbei schon von der rot-schwarzen Koalition begonnen wurde).

Wie in der Einleitung argumentiert ist die Stärkung des Wirtschaftstandorts das zentrale Projekt der schwarz-blauen Regierung. In der Präambel des Regierungsprogramms wird das so formuliert:

Mit unserer Politik fördern wir unternehmerische Initiative, belohnen die Fleißigen und sichern einen sozialen Ausgleich unter allen Gesellschaftsschichten. Wir setzen uns als Ziel, die Steuer- und Abgabenlast nachhaltig zu senken und mittelfristig keine neuen Schulden mehr zu machen. Wir schützen unseren Sozialstaat vor Missbrauch und werden die illegale Migration nach Österreich stoppen.“ (15)

 Steuersenkungen

Die Senkung der Steuer- und Abgabenlast war schon ein zentrales Thema von ÖVP und FPÖ im Nationalratswahlkampf. Kurz und Strache wollen die Abgabenquote, d. h. den Anteil von Steuern und Sozialabgaben am BIP, auf 40 % senken. Im Jahr 2016 lag die Abgabenquote in Österreich bei 42,7 % und damit um einiges höher als der OECD-Durchschnitt von 34,3 %. (16) Allerdings muss man die Aussagekraft des internationalen Vergleichs dieser Zahlen relativieren, denn es stellt sich zusätzlich die Frage, was an Förderungen und Sozialausgaben in Form von Geldern und Leistungen wieder an die Bevölkerung zurückgeht. Mit den Einnahmen aus Steuern und Abgaben werden die Ausgaben finanziert, die zu einem großen Teil für das staatliche Sozialsystem bestimmt sind. Eine Kürzung der Abgabenquote bedeutet dementsprechend weniger Einnahmen für den Staat und damit Ausgabenkürzungen und mitunter weniger Sozialausgaben.

Ein „Prestigeprojekt“ der Regierung ist im Rahmen der Steuerentlastungen der „Familienbonus plus“, der auch schon am 4. Juli 2018 im Nationalrat gegen die Stimmen von SPÖ und Liste Pilz beschlossen wurde und mit 1. Jänner 2019 in Kraft tritt. (17) Die Reform sieht für die Einkommenssteuer einen Absetzbetrag von jährlich bis zu 1.500 Euro pro Kind unter 18 Jahren vor. Der Familienbonus ist vor allem eine Entlastungsmaßnahme für mittlere und hohe Einkommen. Personen mit Einkommen unter 1.260 Euro profitieren überhaupt nicht, weil sie keine Einkommenssteuer bezahlen (das ist ein Drittel aller unselbstständig Beschäftigten). Das gilt ebenso für Arbeitslose und EmpfängerInnen der Mindestsicherung. Damit der Bonus im vollen Ausmaß beansprucht werden kann, muss man mehr als 1.700 Euro verdienen. Veranschaulicht man das mit dem jährlichen Bruttomedianeinkommen unselbstständig Erwerbstätiger, errechnet sich für die Werte von 2016 eine jährliche Einkommenssteuerleistung von 1.866 Euro. Somit könnte für eine unselbstständige Person mit diesem Einkommen (hätte sie ein Kind) fast die gesamte Einkommenssteuer wegfallen. In diesem Fall wäre das also eine durchaus beträchtliche Entlastung, von der eben auch viele proletarische Familien profitieren können.

Brutto-Einkommen 1 Kind 2 Kinder 3 Kinder
> 3.000 Euro 1.500 Euro 3.000 Euro 4.500 Euro
2.300 Euro 1.500 Euro 3.000 Euro 3.292 Euro
2.000 Euro 1.500 Euro 2.261 Euro 2.261 Euro
1.750 Euro 1.500 Euro 1.606 Euro 1.606 Euro
1.500 Euro 1.022 Euro 1.022 Euro 1.022 Euro
1.200 Euro 258 Euro 258 Euro 258 Euro
Tabelle 2: Steuerentlastung durch den Familienbonus plus nach Einkomen und Anzahl an Kindern.

Wie ist die Reform aber gesamtgesellschaftlich zu bewerten? Laut Finanzminister Hartwig Löger soll die Maßnahme jenen Personen zugutekommen, die den Sozialstaat aufrechterhielten. (18) Das klingt im ersten Moment natürlich gerecht: Wer mehr an den Staat zahlt, hat eher eine Entlastung verdient. Tatsächlich gibt es nur einen geringen relativen Unterschied der gesamten Abgabenbelastung über die Höhe des Einkommens. (19) Angesichts dieser Tatsache und der Tatsache, dass der Familienbonus Geringverdienende nicht betrifft, dagegen Gutverdienende mit vielen Kindern am meisten profitieren, hat die Reform einen Umverteilungseffekt von unten nach oben.

Weiters geplant im Regierungsprogramm ist die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt), die gewerbetreibende juristische Personen und damit vor allem Unternehmen entrichten müssen. Mit der KöSt werden die Unternehmensgewinne besteuert, derzeit mit 25 %. Werden diese Gewinne an natürliche Personen, z. B. AktionärInnen, ausgeschüttet, wird zusätzlich die Kapitalertragssteuer mit 27,5 % fällig. Im Regierungsprogramm ist von der Senkung der KöSt auf nicht entnommene Gewinne die Rede „sowie im Hinblick auf die Mindest-KöSt“ (die unabhängig vom Unternehmensgewinn entrichtet wird). Wirtschaftsministerin Margarete Schrammböck hat das Vorhaben im März konkretisiert und zwar mit einer Halbierung der Körperschaftssteuer auf 12,5 % ab dem Jahr 2020. (20) Laut eigener Berechnung der Industriellenvereinigung (IV) entfallen bei der Halbierung jährlich zwei Milliarden Euro an Einnahmen für den Staat.

In eine ähnliche Richtung geht das Vorhaben einer „deutlichen“ Senkung der Lohnnebenkosten. Hierbei wird beteuert „ohne Leistungsreduktion“. Als Beispiele für Abstriche werden der Dienstgeberbeitrag und die Unfallversicherung genannt. Bei ersterem ist wohl der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) gemeint, aus dem beispielsweise die Familienbeihilfe bezahlt wird. Bei letzerer will man den Beitrag von 1,3 % auf 0,8 % der Löhne reduzieren und damit 500 Millionen Euro einsparen, was finanziell nichts anderes als die Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) bedeutet. (21) Wenn der Staat nicht mit Budgetmitteln diese entfallenden Gelder ersetzt, wovon bisher nie die Rede war, dann bedeutet die Senkung der Lohnnebenkosten im Allgemeinen den Abbau sozialstaatlicher Errungenschaften.

Abseits von weiteren Abgabenkürzungen wie vermehrten Abschreibungsmöglichkeiten bei Investitionen von Unternehmen oder der Senkung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen ist ein zentrales Versprechen der Regierung eine Reform der Einkommenssteuer im Jahr 2020 „zur Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen“ mit Abschaffung der kalten Progression, „aber mit dem Ziel, den Unternehmensstandort Österreich, den Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen“. (22) Das kann eigentlich nur bedeuten, über eine Reduzierung der Einkommenssteuer den Spielraum für Lohnkürzungen zu erhöhen bzw. für -erhöhungen zu senken. Auch die Rede von einer „Modernisierung und massiven Vereinfachung des Steuerrechts“ klingt in Hinblick auf das Ausmaß der Steuerprogression zumindest alarmierend.

Zusammengefasst laufen die Steuersenkungen der schwarz-blauen Regierung auf enorme Entlastungen für das Kapital und die mittleren bis oberen Einkommensschichten hinaus. Der Rest, insbesondere große Teile der ArbeiterInnenklasse, kann davon verhältnismäßig wenig oder auch gar nicht profitieren, sondern muss sich vielmehr auf Einsparungen bei Sozialleistungen gefasst machen. Das gilt umso mehr, als die Regierung kein Konzept vorgelegt hat, wie die abgängigen Einnahmen in der Höhe von etwa 12–14 Mrd. Euro jährlich zukünftig kompensiert werden sollen.

Einsparungen

Im Regierungsprogramm finden sich einige Sparmaßnahmen, auch mit ungefähren Beträgen, aufgelistet. Weiter konkretisiert wurde das im Doppelbudget 2018/19, das für nächstes Jahr nicht nur ein Nulldefizit einplant, sondern sogar einen Überschuss von einer halben Milliarde beinhalten soll. Insgesamt wird laut dem Finanzministerium der Schuldenstand von 74,5 % des BIP im Jahr 2018 (2017 noch 83,6 % bzw. 290 Mrd. Euro) auf 62,2 % im Jahr 2022 sinken. (23) Geringere Schulden wären natürlich gut, die Frage ist aber, auf wessen Kosten.

Wie ist ein ausgeglichenes Budget trotz Senkung der Abgabenquote möglich? Einerseits steigen angesichts der guten Konkunktur derzeit (!) die Staatseinnahmen. Wesentlich ist aber auch, dass 2018 die Kosten der Bankenrettungen im Zuge der Wirtschaftskrise (Hypo Alpe Adria, Kommunalkredit, ÖVAG) ausgelaufen sind, die im Jahr 2017 noch 4,9 Mrd. Euro betrugen.

Beim allergrößten Ausgabenposten, den Pensionen (fast 19 Mrd. Euro), sind derzeit noch keine großen Reformen geplant. Aber der Finanzminister hat in seiner Budgetrede klargemacht, dass die schwarz-blaue Regierung noch etwas vorbereiten wird: „Wer bestreitet, dass hier Reformschritte vonnöten sind, der weiß, dass er den Menschen Sand in die Augen streut – gefährlichen Sand. (…) Die nächsten Jahre werden wir für umsichtige Änderungen nützen müssen“. Nachdem kaum zu erwarten ist, dass Einsparungen in diesem Bereich ausschließlich Spitzen- und Luxuspensionen umfassen, sondern allgemeiner Natur sein werden, kann man davon ausgehen, dass davon am meisten die arbeitende Bevölkerung getroffen wird, insbesondere da immer wieder das Pensionseintrittsalter kritisiert wird. Kleinere Einschnitte wurden aber dennoch schon beschlossen, und zwar steigt das Eintrittsalter bei Altersteilzeit in zwei Schritten um zwei Jahre.

Größere Einsparungen gibt es auf dem Arbeitsmarkt zulasten der Arbeitslosen. Recht bald nach der Regierungsangelobung war klar, dass es die zwei großen Beschäftigungsfördermaßnahmen der Vorgängerregierung bzw. „Prestigeprojekte“ der SPÖ treffen wird. (24) Der größere Budgetposten davon ist der „Beschäftigungsbonus“, eine Subvention der Lohnnebenkosten für die UnternehmerInnen im Ausmaß von 50 % auf Kosten der Allgemeinheit. Dafür waren zwei Milliarden Euro budgetiert, 900 Mio. wurden schon beantragt, sodass sich die Regierung etwa eine Milliarde ersparen wird. Die zweite Beschäftigungsfördermaßnahme war die „Aktion 20.000“, die Förderung der gesamten Lohn- und Lohnnebenkosten für Langzeitarbeitslose über 50 in Gemeinden und im öffentlichen Dienst, im Ausmaß von 780 Mio. Euro. Argumentiert wird mit der guten Konjunktur, in der man solche Maßnahmen nicht brauche. Dabei zeigen die Wirtschaftsprognosen, dass die Arbeitslosigkeit in den kommenden Jahren nur schwach zurückgehen wird.

Ein weiterer Angriff auf Arbeitslose und Menschen ohne Beschäftigung, insbesondere auf Asylberechtigte, ist die Kürzung der Mindestsicherung, die im Herbst beschlossen werden soll. (25) Der Anspruch wird de facto gedeckelt, indem die Zuschläge für jedes weitere Kind geringer ausfallen. Die „bundeseinheitliche“ Regelung sieht einen maximalen Grundbetrag von 863 Euro vor, niedrigere Grenzen in den einzelnen Bundesländern sind aber möglich. Vor allem anerkannte Flüchtlinge sowie auch Zugewanderte mit schlechten Deutschkenntnissen werden um einen „Arbeitsqualifizierungsbonus“ von 300 Euro benachteiligt. Wer hier keinen Anspruch hat, erhält eben nur 563 Euro. Um qualifiziert zu sein, muss man entweder einen Pflichtschulabschluss oder Deutschkenntnise auf Sprachniveau B1 (alternativ Englisch C1), eine „Integrationsvereinbarung“ und einen absolvierten „Wertekurs“ vorweisen können. Wer aus der EU zuwandert, wird sich erst einmal fünf Jahre in Österreich aufhalten müssen, um überhaupt Mindestsicherung beziehen zu können. Mit dieser „Mindestsicherung neu“ werden die Ärmsten in der Gesellschaft noch weiter benachteiligt und die MigrantInnen an ihren Rand gedrängt.

Obwohl ÖVP und FPÖ bevorzugt über integrationsunwillige ZuwanderInnen sprechen, womit ihre fehlende bedingungslose Anpassung an die vermeintlich vorherrschende Kultur gemeint ist, wollen sie von staatlicher Seite dafür weniger leisten. Mit Verweis auf weniger werdende AsylwerberInnen wurde beschlossen, die Förderungsmittel für Integration im Arbeitsmarktservice (AMS) von 180 auf 110 Mio. Euro zu kürzen. (26) Tatsächlich hat die Zahl der beim AMS registrierten Asylberechtigten aber in den letzten Jahren weiterhin zugenommen. Davon werden insbesondere etliche Deutschkurse betroffen sein. Während die Regierungsparteien ständig das Erlernen der deutschen Sprache von Flüchtlingen einfordern, verringern sie das vorhandene Angebot dafür. Man kann hier ruhig unterstellen, dass Kurz und Strache für die Beibehaltung nicht vermittelbarer Flüchtlinge arbeiten, um im nächstbesten Moment mit rassistischen Maßnahmen auf Stimmenfang zu gehen. In eine ähnliche Richtung geht auch die Kürzung des Integrationstopfs für Schulen bei gleichzeitiger Einführung von separaten „Deutschförderklassen“.

Auch für Frauen hat die rechts-konservative Regierung erwartungsgemäß wenig übrig. Das drückt sich beispielsweise durch Förderkürzungen für Frauenvereine aus. So wurde das Förderbudget 2018 um 179.000 Euro gekürzt, 2019 werden es noch mal 230.000 Euro weniger. (27) In makaberer Manier wird das mit Umschichtungen für Gewaltschutzzentren argumentiert. Tatsächlich handelt es sich aber bei letzteren nur um eine Inflationsabgeltung.

Entrechtung der ArbeiterInnen

Einer der größten Schläge gegen die Rechte der arbeitenden Bevölkerung ist die Ausweitung der Höchstarbeitszeit, die Anfang Juli im Nationalrat beschlossen wurde und schon im September in Kraft tritt. Damit wird die zulässige Höchstarbeitszeit auf täglich 12 und wöchentlich 60 Stunden angehoben, womit 20 Überstunden pro Woche möglich werden. Von der Regierung als auch den Unternehmensverbänden wie der Wirtschaftskammer oder der Industriellenvereinigung wird dabei mit Flexibilität im Sinne der Arbeitenden argumentiert. Für das Kapital geht es vor allem um die Arbeitsverdichtung zur schnelleren Abarbeitung von Aufträgen und Projekten. Von Freiwilligkeit wird zwar viel geredet, tatsächlich werden Überstunden aber gemacht, wann es den Chefs am besten passt, sodass „Arbeitszeitflexibilität“ im Allgemeinen vor allem jene für die KapitalistInnen bedeutet. Noch dazu wird das zulässige jährliche Ausmaß an Überstunden von 320 auf 416 erhöht. (28) Bei Gleitzeitregelungen wird das in der Praxis sogar zum Entfall von Überstundenzuschlägen führen. Auch ist es eine anerkannte Tatsache, dass eine längere Arbeitszeit gesundheitsschädigend ist und das Unfallrisiko am Arbeitsplatz erhöht.

Auch der Abbau anderer Arbeitsschutzbestimmungen ist geplant, wenn auch noch nicht konkretisiert. So heißt es im Regierungsprogramm: „Wir werden generell die Bestimmungen für den Arbeitnehmerschutz durchforsten und auf ihre Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit überprüfen. Um der betrieblichen Ebene wieder mehr Freiheit für die Gestaltung des Arbeitsalltags zu geben, braucht es eine umfassende (!) Reduktion der Regulierungslast.“ Das kann man auch als Unterminierung des Kollektivvertragssystems durch Betriebsvereinbarungen o. ä. lesen. Fatal ist auch das „Prinzip ‚Beraten statt strafen‘ beim Arbeitsinspektorat effektiv umsetzen, Arbeitsinspektorat stärker als Serviceeinrichtung etablieren“. Nachdem in der Regel Mängel bei der Einhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen innerhalb einer vereinbarten Frist behoben werden müssen, bevor bestraft wird, geht es der Regierung wohl darum, Mängel in Zukunft zu tolerieren – auf Kosten der Gesundheit der ArbeiterInnen. Ähnlich fatal ist das Vorhaben, das Kumulationsprinzip in Verwaltungsstrafverfahren ab 2020 aufzuheben. Das Kumulationsprinzip besagt, dass bei Verwaltungsdelikten jedes Vergehen einzeln bestraft wird. (29) Mit dessen Abschaffung wäre der Bruch von Arbeitschutzbestimmungen eine äußerst rentable Sache für die KapitalistInnen.

Eine Schwächung der Interessenvertretung der ArbeiterInnenklasse erwartet sich die Regierung zusätzlich mit einem Vorstoß gegen die Arbeiterkammer (AK). Die AK ist (anders als die Gewerkschaften) die gesetzliche Interessenvertretung der unselbstständig Beschäftigten in Österreich. Ihre Aufgaben umfassen Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen, wissenschaftliche Erhebungen zur Lage der sogenannten ArbeitnehmerInnen, Beratung und Rechtsschutz für die Mitglieder sowie die Überwachung von Arbeitsbedingungen. Offiziell geht es der Regierung darum, die Beiträge („Umlage“, bei der AK max. 14,44 Euro im Monat) der Pflichtmitglieder der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer zu senken, um die Mitglieder zu entlasten. Natürlich ist der eigentliche Zweck die finanzielle Beschneidung der Interessenvertretung und damit die Schwächung der österreichischen ArbeiterInnenklasse. Die Kammern wurden von der Regierung aufgefordert, bis Ende Juni ein Reformkonzept vorzustellen, das den geringeren Einnahmen entspreche. Die AK hat ein Papier abgeliefert, aber keine Einsparpläne formuliert. Im nächsten Schritt wird die Regierung also über den Gesetzesweg die Umlage der Arbeiterkammer senken müssen.

Sehr substantiell ist das Vorhaben eines „Arbeitslosengeld neu“, das bis Jahresende umgesetzt werden soll. Demnach soll das Arbeitslosengeld mit steigender Bezugsdauer sinken und die Notstandshilfe abgeschafft werden. Wer dann den Anspruch auf das Arbeitslosengeld verliert, rutscht zukünftig in die Mindestsicherung, Voraussetzung dafür ist aber, das eigene Vermögen weitgehend aufgebraucht zu haben. Durch die Reform wird also der Druck auf Arbeitslose enorm erhöht, Jobs mit schlechten Arbeitsbedingungen anzunehmen, was den KapitalistInnen diese Verschlechterung enorm vereinfacht.

Eine der „größten Reformen“, ebenfalls zuungunsten der arbeitenden Bevölkerung, bedeuten die Pläne der Regierung in Bezug auf die Sozialversicherung (vor allem Krankenversicherung). Schon lange besteht in Österreich die Debatte, ob die große Anzahl an verschiedenen Trägern reduziert und die Leistungen vereinheitlicht werden sollen. Dagegen wäre auch gar nichts einzuwenden, wenn es nicht mit Leistungsreduktionen für die einfache Bevölkerung verbunden wäre. Die Regierung will nun 21 Träger auf 4 bis 5 zusammenlegen und damit bis 2023 eine Milliarde Euro einsparen. (30) Dass das ohne Leistungsreduktionen einhergehen wird, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Besonders brisant ist dabei die drohende Schließung der Unfallversicherungsanstalt (AUVA), die mit den Sparvorgaben der Regierung schlichtweg nicht mehr finanzierbar wäre. Wichtig ist im Zusammenhang mit der Entrechtung der ArbeiterInnenklasse, dass die Selbstverwaltungsgremien, die mehrheitlich durch die Arbeiterkammer kontrolliert sind, durch einen von AK und Wirtschaftskammer paritätisch besetzten Verwaltungsrat ersetzt werden sollen.

Einen speziellen Anschlag plant Schwarz-Blau auf junge ArbeiterInnen und Lehrlinge. (31) Für sie soll die gesetzliche Interessenvertretung im Betrieb, der Jugendvertrauensrat (JRV) (Pendant zum Betriebsrat), ersatzlos gestrichen werden. Über den JVR können Jugendliche ihre eigenen Interessen unabhängig gegenüber Geschäftsführung und Betriebsrat vertreten. Dadurch wird es für die KapitalistInnen noch einfacher, die Rechte von jugendlichen ArbeiterInnen und Lehrlingen zu umgehen. In diesem Kontext muss auch die Kürzung der sogenannten „Lehrlingsbeihilfe“ für Lehrlinge in der überbetrieblichen Lehrausbildung von 753 auf 325,80 Euro genannt werden. (32)

Rassismus als sozialer Kitt

Es wäre nicht die Regierung von Kurz und Strache, wenn sie ihre Angriffe auf die lohnarbeitende Bevölkerung nicht mit permanenten rassistischen Angriffen auf MigrantInnen zu überspielen versuchte. In diesem Sinn werden unterschiedliche Herkunft, Sprache, Kultur und Lebensstandards von Schwarz-Blau als Spaltungslinien der internationalen ArbeiterInnenklasse ausgenutzt. Die Flüchtlinge dienen dabei als Schreckgespenster, um die Konkurrenzangst in der ArbeiterInnenklasse anzufachen und mittels geschürter rassistischer Vorurteile die „österreichischen“ ArbeiterInnen gegen die zugewanderten auszuspielen und in ein klassenübergreifendes, nationalistisches Programm einzubinden. Das ist aber nur die eine Seite, die vor allem diejenigen MigrantInnen trifft, für die das Kapital derzeit keinen Gebrauch hat. Denn dort wo Nachfrage an (qualifizierter) Arbeitskraft besteht, soll es Erleichterungen geben. Auch für die Zuwanderung gilt also, dass sie unter dem Gesichtspunkt der Kapitalverwertung reguliert wird. Dass die wenigen Glücklichen aber auch gleiche Rechte über die StaatsbürgerInnenschaft bekommen, wird erschwert. AsylwerberInnen wird weiter das Leben zur Hölle gemacht, um sie abzuschrecken, überhaupt ins Land zu kommen. Deshalb soll ihnen gleich zu Beginn das Bargeld abgenommen werden und sie sollen nur noch Sachleistungen erhalten. Auch das Handy muss mitsamt den darauf gespeicherten privaten Daten zur Verfügung gestellt werden, damit die Identität, die Fluchtroute u. ä. der geflüchteten Person kontrolliert werden kann. Wer dann eine Asylberechtigung erhält, aber keinen Job findet, bekommt zukünftig nur eine extra für Asylberechtigte reduzierte Mindestsicherung. Damit werden diese nicht nur noch mehr zu Menschen zweiter Klasse degradiert, sie werden auch in die Armut und besonders unattraktive Jobs gedrängt. Die sogenannte Integration ist nichts anderes als die erzwungene Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft. Das wird exekutiert durch eine Kopplung finanzieller Leistungen an Deutsch- und Wertekurse. Dabei wird allerdings noch die Absonderung von der Mehrheitsgesellschaft vorangetrieben. Deutschkurse sollen bald in sogenannten Brückenklassen im Asylheim stattfinden und statt mehrsprachigen Unterrichts bzw. forcierter Förderung von Deutschkenntnissen dort heißt es nun „Deutsch vor Regelunterricht“ oder gar „eigene Deutschklassen“.

Festigung der Staatsgewalt

Der ArbeiterInnenklasse werden von der rechts-konservativen Regierung zentrale Rechte und soziale Errungenschaften beschnitten, um die Ausbeutungsrate im Interesse des Kapitals zu erhöhen. Nicht die KapitalistInnen und ihre Regierung sollen die Feindbilder sein, sondern die Flüchtlinge. Aber um die Herrschaft der Reichen und Besitzenden abzusichern, wird der staatliche Gewaltapparat von der Regierung verstärkt. Nebenbei wird das so dargestellt, als ginge es darum, die einfache Bevölkerung vor Kriminalität, angeblich befördert durch die Zuwanderung, zu schützen. Der Kriminalität der KapitalistInnen (Stichwort Arbeitsinspektorat) wird hingegen Tür und Tor geöffnet. Vor allem der Polizeiapparat wird ausgebaut werden. 2.100 neue Planstellen sollen geschaffen werden sowie 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze. Innenminister Herbert Kickl hat sich sogar mit der Anschaffung von Polizeipferden durchsetzen können. Polizeipferde eignen sich, abseits von ihrer Geländegängigkeit, im Unterschied zu Fahrrädern und Motorrädern vor allem zum Auseinandertreiben von Menschenmassen wie etwa bei Demonstrationen. Ebenso soll es auch wieder, vor allem ab 2020, mehr Geld für das Bundesheer geben.

Weiters wird die staatliche Überwachung ausgebaut. (33) Das Regierungsprogramm sieht eine Schließung der „Lücke bei der Überwachung internetbasierter Telekommunikation“ vor. Konkret bedeutet das die Einführung eines Bundestrojaners, also einer Schadsoftware, um elektronische Inhalte von Kommunikationsgeräten wie Smartphones auslesen zu können. Damit will man vor allem die Verschlüsselungen von Chatdiensten wie Whatsapp umgehen. Weiters will man sich Gesichtsfelderkennung und Big-Data-Analysen bedienen plus den Einsatz unbemannter Objekte wie Drohnen steigern. Mit „Quick Freeze“ wird ein erneuter Anlauf zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung (allerdings in abgeschwächter Form) genommen. All das wird nicht einfach nur gegen islamistische TerroristInnen oder zur Abwehr ausländischer Geheimdienste eingesetzt werden, sondern dient dem Staat vor allem als Waffe gegen die arbeitende Klasse, die sich in zugespitzen Situationen des Klassenkampfes gegen die herrschende KapitalistInnenklasse auflehnen könnte.

Widerstand

Widerstand gegen die Angriffe von Schwarz-Blau findet statt. Was fehlt, sind richtige Strategien und Taktiken, sodass selbst kleine Erfolge bisher ausblieben. Dabei gab es durchaus relevante Bewegungen. Schon am Wahlabend gab es eine Demonstration gegen die drohende schwarz-blaue Regierung. Darauf folgend gab es große Mobilisierungen in Linz gegen das Sparpaket der schwarz-blauen Landesregierung mit mehreren tausend Menschen. Gegen die Angelobung wurden dann breite Proteste von unterschiedlichen Bündnissen und Initiativen (Offensive gegen Rechts, Österreichische HochschülerInnenschaft, Plattform radikale Linke, Jugendorganisationen, …) organisiert, die es schafften, an einem Montagvormittag bei schlechtem Wetter, tausende Menschen auf die Straße zu bringen und sogar einen Schulstreik zu organisieren. Die darauf folgende Entwicklung, insbesondere die Großdemonstration am 13. Jänner mit bis zu 50.000 TeilnehmerInnen, hätte den Startschuss für effektiven Widerstand abgeben können. Dass das nicht passiert ist, liegt an der Tatsache, dass sich die Linke nicht dazu überwinden konnte, ihre Kräfte in einer schlagkräftigen Einheitsfront (34) gegen die Regierung zu bündeln. Somit hätte man sich auf gemeinsame Aktionen gegen die zentralsten Angriffe verständigen können. Stattdessen ist der Widerstand in Einzelinitiativen und beschränkte Bündnisse (z. B. im Bereich der Flüchtlingssolidarität) zersplittert. Abseits davon gab es wiederum keine relevante politische Kraft, die eine ernsthafte Führung im Kampf gegen die Regierung hätte stellen und eine politische Perspektive aufzeigen können. Somit richten sich viele Augen wieder auf die Sozialdemokratische Partei, die sich als einzige (sichtbare) Oppositionskraft inszenieren kann.

Die Rolle der Sozialdemokratie

Anders als in den vergangenen zehn Jahren hat die SPÖ nun die Gelegenheit, sich in der Opposition wieder zu festigen und ihrem Niedergang einen einstweiligen Aufschub zu verleihen. Freilich ist die Sozialdemokratische Partei nicht das geeignete Instrument der ArbeiterInnenklasse im Kampf gegen die Regierung. Das zeigt sich schon alleine in der Flüchtlingsfrage, wo die SPÖ bestenfalls unmenschliche und offensichtlich rassistische Vorstöße kritisiert, nicht aber die immer weiter gehenden Verschlechterungen für Geflüchtete generell. Das liegt auch daran, dass die SPÖ WählerInnenstimmen von der FPÖ zurückgewinnen möchte und dafür selbst die Spaltung der ArbeiterInnenklasse in Inländisch und Ausländisch mitmacht (so z. B. geschehen bei der Ausweitung der Mangelberufsliste). Aber allgemeiner betrachtet, dort wo sie aus fortschrittlicher Perspektive gegen die Regierung auftritt, führt sie die ArbeiterInnenklasse in eine reformistische (35) Sackgasse. Das nicht nur dadurch, dass sie sich selbst letztlich auf parlamentarischen Widerstand beschränkt, obwohl die Regierung eine klare Abgeordnetenmehrheit besitzt. Die reformistische Bürokratie, die auch den Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) beherrscht, scheut die offene Konfrontation mit der herrschenden kapitalistischen Klasse, mit der sie ja strategische Kompromisse sucht.

Was das in der Praxis bedeutet, wurde zuletzt in der Auseinandersetzung um den 12-Stundentag offensichtlich. Obwohl die allgemeinen Pläne dazu schon seit Angelobung der Regierung bekannt waren, hat der ÖGB auf eine Mobilisierung der ArbeiterInnen gegen den Angriff verzichtet. Erst als ein konkreter Gesetzentwurf kurz vor der Beschlussfassung im Nationalrat vorlag, rief man zum öffentlichen Protest auf. Mehr als 700 Betriebsversammlungen wurden in ganz Österreich durchgeführt und über 100.000 Menschen am 30. Juni in Wien auf die Straßen mobilisiert. Das Potential der ArbeiterInnenklasse war damit offensichtlich und eine Streikbewegung gegen die Ausweitung der Höchstarbeitszeit realistisch. Forderungen nach einem Streik waren auf der Demonstration überall sichtbar und ein solcher hätte sogar auf eine breite Unterstützung in der Bevölkerung bauen können (59 % hielten Streiks für gerechtfertigt), wie eine Umfrage des „Profil“ aufzeigte. (36) Ein Streikaufruf des ÖGB blieb aber aus. Stattdessen stellte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian eine Volksabstimmung in den Raum, obwohl eine Beschlussfassung dafür eine parlamentarische Mehrheit gebraucht hätte. Im nächsten Schritt wurde auf die ausstehende Abstimmung im Bundesrat verwiesen. Als das auch nichts half, vertröstete die Gewerkschaftsführung auf Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst (das Gesetz tritt mit 1. September in Kraft). Die mobilisierte ArbeiterInnenklasse wurde demobilisiert, auf illusorische Alternativen zu einem Generalstreik vertröstet. Der ÖGB kapitulierte also de facto kampflos vor der reaktionären Mehrheit im Parlament. Die Politik der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführung kann somit als nichts anderes als bewusster Verrat an den Interessen der ArbeiterInnen bezeichnet werden.

Neuformierung der ArbeiterInnenbewegung

Es wurde gezeigt, dass die Agenda der schwarz-blauen Regierung einen Generalangriff auf die ArbeiterInnenklasse darstellt. Insbesondere die Ausweitung der Tageshöchstarbeitszeit, die Reform der Arbeitslosenversicherung hin zu einem Hartz-IV-Modell als auch die Schwächung der Arbeiterkammer drohen zu strategischen Niederlagen für die ArbeiterInnenklasse zu werden, was sich in einer bedeutsamen Schwächung der Organisationen der ArbeiterInnenbewegung (der Gewerkschaften, der AK, der politischen Organisationen inklusive Sozialdemokratie) und einem weiteren Rückgang des Klassenbewusstseins ausdrücken würde. Aufgrund der Dominanz der Sozialdemokratie über die ArbeiterInnenbewegung wäre das zwar gleichbedeutend mit einem Verlust des sozialdemokratischen Einflusses, dieser würde sich aber nicht automatisch auf fortschrittliche Weise ausdrücken. Die drohenden Niederlagen zeigen allerdings auf, dass die ArbeiterInnenbewegung in ihrer bestehenden Form, mit ihrer aktuellen Politik des sozialpartnerschaftlichen Ausgleichs und ihrer bestehenden reformistischen Führung nicht den Erfordernissen des Klassenkampfniveaus entspricht. Die Angriffe von ÖVP und FPÖ drängen auf die Notwendigkeit ihrer Erneuerung!

Diese kann jedoch nicht stattfinden ohne eine bewusste politische Kraft, die einen fortschrittlichen Bruch mit der sozialdemokratischen Dominanz über die ArbeiterInnenbewegung vorantreibt. Es ist die Aufgabe einer kommunistischen Organisation, die notwendigen Maßnahmen dafür in die ArbeiterInnenbewegung zu tragen. Das bedeutet vor allem zwei Dinge: Auf der einen Seite ist das der Kampf für eine klassenkämpferische Basisbewegung in den Gewerkschaften gegen die Bürokratie. Auf der anderen Seite ist das der um den Aufbau einer wahrhaftigen ArbeiterInnenpartei in Österreich, was untrennbar ist vom Eintreten für ein revolutionär-marxistisches Übergangsprogramm (37) durch eine kommunistische Parteiaufbauorganisation. Den Schlüssel dafür sehen wir heute im Aufbau einer breiten Einheitsfront der Organisationen der Linken und der ArbeiterInnenbewegung inklusive Sozialdemokratie und Gewerkschaften gegen die Angriffe der Regierung. Eine solche schweißt nicht nur die größtmögliche Einheit im Widerstand zusammen, sie kann AktivistInnen mit unterschiedlichen politischen Hintergründen in Basisorganen (Aktionskomitees, gewerkschaftliche Basisgruppen etc.) versammeln und ermöglicht eine Debatte über die politischen Aufgaben im Klassenkampf. Nur auf diese Weise können die fortschrittlichsten und kämpferischsten Teile der Bewegung gegen Schwarz-Blau für ein Programm vom Widerstand zur ArbeiterInnenmacht gewonnen werden.

Endnoten

(1) An dieser Stelle sei auf zwei ältere Beiträge unserer Strömung verwiesen:
(i) Michael Gatter: Österreichischer Kapitalismus. Gestärkt, aber nicht stark genug. In: Revolutionärer Marxismus 10, Winter 1993/94
(ii) Michael Pröbsting: Vier Jahre Bürgerblock. Kapitalismus und Klassenkampf in Österreich. In: Revolutionärer Marxismus 34, Mai 2004
(2) Regierungsprogramm 2017–2022
(3) ebenda
(4) Österreichische Nationalbank: Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2018 bis 2020; Juni 2018
(5) Österreichische Nationalbank: Konjunktur aktuell; Berichte und Analysen zur wirtschaftlichen Lage; Juni 2017
(6) Österreichische Nationalbank: Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2018 bis 2020; Juni 2018
(7) https://knoema.com/tbocwag/gdp-by-country-statistics-from-imf-1980-2022?country=World
(8) Österreichische Nationalbank: Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2018 bis 2020; Juni 2018
(9) http://orf.at/stories/2444585/2444582/
(10) Programm der Liste Kurz – die neue Volkspartei zur Nationalratswahl 2017: Der neue Weg. Aufbruch & Wohlstand
(11) FPÖ Bildungsinstitut: Das freiheitliche Wirtschaftsprogramm. Fairness. Freiheit. Fortschritt.
(12) IMD: World Competitiveness Ranking 2018 Country Profile Austria
(13) Siehe „https://knoema.com/atlas/Austria/topics/World-Rankings/World-Rankings/Global-competitiveness-rank
(14) WEF: The Global Competitiveness Index 2017–2018 edition, Austria
(15) Regierungsprogramm 2017–2022
(16) OECD: Revenue Statistics 2017
(17) https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5458237/Heute-beschlossen_Was-ist-der-Familienbonus-und-wem-steht-er-zu
(18) https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2018/PK0816/
(19) https://www.steuernzahlen.at/pdf/INEQ_Gesamtabgabenstatistik_Final.pdf
(20) http://orf.at/stories/2429747/
(21) https://derstandard.at/2000077361937/Hartinger-Klein-rechnet-mit-Aufloesung-der-Allgemeinen-Unfallversicherungsanstalt
(22) http://www.oe24.at/oesterreich/politik/2020-naechste-Steuerreform/327117532
(23) https://diepresse.com/home/innenpolitik/5392775/Das-tuerkisblaue-Budget-im-Detail
(24) https://derstandard.at/2000071308023/Regierung-stellte-Beschaeftigungsbonus-und-Aktion-20-000-ein
(25) https://kurier.at/politik/inland/regierungsklausur-koalition-bei-mindestsicherung-einig/400041913
(26) https://derstandard.at/2000076583552/Budget-Wo-der-Guertel-enger-wo-er-lockerer-sitzt
(27) https://derstandard.at/2000084754013/Frauenvereine-bekommen-2019-noch-weniger-Geld
(28) https://www.oegb.at/cms/S06/S06_0.a/1342593401052/home/die-neue-arbeitszeit
(29) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/963950_Kumulationsprinzip-endet-2020.html
(30) https://www.profil.at/oesterreich/sozialversicherung-reform-oevp-fpoe-10087497
(31) http://www.onesolutionrevolution.at/index.php/archiv/klassenkampfundpolitik/530-regierung-nimmt-lehrlingen-die-vertretung-jugendvertrauensrat-verteidigen
(32) http://www.jugendnetzwerk-ooe.at/ak-kritisiert-kuerzungen-bei-der-ueberbetrieblichen-lehre-die-regierung-raubt-den-jungen-menschen-ihre-perspektiven/
(33) https://derstandard.at/2000070494894/regierungsprogramm-oevp-fpoe-kurz-strache-ueberwachung
(34) Mit einer Einheitsfront meinen wir ein klar politisch abgegrenztes Bündnis verschiedener Organisationen der Linken und der ArbeiterInnenbewegung für die Aktion. Darüber sollte einerseits eine möglichst schlagkräftige Front, größtmögliche Einheit für deren Ziele geschaffen, andererseits die politische Unabhängigkeit und Freiheit der Kritik aller Beteiligten – auch untereinander – ermöglicht werden.
(35) Unter Reformismus verstehen wir bürgerliche Politik in der ArbeiterInnenbewegung. Sie zielt einerseits bestenfalls auf die utopische Überwindung der Klassengegensätze durch Reformen innerhalb des bürgerlich-demokratischen Systems, verteidigt dieses jedoch andererseits gegen einen drohenden Umsturz durch die LohnarbeiterInnenklasse.
(36) https://www.profil.at/oesterreich/umfrage-mehrheit-streiks-12-stunden-tag-10193160
(37) Als Übergangsprogramm bezeichnen wir ein Programm, das die Brücke schlägt zwischen den unmittelbaren Kämpfen innerhalb des bestehenden kapitalistischen Systems und der politischen Machtergreifung der ArbeiterInnenklasse zur Überwindung des Kapitalismus. Dabei geht es vor allem um den Aufbau von ArbeiterInnenkontrolle über die verschiedenen Bereiche des gesellschaftllichen Lebens bis zu einer Situation der Doppelmacht, die der ArbeiterInnenklasse den Weg zur Revolution bahnt.