Arbeiter:innenmacht

Die libysche Revolution und ihre Perspektiven

Martin Suchanenk, Revolutionärer Marxismus 43, Oktober 2011

Die Vertreibung Gaddafis, der Sieg der Aufständischen und die gleichzeitige Intervention der NATO – scheinbar auf Seiten des unterdrückten Volkes – haben nicht nur die Komplexität der aktuellen Weltlage verdeutlicht; sie haben auch eine politische Verwirrung der Linken offenbart, die für kommende Krisen und Kämpfe Schlimmes befürchten lässt.

Nach monatelangen Kämpfen fiel Ende August die libysche Hauptstadt Tripolis. Die Rebellen erlangten in kurzer Zeit die Kontrolle über die Millionenstadt. Der von Gaddafi und seinem Regime angekündigte erbitterte Endkampf blieb aus. Die Masse der Bevölkerung lehnte nicht nur die Unterstützung des bankrotten Regimes ab – sie begrüßte den Sieg der Aufständischen. Einzig in den wohlhabenderen Stadtteilen um Gaddafis Residenz hielt der Widerstand der Getreuen des alten Regimes einige Tage an.

Zweifellos war der Sieg der Rebellen durch das Eingreifen der NATO massiv begünstigt worden. Zweifellos hatte die NATO – getrieben von Frankreich und Großbritannien unter bedeutender militärischer und diplomatischer Beihilfe der USA – eine entscheidende Rolle gespielt, ohne die Gaddafi nicht so schnell gestürzt worden wäre, ja ohne die es zu einer blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes hätte kommen können, wie sie heute in Syrien droht.

Dass Großmächte auf der Seite von revolutionären Massenbewegungen und Aufständischen gegen bonapartistische Diktaturen eingreifen, ist selten – allerdings ist es auch nich einzigartig in der Geschichte des Kapitalismus und in der imperialistischen Epoche. Selbstverständlich geht es ihnen dabei darum, ihre eigenen imperialen Interessen zu verfolgen.

Für eine Bewertung und politische Positionierung ist jedoch entscheidend, ob dieses Eingreifen und die immer stärkere Unterordnung der Führung der Aufständischen – des „Nationalen Rettungsrates“ in Bengasi – gleichbedeutend damit war, dass die revolutionäre Erhebung der Massen des libyschen Volkes selbst ihren fortschrittlichen und berechtigten Charakter verloren hat.

Ein Teil der deutschen und internationalen Linken hat diese Thesen vertreten oder vertritt sie auch heute. Ihr zufolge wäre nicht nur der Rettungsrat, sondern der gesamte Aufstand, wären die Rebellen samt ihrer Anhängerschaft bloße Werkzeuge der westlichen imperialistischen Mächte, allen voran der USA. Ein Teil dieser Linken zog daraus den Schluss, dass Gaddafi gegen den Aufstand verteidigt werden musste. Andere wiederum gingen so weit, zu bestreiten, dass überhaupt eine Revolution, ja überhaupt eine Massenbewegung und ein Volksaufstand in Libyen stattgefunden hätten und die gesamte Bewegung nur eine Gruppierung gedungener Reaktionäre samt einem Fußvolk nützlicher Idioten gewesen sei.

Dieser Strömung zufolge bestünde ein grundlegender Unterschied zwischen der demokratischen Bewegung in Ägypten oder Bahrain einerseits und Libyen oder auch Syrien andererseits. Einmal handle es sich um eine zu unterstützende Volksbewegung gegen reaktionäre Diktaturen, das andere Mal um reaktionäre Proteste gegen „fast noch“ anti-imperialistische und „soziale“ Regime, deren Wohltaten die Untertanen partout nicht ausreichend zu würdigen wussten.

Im folgenden Beitrag wollen wir uns daher zuerst mit den Triebkräften der libyschen Revolution auseinandersetzen. Wir werden in diesem Zusammenhang noch einmal den politischen, reaktionären Charakter der Gaddafi-Diktatur herausarbeiten müssen, weil es gerade in der deutschen Linken – insbesondere in der neo-stalinistischen Tageszeitung „Junge Welt“ (JW) – nicht wenige gibt, die den Kampf gegen eine brutale, totalitäre Diktatur offenkundig nur dann für legitim halten, wenn er sich nicht gegen vermeintliche „Anti-Imperialisten“ richtet. Dabei wird nicht nur der repressive, polizeiliche Charakter, sondern v.a. der Klassencharakter solcher Regime – deren Verteidigung der Interessen der libyschen und z.T. ausländischen Ausbeuterklasse – geflissentlich übersehen oder verharmlost.

Außerdem werden wir auf die Strömungen in der Aufstandsbewegung eingehen, die hier auch gern als undifferenzierte Masse betrachtet wird. Wir werden zeigen, dass es sich dabei in Libyen um eine genuin revolutionäre Krise handelte, die – bei aller Besonderheit des Landes – Teil der revolutionären Welle war und ist, die den ganzen Nahen Osten und Nordafrika erschüttert.

Sodann werden wir uns mit den Gründen für das militärische Eingreifen der Imperialisten beschäftigen, ihren politischen und ökonomischen Interessen, wie auch der zunehmenden inner-imperialistischen Konkurrenz, die sich in der Libyen-Politik der verschiedenen Mächte abzeichnet.

Wir werden uns in diesem Kontext auch mit anderen Revolutionen und Kriegen des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen, wo imperialistische Mächte auf Seite der fortschrittlichen Kräfte intervenierten, ohne dass deshalb der fortschrittliche Charakter eines Kampfes geändert worden wäre.

Im letzten Abschnitt gehen wir auf die Situation seit dem Fall Gaddafis und auf die Perspektiven der libyschen Revolution ein. Wir werden dabei aufzeigen, dass – im Gegensatz zu vielen Einschätzungen – der Ausgang der libyschen Revolution noch nicht entschieden, sondern der Kampf vielmehr in ein neues Stadium getreten ist.

Ursachen des Aufstandes

Im Januar 2011 fanden auch in Libyen die ersten Demonstrationen gegen das Regime statt. Sie waren eindeutig von den Revolutionen in Tunesien und Ägypten inspiriert, die Ben Ali und Mubarak zum Abdanken gezwungen hatten – auch wenn noch keinesfalls klar war, ob die entstehende Bewegung „nur“ demokratische Reformen oder die Beseitigung des Regimes selbst zum Ziel haben würde. Spätere Anführer des Aufstandes in Bengasi versuchten jedenfalls noch Anfang Februar, bei Gaddafi für Reformen Gehör zu finden. DIE ZEIT berichtet von einer Unterredung mit Abdul Ghoga, dem ersten Chef der späteren „Übergangsregierung“ der Aufständischen:

„Sie forderten in ihrer Gegenrede Pressefreiheit, Meinungsfreiheit und eine Verfassung. Die junge Generation wolle stärker einbezogen werden in die Entwicklung ihres Landes. Sie brauche Wohnungen, eine gute Ausbildung und Arbeitsplätze. Gadhafi habe verwundert reagiert. Anders als sonst üblich habe er nicht ständig arrogant in die Luft gestarrt, sondern intensiv zugehört. Trotzdem wischte er ihre Forderungen am Ende vom Tisch. ‚Alles, was das Volk braucht, ist Essen und Trinken‘, sagte er. Niemand in Libyen sei scharf auf derartige Freiheiten, solche intellektuellen Diskussionen seien nicht gefragt.“ (1)

Diese Episode – wie sehr sie auch aus der Sicht der Aufstandsführer verzerrt wiedergeben sein mag – wirft ein bezeichnendes Bild auf das Verhältnis des „Revolutionärsführers“ zu seinem Volk und illustriert die tieferen Ursachen der Revolution.

Zweifellos wurde die Revolution von den Bewegungen in den Nachbarländern ermutigt. Sie teilten mit den LibyerInnen Jahrzehnte massiver Unterdrückung und der Vorenthaltung demokratischer Rechte.

Gaddafi stand seit dem von ihm geführten Militärputsch 1969 an der Spitze des Landes und stürzte die reaktionäre Monarchie. Politisch gab sich der „Revolutionsführer“ als „Panarabist“ und „islamischer Sozialist“ und wandte sich zeitweilig der „Afrikanischen Einheit“ zu.

Diese buntscheckigen ideologischen Aushängeschilder wie seine „anti-imperialistische“ Ausrichtung bis in die 1990er Jahre dürfen jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass Libyen unter Gaddafi immer eine Diktatur war, die sich auf den staatlichen und halbstaatlichen Repressionsorgansapparat stützte und aufgrund der großen Rohstoffeinnahmen des Landes einen gewissen sozialen Ausgleich in der Bevölkerung herstellen und traditionelle Eliten des Landes einbinden konnte.

Dabei verfügte das Regime nicht nur über eine 120.000 SoldatInnen starke Armee (ca. 50.000 Heer, 20.000 Luftwaffe, 8.000 Marine plus ca. 25.000 Wehrpflichtige). Hinzu kam eine ca. 40.000 Männer und Frauen starke Reserve, die „Volksmiliz“. Darüber hinaus hielt sich Gaddafi, der seit 1979 offiziell keine Staatsämter mehr innehatte, auch ihm bzw. seinen engsten Vertrauten unterstellte paramilitärische Einheiten als persönliche, von Stammesführern, Befehlshabern der Armee u.a. Teilen der herrschenden Cliquen des Landes unabhängige bewaffnete Macht, auf die er sich im Ernstfall verlassen konnte.

Gaddafi spielte den scheinbar über allen besonderen Interessen stehenden „Landesvater“ und „Revolutionsführer“, eine im Grunde klassisch bonapartistische Führungsrolle, die ihm und seinem Clan neben etlichen Feinden auch geschätzte 80 Milliarden Dollar Vermögen einbrachte.

Gaddafis Wende

Ende der 1990er machte das Gaddafi-Regime, das sich bis dahin als „anti-imperialistische“ Macht gefallen hatte, eine politische Kehrtwende um 180 Grad. Es schloss sich der „Koalition der Willigen“ im Krieg gegen den Irak an. 2004 wurde Tony Blair als erster westlicher Staatsgast seit Jahrzehnten in Tripolis empfangen, bald gefolgt von Gerhard Schröder.

Mit der veränderten politischen Ausrichtung ging natürlich auch ein dramatischer Wandel der Wirtschaftsbeziehungen einher. Alle imperialistischen Staaten hofften, mit Gaddafi ins Geschäft zu kommen, sich Bohrrechte zu sichern und Wirtschaftsabkommen zu schließen. So sprang schon beim Blair-Besuch 2004 ein 550 Millionen Pfund schweres Abkommen zwischen Shell und der libyschen Regierung heraus.

“Für die EU und die USA ist das in jeglicher Hinsicht verwaiste Libyen ein Idealfall. Die Ölproduktion soll von 1,6 Millionen Barrel pro Tag auf 3 Millionen im Jahr 2012 angekurbelt werden. Gleichzeitig sollen die Ölreserven, die achtgrößten der Welt, erschlossen werden. Chevron Texaco und Mathon/Conoco Phillips haben bereits 2005 ihre Schürfrechte gesichert. Auch die China National Oil hat sich erfolgreich um Suche von Gas auf einer Fläche von 40.000 Quadratkilometer Offshore beworben.

Das altmodische libysche Bankensystem soll mit Hilfe aus dem Ausland auf internationalen Standard gebrach werdent. 5 Milliarden Dollar sind nötig, die Infrastruktur des Landes zu verbessern.” (2)

Letztlich kauften sich v.a. französische und italienische Konzerne in die libysche Öl-Wirtschaft ein. So unterschrieb die italienische ENI 2007 einen Vertrag, der ihr Zugriff zu Öl- und Gasvorkommen bis 2047 sichert im Gegenzug für veranschlagte Investitionen von 28 Mrd. Dollar.

Libyen wurde auch zu einem gern gesehenen Käufer europäischer Waffentechnik und wurde außerdem zur Sicherung der EU-Außengrenzen vor afrikanischen Flüchtlingen ausgerüstet – was Gaddafis Regime auch zuverlässig und ohne große humanitäre Skrupel besorgte.

“Die Mittelmeerregion zwischen Libyen und Italien gehört zum Operationsgebiet der EU-Migrationspolizei Frontex (Europas Borderline). Laut deren Jahresbericht von 2009 haben die mit Ausrüstung und Personal anderer Mitgliedsstaaten ausgeführten Missionen eine drastische Reduzierung von Ankünften auf italienischem Festland bewirkt. 2010 sind die Zahlen nach Angaben von Frontex erneut stark zurückgegangen unter immensen Opfern auf Seiten der Flüchtlinge: Allein im Frühjahr 2009 sind Hunderte Flüchtlinge auf teils ungeklärte Weise vor der libyschen Küste ertrunken.

Auch Deutschland ist an den Missionen beteiligt. Im Juni 2009 wurden etwa 74 Migranten von einer deutschen Hubschrauberbesatzung geortet. Die Koordinaten wurden daraufhin an die maltesische und von dort an die italienische Küstenwache übermittelt, die schließlich die libyschen Kollegen informiert hatten.

Die Situation in libyschen Flüchtlingslagern wird in zahllosen Berichten von Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Das Land hat kein Asylsystem, ein Recht auf Schutz vor Verfolgung existiert nicht. Laut Amnesty International wird an Flüchtlingen auch die Todesstrafe vollstreckt.” (3)

Das tut der Gemeinsamkeit der Interessen von EU und Libyen freilich keinen Abbruch, wie der tschechische EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle und die schwedische EU-Innenkommissarin Malmström EU erklärten:

“’In wichtigen Bereichen wie Handel, Energie, Sicherheit und Entwicklung des afrikanischen Kontinents haben wir gemeinsame Interessen‘, erklärt Füle den Grund der Reise. ‚Eine ausgewogene Zusammenarbeit mit Libyen in allen Migrationsfragen ist ein wichtiges Anliegen der EU‘, ergänzt Malmström.” (4)

Daher wurde im Oktober 2010 ein weiteres Abkommen mit Libyen abgeschlossen, das auch eine umfassende Modernisierung der Überwachungstechnik des Landes vorsah. Italiens Ministerpräsident Berlusconi brachte es auf seine üblich zynische Art auf den Punkt: „Wir werden mehr Gas und Benzin aus Libyen bekommen und weniger illegale Einwanderung.“ (5)

Doch die Tendenz zur Öffnung und Privatisierung erstreckte sich keineswegs nur auf die Öl-Industrie, sondern ging eindeutig weiter – hin zu einer umfassenden neoliberalen Umstrukturierung des Landes, an der sich nicht nur westliche Investoren zu bereichern hofften, sondern bei der auch viele Günstlinge des Gaddafi-Regimes auf eine Zukunft als „echte“ Kapitalisten hofften.

“Während EU-Konzerne also begannen, in Libyen ‚gute‘ Geschäfte zu machen, lockerten auch die USA schrittweise ihre Sanktionen und strichen Libyen 2006 endgültig von der Liste der den Terror unterstützenden Staaten. Nun konnten also die Geschäfte richtig losgehen, insbesondere auch, weil Gaddafi im Laufe der Jahre auf einen neoliberaleren Kurs umschwenkte und alles tat, um ausländische Investoren anzulocken. Insbesondere wurde der vormals strikt nationalisierte Energiesektor für ausländische Firmen geöffnet. Von 2000 bis 2010 wurde zudem ein Drittel der Staatsbetriebe privatisiert und laut Regierungsangaben vom April 2010 sollte in den Folgejahren ‚100 Prozent der Wirtschaft der Kontrolle privater Investoren übergeben werden.‘ Kein Wunder also, dass der Internationale Währungsfonds Gaddafi noch Ende 2010 hervorragende Noten für seine Wirtschaftspolitik ausstellte. In einem Bericht hieß es: ‚Der Ölsektor profitiert weiter vom Bekenntnis zu ausländischen Direktinvestitionen.‘ Weiter lobte der Bericht die ‚zahlreichen wichtigen Gesetze […] zur Modernisierung der Wirtschaft‘ sowie die ‚Bemühungen, die Rolle des Privatsektors in der Wirtschaft zu vergrößern.’” (6)

Libyen und die internationale Arbeitsteilung

Libyen war immer in die globale kapitalistische Arbeitsteilung eingebunden. Der Rohstoffreichtum und die geringe Bevölkerungszahl von nur 6 Millionen erlaubten jedoch eine relativ bessere soziale Stellung für die kleine einheimische Arbeiterklasse und die Mittelschichten als z.B. in Ägypten. Es war auch die Basis für die weit verbreitete Vetternwirtschaft und Korruption zur Einbindung der traditionellen Eliten. All das führte dazu, dass eine rückständige, parasitäre Sozialstruktur auch unter Gaddafi nicht nur nicht bekämpft, sondern reproduziert wurde – weil so auch die soziale Basis des Regimes reproduziert wurde.

Die andere Seite dieser Medaille war, dass der Großteil der Arbeit auf den Ölfeldern und im Dienstleistungsbereich von ArbeitsmigrantInnen – v.a. aus Ägypten (rund 1,5 Millionen) – verrichtet wurde, die im Land immer entrechtet waren.

Es gab keine Organisationsfreiheit auf gewerkschaftlicher Ebene. Im staatlich kontrollierten Dachverband General Trade Union Federation of Workers (GTUFW) durften nur libysche Staatsbürger Mitglied sein. Das Tarifrecht war den staatlichen Vorgaben untergeordnet, das Streikrecht durch eine Zwangsschlichtung praktisch außer Kraft gesetzt.

“Das Arbeitsgesetz verlangt, dass sich die Klauseln von Tarifverträgen im Einklang mit dem nationalen wirtschaftlichen Interesse befinden“. (7)

Und weiter:

“Abschnitt 150 des Arbeitsgesetzes besagt, dass ein rechtmäßiger Streik nur dann möglich ist, wenn sämtliche Vermittlungs- und Schiedsverfahren ausgeschöpft wurden, und Abschnitt 176 sieht im Falle eines Verstoßes gegen diese Bestimmung eine einmonatige Haftstrafe oder eine Geldbuße vor. Die gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen im Falle eines kollektiven Konfliktes die Einleitung eines obligatorischen Schiedsverfahrens auf Antrag lediglich einer der Parteien oder der staatlichen Behörden, und der daraus hervorgehende Schiedsspruch ist für beide Parteien bindend. Die IAO hat festgestellt, dass dieses System ein Verbot praktisch aller Streiks bzw. deren rasche Beendigung ermöglicht.” (8)

Ein großer Teil der produktiven ArbeiterInnen war unter Gaddafi von jeder gewerkschaftlichen Vertretung ausgeschlossen, wobei es auch deutliche Abstufungen in der Behandlung der migrantischen ArbeiterInnen nach Herkunft gab. Unter der Überschrift: „Wanderarbeitskräfte von Gewerkschaften ausgeschlossen” berichtet der IGB für 2010:

“Der wirtschaftliche Boom Libyens hat dazu geführt, dass verstärkt Arbeitskräfte aus dem Maghreb, Afrika südlich der Sahara und Asien ins Land geholt wurden. Nach Schätzungen kommen über ein Fünftel der Beschäftigten aus dem Ausland. Diejenigen aus dem Maghreb werden meist recht gut behandelt, während Migranten aus den Ländern südlich der Sahara und verstärkt auch aus Asien oft die niedrigen Arbeiten verrichten. Während des Jahres mussten Hunderte von nepalesischen und indischen Beschäftigten von ihren Regierungen in die Heimat zurückgeholt werden, weil sie überhaupt kein Geld mehr erhielten, und etwa 200 Beschäftigte aus Bangladesch streikten zwei Wochen lang, weil Löhne nicht ausbezahlt wurden und sie von Vorgesetzten verprügelt wurden. Ausländische Arbeitnehmer dürfen weder eigene Gewerkschaften gründen noch ein Gewerkschaftsamt bekleiden, und die offiziellen Gewerkschaften scheinen nichts zu unternehmen, um sie zu unterstützen oder sie zu organisieren.” (9)

Die enorme Abhängigkeit von Öl und Gas zeigt sich nicht zuletzt darin, dass rund 70% des Bruttoinlandsprodukts in diesem Bereich geschaffen werden. Darauf basierte der “soziale Ausgleich” im Land, der jedoch in den letzten Jahren – nicht zuletzt auch aufgrund der oben dargestellten und vom Regime vorangetriebenen neoliberalen Reformen – immer ungleicher ausfiel und mit einer erschreckend hohen Arbeitslosigkeit verbunden war.

„Ob gewollt oder ungewollt, diese ‚Wirtschaftsreformen‘ trugen sicherlich nicht zur Verbesserung der sozialen Situation im Land bei. Generell ist von der Sozialpolitik, die zumindest am Anfang der Gaddafi-Ära eine wichtige Rolle spielte, wenig übrig geblieben: ‚Libyen ist das reichste nordafrikanische Land. […] Aber dies spiegelt sich nicht in der wirtschaftlichen Situation des durchschnittlichen Libyers wider […] Die Arbeitslosenquote beträgt überraschende 30% und die Jugendarbeitslosigkeit 40-50%. Das ist die höchste in Nordafrika. […] Auch andere Entwicklungsindikatoren zeigen, dass wenige der Petrodollars zum Wohlbefinden der 6,5 Millionen Libyer ausgegeben wurden. Das Bildungsniveau ist geringer als im benachbarten Tunesien, das über wenig Öl verfügt, und die Analphabetenrate ist mit 20% überraschend hoch. […] Vernünftige Wohnungen sind nicht zu bekommen und ein generell hohes Preisniveau belastet die Haushalte noch zusätzlich.“ (10)

Die Angaben zur Arbeitslosigkeit variieren je nach Quelle zwischen 20 und 30% der Bevölkerung, unter der Jugend bis zu 50%!

Wenn also das „Sozialsystem“ Libyens von deutschen Linken gern als „vorbildlich“ hingestellt wird, so darf das nicht über dessen ökonomische Grundlagen und fortschreitende Erosion hinwegtäuschen. Libyen entwickelte sich auch unter Gaddafi auf wirtschaftlichem Gebiet ähnlich wie die Petro-Monarchien am Golf. Eine relativ kleine einheimische Bevölkerung wird durch die Deviseneinnahmen aus dem Ölgeschäft alimentiert, wobei dem Staat dabei die Grundrente (also die Einnahmen für die Verpachtung von Grund und Boden) zukommt, während der industrielle und kommerzielle Profit aus Förderung, Verarbeitung und Handel bei den großen multi-nationalen Konzernen bleibt. Im Grund ist Libyen also ein Rentierstaat, ein Staat, der auf der Grundrente aus dem Öl- und Gasgeschäft beruht.

Die Verteilung dieser Staatseinnahmen organisierte die Gaddafi-Clique auf Basis von Korruption und Vetternwirtschaft. Die tradierten „Clanstrukturen“ wurden auf dieser wirtschaftlichen Grundlage unwillkürlich reproduziert und eingebunden, weil sie über den Zugang zu den staatlich verteilten Außenhandelseinnahmen mit entscheiden. Dabei kamen die tradierten FührerInnen der Clans nicht nur besser weg, sie hatten auch die Kontrolle darüber, wer was aus „ihrem“ Clan erhielt.

Von einer fortschrittlichen Umwälzung der Sozialstruktur des Landes unter Gaddafi kann also keine Rede sein – und sie war auf Grundlage seiner bonapartistischen Herrschaft auch weder vorgesehen noch möglich.

Wohl aber haben sich über Jahrzehnte die inneren Widersprüche des Regimes zugespitzt. Die soziale Verteilung wurde immer ungleicher. Vor allem die Jugend hatte und hat in Gaddafis Libyen höchstens die Perspektive, sich in ein abstoßend korruptes System einzugliedern. Dass dies immer weniger Leuten gelang, beweist die wachsende Armut, die v.a. im Osten des Landes ein Massenphänomen ist.

Wir sehen also, dass die „Besonderheiten“ Libyens nicht Resultat einer qualitativ besseren, fortschrittlicheren Politik Gaddafis sind, sondern vielmehr das Ergebnis der besonderen Stellung Libyens als halb-koloniales Land im Rahmen einer internationalen imperialistischen Arbeitsteilung. Die Abhängigkeit des Landes von der kapitalistischen Grundrente hat das Regime nicht nur nicht beseitigt, sondern das gesamte bonapartistische System Gaddafis baute darauf auf.

Diese bürgerliche, staatskapitalistische Diktatur mit zunehmend neoliberalen Elementen, die v.a. darauf zielten, die Günstlinge des Regimes von parasitären Beamten zu echten, vom Staat getragenen Eigentümern zu machen, hat über vierzig Jahre versagt, das Land trotz seines Rohstoffreichtums qualitativ zu transformieren. Libyen blieb ein Rohstofflieferant für den globalen Kapitalismus. Von einer Veränderung der Produktionsstruktur konnte keine Rede sein.

Ebenso wurden tradierte, vorkapitalistische Strukturen – die vielfach zitieren „Clans“ – als Verteilungsmechanismus und Stütze des Regimes reproduziert und inkorporiert. Und schließlich musste sich dieser „anti-imperialistische“ Staat in einem repressiven bonapartistischen Regime die adäquate Herrschaftsform geben – eine bizarre Mischung aus plebiszitären Elementen, korporatistischen, ständischen Formen und seinem „Revolutionsführer“; eine Mischung, die ihrer Form nach durchaus dem italienischen Faschismus ähnelte.

Zentrale Aufgaben der bürgerlichen Revolution sind ungelöst

Für uns ist entscheidend, dass in Libyen wie in allen anderen Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas zentrale Fragen der bürgerlich-demokratischen Revolution nicht gelöst waren und sind. Es war daher nicht nur nicht verwunderlich, sondern für jeden vorausschauenden Beobachter eigentlich logisch, dass sich die libysche Revolution um grundlegende demokratische Aufgaben entzünden würde.

Das gilt umso mehr, als sich die großen Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Umwälzung für MarxistInnen nicht in der Frage der politischen Form (bürgerliche Diktatur versus bürgerliches Parlament) erschöpfen, sondern grundlegende gesellschaftliche Aufgaben beinhalten wie die Beseitigung aller vorkapitalistischen, wenn auch heute funktional in den Kapitalismus eingepassten Strukturen (Clansystem, Vetternwirtschaft), die Landfrage, die Frage des Besitzes von Grund und Boden, die Unabhängigkeit vom Imperialismus, die Frage nach der Sicherung und Gewinnung bürgerlich-demokratischer Rechte …

Zweitens lehrt die Erfahrung seit Beginn des 20. Jahrhunderts, dass diese demokratischen Aufgaben nicht von der Bourgeoisie – auch nicht von jener der halbkolonialen Welt – gelöst werden können. Gaddafi ist hier nur ein weiteres unrühmliches Beispiel dafür, dass eine „anti-imperialistische“ bürgerliche Diktatur keine einzige große Frage der bürgerlich-demokratischen Umwälzung auch nur voranbringen konnte.

Wie der große Revolutionär Leo Trotzki in der „Theorie der permanenten Revolution“ gezeigt hat, können diese Probleme nur unter Führung des Proletariats gelöst werden, ist „der Sieg der demokratischen Revolution nur durch die Diktatur des Proletariats denkbar“ (11):

„In Bezug auf die Länder mit einer verspäteten bürgerlichen Entwicklung, insbesondere auf die kolonialen und halbkolonialen Länder, bedeutet die Theorie der permanenten Revolution, dass die volle und wirkliche Lösung der demokratischen Aufgabe und des Problems ihrer nationalen Befreiung nur denkbar ist mittels der Diktatur des Proletariats als Führer der unterdrückten Nation und vor allem ihrer Bauernmassen.“ (12)

Für proletarische RevolutionärInnen, für die internationale Arbeiterbewegung war es daher eine unbedingte Klassenpflicht, den Ausbruch der libyschen Revolution ohne Wenn und Aber zu begrüßen und deren Kampf zu unterstützen. Natürlich war immer klar, dass bewusste proletarisch-revolutionäre Kräfte im Land praktisch nicht vorhanden waren, dass selbst Ansätze für eine unabhängige Arbeiterbewegung kaum existierten.

Doch: Wie sonst sollte sich überhaupt eine solche Kraft formieren, wenn nicht im Kampf gegen das Gaddafi-Regime, das über 40 Jahre hinweg hauptverantwortlich war für die Erstickung und Liquidierung praktisch jeden oppositionellen politischen Lebens? Welche günstigere Bedingung konnte und kann es geben, dass sich eine solche Kraft bildet, wenn nicht in einer revolutionären Krise einschließlich all ihrer „Gefahren“?! Wie sonst sollten die schwachen revolutionären Kräfte weltweit, wie sollte die Arbeiterbewegung, wie sollten die Massen und v.a. die fortschrittlichsten Teile der Revolution in Ägypten und Tunesien politisch Einfluss erlangen, wenn nicht durch die entschlossene Unterstützung des Kampfes gegen Gaddafi?!

Nur so konnte und kann der Einfluss anderer politischer Kräfte – sei es des Imperialismus, sei es „nationaler“ und religiöser bürgerlicher und kleinbürgerlicher Kräfte – zurückgedrängt werden.

Hier hat ein Großteil der deutschen und internationalen Linken kläglich versagt! Sie haben wie z.B. Castro und Chavez die „Nichteinmischung“ in die libysche Revolution gepredigt, also praktisch dafür argumentiert, dass Gaddafi freie Hand haben sollte bei der Niederschlagung des Aufstands.

Eine solche Politik war und ist nicht nur zynisch, weil sie sich mit der staatlichen Repression solidarisiert – sie war und ist auch hoffnungslos, weil sie verunmöglicht, politischen Einfluss auf die Massen zu gewinnen, weil sie verunmöglicht, eine revolutionäre Kraft aufzubauen.

Eine Volksrevolution

Obige Darlegung erklärt, warum die Lage auch in Libyen überreif war für den Ausbruch einer Revolution. Es ist eine obskure und reaktionäre Verschwörungstheorie, die Entwicklung des Aufstandes heute – nach den UN-mandatierten Bombardements – so hinzustellen, als wäre das von Beginn an ein US-gesteuertes Manöver gewesen, um Gaddafi zu Fall zu bringen.

Diesen „Analysen“ widerspricht sogar die Sicht Gaddafis am Beginn der Revolution, also im Januar/Februar 2011. Er wittert zwar „das Ausland“ hinter den sich ausbreitenden Aufständen – doch in erster Linie „Islamisten“ und „Al Quaida“. Der Grund dafür war ganz einfach. Gaddafi will seinen damaligen Freunden Berlusconi, Sarkozy und dem Westen klar machen, dass er gewissermaßen den „Krieg gegen den islamischen Terrorismus“ an vorderster Front führt, dass es einen grundlegenden Unterschied zwischen seinem Regime und jenem Mubaraks gebe, dass er für die reaktionären Zwecke Frankreichs, Italiens u.a. imperialistischer Mächte noch gebraucht werde. Ohne ihn drohe das Chaos, versucht Gaddafi noch Anfang März seine Freunde in der EU zu schrecken:

„Sie werden die Immigration haben, Tausende von Leuten  werden Europa von Libyen aus überschwemmen. Und niemand wird mehr da sein, um sie aufzuhalten. Sie werden Bin Laden an ihren Toren haben. Es wird einen islamischen Djihad auf Ihrem Nachbarufer im Mittelmeer geben. Sie werden die amerikanische Sechste Flotte angreifen, es wird Piraterieakte hier vor Ihren Toren geben.“ (13)

Er hoffte so auf die stillschweigende Zustimmung des Westens, das Volk zu massakrieren. In Wirklichkeit hat die Entwicklung in Libyen nichts mit Verschwörungen des Westens, der Islamisten oder sonst wem zu tun. In Libyen fand wie in vielen Staaten eine Volksrevolution statt – eine revolutionäre Erhebung gegen jahrzehntelang allmächtig scheinende Despoten.

Ihre tieferen Ursachen haben wir oben dargelegt. Sie verbanden sich mit den Auswirkungen der globalen Krise des Kapitalismus. In vielen Ländern führten sie zu Inflation, zu massiven Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln, die besonders die unteren Schichten und die Arbeiterklasse, aber auch lohnabhängige Mittelschichten (Staatsbedienstete, mittlere Angestellte) und das Kleinbürgertum trafen. Diese größer werdende Not und die grassierende Arbeitslosigkeit führten zur Rebellion. Diese musste aufgrund des diktatorischen und repressiven Charakters dieser Regime unwillkürlich dazu führen, dass die Forderungen nach Demokratie – Demonstrations- und Rederecht, Koalitionsrecht – in den Mittelpunkt praktisch aller Bewegungen rückten und in der Forderung nach Rücktritt oder Sturz der jeweiligen Despoten kulminierten.

Die Revolutionen nahmen also den Charakter von „Volksrevolutionen“, einer breiten Mobilisierung aller politisch unterdrückten Schichten der Nation an, von den ArbeiterInnen und Armen über Mittelschichten und Kleinbürgertum bis hin zu Teilen der Elite. (14)

Innerhalb weniger Tage erhoben sich im Januar und Februar 2011 Hunderttausende. Am 15. Februar versammelten sich DemonstrantInnen nach Aufrufen im Internet in verschiedenen Städten Libyens zu Protestmärschen, bei denen Parolen gegen „die korrupten Herrscher des Landes“ gerufen wurden. Für den 17. Februar wurde von der Opposition um Abdul Hakim Ghoga ein Tag des Zorns ausgerufen; es kam zu Demonstrationen in allen großen libyschen Städten. Selbst in Tripolis, wo die Repression an größten war, demonstrierten Tausende. Dutzende Demonstranten kamen ums Leben. Augenzeugenberichten zufolge gingen Gruppen von bewaffneten Söldnern gezielt und schwer bewaffnet gegen die Bevölkerung vor, Spezialeinheiten der Polizei schossen von Dächern aus in die Menge. Auch Panzer sollen gegen Zivilisten eingesetzt worden sein.

“Die Antwort des durch die Revolutionen in seinen Nachbarstaaten verängstigten Regimes war es, das Feuer auf die Protestierenden zu eröffnen. Der Zyklus von Tötungen, Begräbnissen und weiteren Tötungen entwickelte sich zu einem landesweiten Aufstand. Die Ereigniskette, die in Tunesien und Ägypten den Erfolg errang, schien wieder am Werk: kleine Proteste, die sich in Massendemonstrationen verwandeln, das Verjagen der Sicherheitskräfte von der Straße, eine handlungsunfähige Armee, eine entscheidende Welle von Massenstreiks, die Trennung der Regimes von ihren alten Diktatoren.

Gebäude der Staatssicherheit wurden von wütenden Menschenansammlungen zerstört, Polizeireviere niedergebrannt und einer von Gaddafis Palästen angezündet. Millionen von Menschen gingen auf die Straße und trieben das Regime in die Enge, Teile der Landesarmee lösten sich auf oder gingen zu den Aufständischen über. Als es sich herumsprach, dass Gaddafi die Flucht ergriffen hatte, setzten sich Massen von Menschen in Bewegung, um den Grünen Platz in der Hauptstadt Tripolis zu besetzen. Dann gab das Regime seinen Anhängern, seinen Schergen und loyalen Truppen, freie Hand, um die Bewegung zu zerschlagen. Das Ausmaß und die Brutalität der Unterdrückung beschleunigten noch den Kollaps von Teilen des Regimes. Libysche Diplomaten gesellten sich zu der Revolte, Gruppen von Armeeoffizieren veröffentlichten Stellungnahmen, in denen sie die Truppen zur Befehlsverweigerung aufriefen, und ganze Städte und Dörfer riefen die Revolution aus.” (15)

Es war die brutale Reaktion des Regimes, die dazu führte, dass die libysche Revolution einen anderen Verlauf nahm als jene in Ägypten oder Tunesien. Die Staatsmacht unter Diktator Gaddafi versuchte – ähnlich dem syrischen Präsidenten Assad – mit allen Mitteln, die Opposition in Blut zu ertränken.

Die Bewegung nahm also rasch die Form des Bürgerkriegs, des bewaffneten Aufstands an. Teile der Sicherheitskräfte und der Armee wechselten die Fronten. Bengasi, die bedeutendste und größte Stadt Ostlibyens, fiel am 20. Februar in die Hände der Aufständischen. Weitere Städte folgten, so dass nach etwa einwöchigen Kämpfen praktisch die gesamte Kyrenaika (Nord-Ost-Libyen) von den Rebellen kontrolliert wurde.

“Aufschlussreich ist eine Analyse der ‚Stiftung Wissenschaft und Politik‘ (SWP), nach deren Angaben sich die Aufständischen im Wesentlichen aus vier Gruppen zusammensetzen würden: Teile der ehemaligen Elite, die inzwischen übergelaufen seien; den Stämmen, von denen mittlerweile sich ein Großteil gegen Gaddafi gewendet habe; den Muslimbrüdern, die vor allem in der ‚urbanen Mittelschicht‘ Unterstützung fänden; sowie ‚arbeitslose oder unterbeschäftigte junge Männer‘, deren Angriffe auf Polizeistationen ‚der entscheidende Impuls für den Aufstand‘ gewesen seien. Trotz der Gründung einer Übergangsregierung könne von einer einheitlichen Oppositionsbewegung keine Rede sein, so die weitere Einschätzung: ‚Die Aufständischen sind eine lose Koalition verschiedener Gruppen, deren Zusammenhalt spätestens mit dem Sturz Gaddafis gefährdet sein dürfte.‘ Nach dem Sturz Gaddafis stünde Libyen vor schwierigen Problemen: ‚Für die Mehrheit der politischen Akteure wird es aber weniger um die Grundlagen des libyschen Staates, sondern vielmehr um die Neuverteilung der Ressourcen gehen.“ (16)

Mit anderen Worten: Wir haben es mit einer demokratischen Revolution zu tun, unter deren Banner unterschiedliche Klassen ihre Ziele verfolgen. Während in Tunesien und Ägypten der Ansturm der Bewegung in den wichtigsten Städten des Landes dazu führte, dass die Armee die Präsidenten und ihre Regierungsclique zum Abdanken gezwungen waren, um den Staat selbst vor den Massen zu retten und um zu versuchen, mit halbherzigen „demokratischen“ Reformen den Forderungen nach bürgerlicher Demokratie die Spitze zu nehmen, entwickelte sich in Libyen die Situation anders.

Gaddafi war fest entschlossen, nicht Tunesiens Ben Ali ins Exil zu folgen und beantwortete die demokratischen Forderungen der Massen mit Repression. Diese reagierten mit einem Aufstand, der von den Bewegungen in Tunesien und Ägypten inspiriert war und von der Jugend – darunter viele Arbeitslose, untere Schichten des Kleinbürgertums und aus der kleinen libyschen Arbeiterklasse – getragen wurde.

Ein zweiter entscheidender Unterschied bestand darin, dass die Bewegung in Libyen die Hauptstadt nicht in Besitz nehmen konnte und so das alte Regime noch immer über das administrative Zentrum des Landes verfügte, während die Bewegungen in Ägypten und Tunesien in der Hauptstadt ihr Zentrum hatten. Daher entwickelte sich auch eine Situation der Doppelmacht im Land, die sich dann territorial manifestierte.

“Es handelte sich um einen Massenaufstand von Millionen Menschen. Die Bevölkerung nahm in den befreiten Gegenden alle Staatsfunktionen in die eigenen Hände, auch die Verwaltung der Gefängnisse, der Polizei und der Gerichte. Basisräte organisierten die Lebensmittelverteilung entsprechend den Bedürfnissen der Menschen, eröffneten TV- und Radiosender, brachten revolutionäre Zeitungen heraus. Volkskomitees übernahmen wichtige Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Elektrizitätswerke, Häfen und andere. Alle wichtigen befreiten Groß- und Kleinstädte werden von diesen revolutionären Räten verwaltet. Beobachter, auch westliche Journalisten, bezeugen die Effizienz und große Energie dieser Räte und die entspannte ‚Freiheitsatmosphäre‘ in den Aufstandsgebieten.” (17)

Diese „Freiheitsatmosphäre“ beschrieben auch andere Zeugen. Beispielsweise berichtet der libanesische Trotzkist Jamal Jaber von einem Besuch in Bengasi im Juni 2011:

“Liberty Square (Platz der Freiheit, vor dem 17. Februar Tribunal Square) ist zum Forum geworden, auf dem verschiedene politische und gesellschaftliche Ansichten ausgedrückt werden. Nach 17.00 Uhr treffen sich die Menschen, um Al-Jazeera auf dem riesigen Bildschirm zu sehen, während Teilnehmer jeden Alters öffentlich Lieder, Gedichte und Reden zu politischen oder religiösen Themen darbieten. Große Transparente erinnern an die Entschlossenheit der RebellInnen, ganz Libyen zu befreien und eine Teilung des Landes abzulehnen („Nein zum Tribalismus“; „weder östlich [Region] noch westlich noch tribalistisch – national!“; „Freies Tripolis „). Graffiti preisen den Aufstand und die Märtyrer. Zwei Poster von Che und Bob Marley schmücken den Kiosk von zwei jungen Zigarettenverkäufern und zeugen von den vielfältigen Inspirationen dieser Revolution durch die Jugend. Paradoxerweise finden sich auch die Flaggen der USA und der Europäischen Gemeinschaft dort, um daran zu erinnern, dass die Freiheit der LibyerInnen zu einem großen Teil von der Unterstützung dieser Regierungen abhängt, die jedoch nicht die Volksaufstände in Tunesien, Ägypten oder gegen die anderen Diktaturen der Region unterstützt haben. Unter den Ständen der verschiedenen Organisationen befindet sich auch die Palästinensisch-Libysche Freundschaftsgesellschaft mit den Portraits der 108 Opfer des israelischen Luftangriffs auf eine Boeing der Libysch-Arabischen Fluggesellschaft am 21. Februar 1973. Anderswo auf dem gleichen Platz findet sich ein großes Transparent mit der Aufschrift: ‚Palästina und Libyen: Eine Revolution für die arabische Nation‘ sowie zahlreiche Banner, die den Kopf von Gaddafi zwischen einem Davidstern, der Israel symbolisiert, und einem Hakenkreuz, das den Nazismus darstellt, zeigen. Während die legale Presse unter Gaddafi auf die des Regimes beschränkt war, stellen die mehr als 65 verschiedenen Tageszeitungen, Wochenzeitungen oder Monatszeitschriften, die jetzt in Bengasi erscheinen können, eine der Haupterrungenschaften der Revolution dar.

Die Rolle der Jugend

In Libyen wie in den anderen arabischen demokratischen Aufstandsbewegungen hat die Jugend eine Führungsrolle gespielt. Sie war es, die die ersten friedlichen Demonstrationen gegen das Gaddafi-Regime startete und die StudentInnen Bengasis neben Rechtsanwälten und MenschenrechtsaktivistInnen einbezog. Auf dem Liberty Square verteilen zahlreiche Jugendorganisationen ihre Flugblätter und verkaufen ihre Publikationen – eine beträchtliche Überraschung für mich, der Libyen unter dem alten Regime kannte.“ (18)

Diese revolutionäre Bewegung litt natürlich immer an mehreren Defiziten: Erstens an einer schwachen Arbeiterklasse, zumal es nicht gelang, die Masse der migrantischen LohnarbeiterInnen – v.a. die 1,5 Millionen aus Ägypten – voll in die Bewegung zu ziehen.

Zweitens wurde der Kampf rasch zu einem Bürgerkrieg und die Aufständischen drohten, nach einer ersten Phase brutal und vernichtend geschlagen zu werden. Es war klar, dass sie militärisch unterlegen waren, zumal sich Gaddafi auf seine „Spezialeinheiten“ und weit überlegene Ausrüstung stützen konnte.

Dieses Defizit hätten die Aufständischen nur durch die Unterstützung durch andere arabische und nordafrikanische Länder – v.a. durch Waffen und Freiwillige einschließlich  ausgebildeter Soldaten aus Ägypten – sowie die materielle Hilfe der gesamten internationalen Arbeiterbewegung wettmachen können.

Drittens litt die Bewegung an der politischen Schwäche ihrer Führung. Das ist nicht verwunderlich. Jahrzehnte einer reaktionären Diktatur haben es äußerst schwer gemacht, dass sich im Untergrund revolutionäre, proletarische Strömungen entwickeln konnten. Auch diese müssen einen Anschub und Hilfe durch die internationale Arbeiterbewegung und die Revolution in Ländern wie Ägypten erhalten, wo die Arbeiterbewegung trotz unbestreitbarer Schwächen deutlich weiter entwickelt ist.

All das ändert jedoch überhaupt nichts am revolutionären und heroischen Charakter der libyschen Revolution. Es sind aber Schwächen, die sich die imperialistischen Mächte zunutze machen, um die Revolution zu enthaupten und Libyen wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen. Besonders deutlich drückte sich das von Beginn an bei der Führung des Aufstands aus:

“Die Volksräte bildeten einen landesweiten Übergangsrat, den Transnational National Council (TNC), dem die führende Rolle in der Revolution zufiel. Es sind jedoch zwei Flügel, die innerhalb des TNC wirken. Einerseits die im Volk verankerte revolutionäre Leitung aus zentralen Wortführern des Aufstandes, zum anderen die ehemaligen hochrangigen Regimestützen, die eine Interimsregierung mit Hilfe des Westens anstreben. Die Gründung des TNC war ein Kompromiss zwischen diesen beiden Flügeln. Eine der Bedingungen für sein Zustandekommen war, dass er dem Westen die Garantie gab, die von Gaddafi unterzeichneten Ölverträge zu erfüllen.” (19)

Die Entwicklungen der letzten Monate haben dazu geführt, dass der TNC immer mehr von den westlichen Imperialisten, also den NATO-Staaten eingekauft wurde. Aber das heißt noch lange nicht, dass damit die libysche Revolution aufgehört hätte, eine Revolution zu sein.

Einer solchen Analyse liegt der Fehler zugrunde, die bürgerliche Führung einer Massenerhebung mit der in sich widersprüchlichen Bewegung selbst zu identifizieren.

Sie führt zweitens dazu, den berechtigten Charakter der Revolution, den berechtigten Charakter ihres Aufstehens gegen eine Despotie zu leugnen. Den libyschen Massen mangelt es zweifellos an Bewusstheit. Sie hatten und haben zweifellos politische Illusionen in die bürgerliche Demokratie oder in noch reaktionärere ideologische Formen.

Aber wir haben weiter oben gezeigt, dass diese Massen zugleich durch eine reaktionäre bürgerliche Diktatur nicht nur despotisch unterdrückt waren. Diese hat auch jede grundlegend fortschrittliche Entwicklung im Land blockiert – einschließlich der Bildung unabhängiger Klassenorganisationen und von Bewusstsein der Arbeiterklasse.

Die grundlegende Frage, die sich hier stellt, lautet: Haben und hatten die libyschen Volksmassen trotz mangelnden Bewusstseins, das Recht zu revolutionärer Empörung, zum Aufstand? Oder hätten sie zuvor eine politische Führung bilden, ein politisches Bewusstsein entwickeln müssen, das einen fortschrittlichen Ausgang des Kampfes sichert, dass es den Imperialisten u.a. reaktionären Kräften verunmöglicht, die Illusionen und Hoffnungen der Massen auszunutzen?

Wer solche Forderungen an eine Revolution, an die Unterdrückten stellt, müsste sich im Grunde gegen JEDE Revolution stellen. Für MarxistInnen ist nicht die politische, bewusstseinsmäßige Reife der unterdrückten Massen das Kriterium, das erst den Kampf gegen die Unterdrückung rechtfertigt. Es ist vielmehr die Unterdrückung durch das Gaddafi-Regime, die herrschende libysche Klasse und ihren Apparat, die die Revolution rechtfertigt. Für uns ist es letztlich die Revolution selbst, die erst die Revolutionierung des Bewusstseins der libyschen Massen, die klassenmäßige Differenzierung innerhalb der Revolution, die Schaffung einer proletarischen Avantgarde ermöglicht.

Doch dazu müssen sich MarxistInnen an die Seite der Revolution stellen. Ansonsten erhalten – und verdienen – sie kein Gehör bei den Massen.

Gründe für die Intervention der Imperialisten

Die Entwicklung in Libyen – das dürfen wir nicht vergessen – war von den Imperialisten keineswegs inszeniert worden. Im Gegenteil, sie waren überaus beunruhigt. Der drohende Sturz eines weiteren Diktators durch revolutionäre Gewalt war ein Horrorszenario, nicht nur, weil mobilisierte und bewaffnete Massen schwerer zu kontrollieren sind als ein „gelenkter“ Übergang, wie er in Ägypten angestrebt wird, sondern auch, weil das ein explosives Vorbild für andere arabische Länder gewesen wäre.

Gaddafis Weigerung, dieselbe Rolle zu spielen wie die ehemaligen Verbündeten und imperialistischen Büttel Mubarak oder Ben Ali, bedeutet aber auch, dass er für einen größer werdenden Teil der Herrschenden dieser Welt „untragbar“ geworden war. Untragbar nicht deshalb, weil der ehedem gern gesehene Staatsgast plötzlich ganz anders geworden wäre, sondern weil ihm die Sicherung imperialistischer Interessen in „seinem“ Land und dessen dauerhafte Befriedung nicht mehr zugetraut wurden.

Daher machten USA, Britannien, Frankreich, die noch wenige Wochen zuvor von den Demonstrationen, vom „arabischen Frühling“ überrascht worden waren, jetzt ihrerseits eine Kehrtwende.

Die einstigen Geschäftsfreunde Gaddafis, die ihm die brutale Sicherung der EU-Außengrenzen anvertraut hatten, entdeckten nun ihr Herz für die „Demokratie“, vollzogen ihrerseits eine 180-Grad-Wende und ließen sich das Eingreifen durch die UNO mandatieren.

Die libysche und arabische Revolution wieder in den Griff zu bekommen – das einte alle Imperialisten, auch solche wie Deutschland, das sich im UN-Sicherheitsrat enthalten hat. Es einte auch China und Russland mit den westlichen Mächten.

Frankreich, Britannien und die USA stellen sich jedoch mit ihrem Eingreifen an die vorderste Front. Das hängt v.a. damit zusammen, dass diese imperialistischen Staaten am meisten an politischem Einfluss im Nahen Osten und Nordafrika zu verlieren haben.

Zweifellos ging und geht es auch um die Sicherung der existierenden und vermuteten Öl- und Gasreserven des Landes. Es wäre aber zu kurz gegriffen, im Kampf um eine Neuverteilung der libyschen Ölreserven das Hauptmotiv zu erblicken. Schon unter Gaddafi hatten sich die westlichen Konzerne den Großteil der Schürfrechte unter den Nagel gerissen – allen voran die italienische ENI, die Verträge bis 2047 über 28 Mrd. Euro abschloss. Einen besseren Vertrag wird ein Großkonzern des schwächelnden italienischen Imperialismus kaum erhalten. Auch Frankreich und Britannien werden v.a. darauf bedacht sein müssen, die Konzessionen Gaddafis zu behalten.

Und selbst die USA wissen ein Lied davon zu singen, dass eine Neuverhandlung von Verträgen selbst mit dem gefälligsten Büttelregime nicht immer zum gewünschten Resultat – sprich zu guten Verträgen für US-Konzerne – führt. So gingen z.B. in Afghanistan wichtige Verträge der Regierung Karsai an China, obwohl sich diese imperialistische Macht an Besatzung und Besatzungskosten nicht beteiligt.

All das erklärt, warum zahlreiche imperialistische Regierungen den Übergangsrat als neue Außenvertretung Libyens drängen, die Wirtschaftsverträge der Gaddafi-Ära einzuhalten.

Die imperialistische Intervention muss vielmehr im Rahmen größerer, geostrategischer Fragen und der Gefahr betrachtet werden, die von der libyschen Revolution ausging und angesichts der Schwierigkeiten, ein „gefälliges“ Regime zu errichten, weiter ausgeht.

Unterschiedliche Interessen

Frankreich sieht Nordafrika als traditionelle – und eine seiner letzten – Einflusssphäre(n), wo es tonangebend ist. Durch die enge Bindung an Ben Ali und Gaddafi war der französische Imperialismus zu Beginn 2011 massiv diskreditiert und drohte, jede Chance auf Einflussnahme auf die veränderten Bedingungen in Nordafrika und im Nahen Osten zu verlieren.

Die USA und ihr Hauptverbündeter Britannien sind am engsten mit der bestehenden imperialistischen Ordnung der gesamten Region verbunden. Auch sie fürchteten angesichts ihrer anfangs zögerlichen Haltung, weiter an Boden zu verlieren.

Das erklärt umgekehrt, warum sich China, Russland und Deutschland im Weltsicherheitsrat der Stimme enthielten. Ihre imperialistischen Interessen waren andere. Sie wissen um die enormen Risiken dieser Politik – beginnend mit den militärischen Problemen eines möglichen „zweiten Irak“.

Sie wissen, dass die militärischen Probleme keineswegs die Hauptschwierigkeit der Politik der USA, Frankreichs, Britanniens darstellen. Das eigentliche Problem ist der wirtschaftliche Niedergang dieser imperialistischen Staaten, v.a. der USA. Ihre Fähigkeit, eine Neuordnung der Welt zu organisieren, steht daher zunehmend auf tönernen Füßen.

Das zeigt sich auch, wenn die Frage nach dem längerfristigen Ziel für die Zeit nach der Intervention gestellt wird.

Gemeinsam ist den USA, Britannien und Frankreich nur eines: das Kriegsziel „Befriedung und Stabilisierung“ der Lage, das Ziel, einen möglichst großen Einfluss auf die Neuordnung des Landes zu erringen – eine gemeinsame Vorstellung, wie eine politische Neuordnung des Landes aussehen soll, gab und gibt es letztlich nicht. Eine solche wird es wohl auch nicht geben.

In den nächsten Wochen werden sich die unterschiedlichen Interessen der imperialistischen Mächte deutlicher herausschälen. Wir werden in den nächsten Monaten eine Verschärfung der inner-imperialistischen Kämpfe um Einfluss in Libyen wie überhaupt in der Region beobachten können, wobei auch China, Deutschland und Russland sowie Regionalmächte wie die Türkei versuchen werden, sich als die „besten Freunde des neuen Libyens“ zu präsentieren.

Die Massen und die Rolle des TNC

Der eigentliche Grund für die UN-Resolution im März und die NATO-Intervention war, als Verteidiger der Massen, der Demokratie, des „arabischen Frühlings“ zu erscheinen und so der Bewegung die Spitze zu nehmen.

Die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats, eine Flugverbotzone über Libyen einzurichten und Militärschläge gegen das Land zu legitimieren, stieß bei den arabischen Massen auf Zustimmung.

Wie die Aufständischen in Bengasi interpretieren sie die UN-Resolution als eine Unterstützung ihres Kampfes. Genau darin lag und liegt aber die tragische Illusion, die noch dadurch genährt wird, dass die Arabische Liga und die UNO dieses Mandat gaben. Dabei ist die Arabische Liga wenig mehr als ein Instrument pro-imperialistischer, reaktionärer Potentaten, die „bestenfalls“ tönerne Resolutionen verabschieden, seit Jahrzehnten jedoch nichts zuwege bringen, wenn es z.B. um die Befreiung des palästinensischen Volkes geht.

Die UNO ist ein Instrument des Imperialismus, eine Fassade, welche die „Weltgemeinschaft“ repräsentieren soll. Mandate und Beschlüsse, die irgendeine praktische Geltung haben, gibt es nur, solange sie den Interessen der Großmächte dienen.

Ein Eingreifen der USA, Frankreichs, Britanniens konnte sich auf ein „humanitäres“ Mandat und ungewöhnlich große Zustimmung durch die arabischen Massen stützen. Es ist unvermeidlich, dass diese Illusionen an der harten Realität und dem Zynismus der imperialistischen Politik – siehe nur Bahrain oder Palästina – zerbrechen.

Auch in Libyen hat die verstärkte Intervention der Großmächte dazu geführt, dass sie jetzt in einer vergleichsweise günstigen Position sind, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen.

Aber schon im Krieg zeigte sich, dass die USA, Britannien und Frankreich durchgehend daran interessiert waren, die Aufständischen an der kurzen Leine zu zügeln, sie möglichst von ihrer „Unterstützung“ abhängig zu halten.

So wurde das Waffenembargo gegen Libyen nicht aufgehoben. Das führte dazu, dass die Rebellen ihre militär-technische Unterlegenheit, v.a. den Mangel an schweren Waffen gegenüber den Truppen des Regimes bis zum Ende des Krieges beibehielten. Die meisten schweren Geräte wie Panzer, die sie sich im Laufe der Zeit aneigneten, stammen aus den Beständen des Regimes, von übergelaufenen Einheiten oder wurden erobert. Wenn sie Waffen erhielten, so eher leichtes Gerät und logistische Unterstützung.

Der Grund dafür liegt nicht darin, dass die NATO dem Rettungsrat in Bengasi nicht getraut hätte – selbst wenn es unter der TNC-Führung im Zuge der letzten Monate wichtige Konflikte gab.

Der eigentliche Grund liegt darin, dass sie eine „unkontrollierte“ Bewaffnung der Rebellenarmee zumindest einschränken wollten, dass sie fürchteten und bis heute fürchten, dass hunderttausende bewaffnete LibyerInnen eben auch eine Gefahr für jede zukünftige reaktionäre Stabilisierung sind.

Das zeigt sich auch darin, dass die Imperialisten bezüglich ihrer Kriegsziele immer wieder gewissen Schwankungen unterlagen. Zwar sprachen v.a. Frankreich, USA und Britannien davon, dass ihr Ziel ein Regimewechsel sei, doch gab es zugleich auch immer wieder Gerüchte über „Geheimverhandlungen“ von Repräsentanten der Aufständischen und des Gaddafi-Regimes, die von „Dritten“ – z.B. Südafrika, der Türkei oder westlichen Geheimdienstlern – hinter den Kulissen vermittelt wurden. Lange war auch unklar, ob der Westen wirklich das Regime in Tripolis stürzen wollte oder eher auf eine dauerhafte de facto-Teilung des Landes hinarbeitete.

In jedem Fall zeichnet aber sich eine Konstante in der Kriegsstrategie und Nachkriegsplanung ab: den libyschen Staatsapparat in wesentlichen Teilen intakt zu halten. Darin hatten die Imperialisten aus dem Irak gelernt, wo nach der Invasion die Strukturen der Baath-Partei wie des irakischen Repressionsapparats weitgehend zerstört wurden und alsbald das Fehlen zuverlässiger irakischer Staatsorgane zu einem Problem für die imperialistische Besatzung wurde.

In dem Artikel „NATO’s ‚Conspiracy‘ against the Libyan revolution” weist Gilbert Achcar darauf hin, dass es es die Führung der Rebellen, der TNC, war, der alle Avancen von NATO-Vermittlern ablehnte, mit einem Teil des Gaddafi-Regimes eine “Ordnung ohne den König der Könige”, also Gaddafi, auszuhandeln. Warum?

„Die Hauptsorge der von Briten ausgearbeiteten NATO-„Road Map“ ist es, eine Wiederholung der katastrophalen, US-geführten Handhabung der Lage im Irak nach der Invasion zu vermeiden. Dort war die Bush-Administration mit der Alternative konfrontiert, das Gros des baathistischen Staates zu inkorporieren oder ganz zu zerschlagen. Sie entschied sich für letztere Option, die von Ahmed Chalabi und den Neo-Konservativen befürwortet worden war, die sich von der Blaupause eines abgespeckten pro-US-amerikanischen Klientelstaates leiten ließen. Die Road Map für Libyen ist folgerichtig von jenen Szenarien inspiriert, die im Irak vom CIA favorisiert, von der Administration jedoch abgelehnt wurden. Wie Mitchell erläutert, basiert es auf der ‚Empfehlung, dass Libyen nicht dem Beispiel des Irak folgen sollte, die Armee aufzulösen, was von einigen Offizieren als strategischer Fehler betrachtet wurde, der dazu betrug, den Aufstand unter den sensiblen und instabilen Bedingungen nach Saddam Husseins Sturz anzufachen.“ (20)

Schließlich hielt der Westen den Übergangsrat auch finanziell an der kurzen Leine. Zwar wurden in den ersten Monaten seit Aufstandsbeginn die libyschen Auslandskonten gesperrt und praktisch von den Staaten in Beschlag genommen, deren Banken sie verwalteten – doch der Revolution des libyschen Volkes wollte sie der Westen keineswegs frei Haus zur Verfügung stellen. So musste der Übergangsrat um jede Finanzhilfe bitten, während die Milliarden Gaddafis weiter eingefroren waren und auch heute erst zum Teil frei gegeben wurden.

Die politische Taktik im Bürgerkrieg

Der Bürgerkrieg markierte eine Zuspitzung des Kampfes gegen das Gaddafi-Regime. Auch das Eingreifen der NATO – vorgeblich auf Seiten des Volkes – änderte den grundsätzlich gerechtfertigten Charakter des Kampfes nicht.

Tatsächlich gab es schon früher wichtige Kriege und Revolutionen, wo imperialistische Mächte aus Eigeninteresse die fortschrittliche Seite unterstützten, ohne dass dies dem progressiven Charakter dieses Kampfes Abbruch tat.

Diese trifft z.B. auf den Spanischen Bürgerkrieg zu, wo proletarische RevolutionärInnen verpflichtet waren, den Kampf für die sozialistische Revolution mit dem gleichzeitigen Kampf gegen die francoistische Konterrevolution zu verbinden. Das implizierte natürlich auch gemeinsame Aktionen mit dem republikanischen Lager – ohne der „anti-faschistischen“ Bourgeoisie und der Volksfront politische Unterstützung zu geben; es  implizierte natürlich auch, Waffenlieferungen von Seiten der stalinistischen Sowjetunion anzunehmen, wie auch von den vorgeblichen westlichen Verbündeten der Republik (Britannien und Frankreich) zu fordern, selbst wenn es wahrscheinlich war, dass solche durch die Schergen der Volksfront und durch die StalinistInnen gegen revolutionäre KommunistInnen eingesetzt wurden.

Dazu Trotzki: „Ich würde Caballero (den Führer der Volksfront im April 1937) mit allen erdenklichen Mitteln gegen den Faschismus unterstützen, gleichzeitig würde ich aber der kommunistischen Partei anraten, nicht in die Regierung einzutreten, sondern Caballero gegenüber eine kritische Position zu bewahren.“ (21)

Und an anderer Stelle: „Man muss den republikanischen Truppen mit allen zur Verfügung stehenden Kräften helfen, aber der Sieg Caballeros über Franco würde bei weitem noch nicht den Sieg der Revolution bedeuten.“ (22)

Schließlich konkretisiert Trotzki seine kategorische Feststellung noch einmal anhand folgender Frage, was die ArbeiterInnen bezüglich eines Munitionsschiffs an Negrin, was bezüglich eine Munitionsschiffs an Franco tun sollten, das von einem imperialistischen Land ausliefe.

„Nehmen wir ein Beispiel: zwei Schiffe voll Waffen und Munition fahren von Frankreich oder den Vereinigten Staaten ab: das eine für Franco, das andere für Negrin (damaliger Regierungschef der Volksfront, Anm.d.A.). Welches sollte die Haltung der Arbeiter sein? Beide Transporte zu sabotieren? Oder nur den für Franco?“ (23)

Trotzki dazu ganz kategorisch: „Wir sind nicht neutral. Wir werden das Munitionsschiff für die Negrinregierung durchlassen. Wir machen uns keine Illusionen: von je zehn Kugeln werden neun gegen Faschisten abgehen, mindestens eine aber gegen unsere Genossen. Aber von den für Franco bestimmten würden alle zehn gegen unsere Genossen abgehen. Wir sind nicht neutral. Wir lassen das Schiff mit der Munition gegen Franco nicht durch. Natürlich, wenn ein bewaffneter Aufstand in Spanien begonnen hätte, so würden wir versuchen, das Munitionsschiff in die Hände der aufständischen Arbeiter zu leiten. Wenn wir aber nicht so stark sind, dann wählen wir das kleinere Übel.“ (24)

Trotzkis Position hat nichts mit einer politischen Unterstützung der Volksfront und deren Bestreben gemein, die spanische Revolution auf ein bürgerliches Stadium zu beschränken. Aber als revolutionärer Politiker betont er, dass das Proletariat nicht gleichgültig sein darf gegenüber den Bedingungen, die dazu führen, dass die spanische Revolution zu einer sozialistischen werden kann. Solange die Avantgarde nicht die Arbeiterklasse – geschweige denn die bäuerlichen und kleinbürgerlichen Massen – auf ihre Seite gezogen hat, muss sie den Sieg der republikanischen Kräfte befürworten, herbeizuführen trachten, um so Zeit zu gewinnen, eine revolutionäre Partei aufzubauen bzw. deren Einfluss zu vergrößern.

Ein Sieg Francos hätte das unmittelbare Ende der Revolution bedeutet, hätte jede Chance auf ein Weitertreiben der Revolution, den Bruch der Massen mit der Volksfront und den reformistischen Verrätern – den Stalinisten und Sozialisten – aber auch den Anarchisten zunichte gemacht.

Eine Analogie gab es im Bürgerkrieg in Libyen. Ein Sieg der Aufständischen unter Führung des Übergangsrats bedeutet natürlich nicht den endgültigen Sieg der Revolution, sondern nur, dass eine bestimmte Etappe im Kampf – der Sturz der reaktionären Despotie Gaddafis – erreicht ist. Eine Niederlage der Aufständischen hätte hingegen die vollkommene Liquidierung der Revolution bedeutet.

Doch der spanische Bürgerkrieg ist sicher nicht die einzige – wahrscheinlich nicht einmal die beste Analogie – zur Lage in Libyen. Ein besseres historisches Beispiel ist der Chinesisch-Japanische Krieg. Dieser wurde bekanntlich von Seiten Tschiang Kai-schek’s geführt, des Schlächters des Proletariats in der chinesischen Revolution. Trotzdem war Trotzki ganz kategorisch dafür, „selbst den Henker Tschiang Kai-schek“ (25) gegen den japanischen Imperialismus zu unterstützen.

Nun kämpfte aber China im späteren Krieg mit Japan unter dem Henker nicht allein, sondern wurde vom US-amerikanischen Imperialismus unterstützt. In der trotzkistischen Bewegung tauchten auch Fragen auf, ob Waffenlieferungen durch imperialistische Mächte an die bürgerlich-nationalistisch geführte Bewegung Chinas unterstützt werden könnten. Trotzki dazu:

„Wir können nicht die Bourgeoisie mit den notwendigen Hilfsmaßnahmen zugunsten Chinas betrauen. Doch je nachdem, ob Australien an der Seite Japans oder an der Seite Chinas in den Krieg einträte, fiele unsere Politik jeweils anders aus. Natürlich blieben wir in beiden Fällen schärfste Gegner der Regierung. Aber während wir jede materielle Hilfe an Japan mit allen Mitteln boykottiert haben, würden wir im umgekehrten Fall der Regierung vorwerfen, sie helfe China unzureichend, lasse ihren Verbündeten im Stich usw.“ (26)

Auch hieraus geht ganz eindeutig hervor, dass Trotzki von einer holzschnittartigen Vorstellung weit entfernt war, dass jedes Eingreifen des Imperialismus automatisch zum dominierenden Faktor in einem Krieg würde. Ganz ausdrücklich erklärt er, dass ein Kriegseintritt Australiens die Unterstützung Chinas nicht obsolet machen würde, dass diese weiter notwendig und gerechtfertigt wäre. Das trifft im Übrigen auch auf die Rolle der USA zu, die China im Krieg massiv militärisch und durch BeraterInnen unterstützt hatte.

Bezüglich des Aufstandes eines unterdrückten Volkes gegen eine Diktatur und den folgenden Bürgerkrieg besteht dabei kein grundlegender Unterschied:

„Nehmen wir an, dass morgen in der französischen Kolonie Algerien unter dem Banner der nationalen Unabhängigkeit ein Aufstand ausbricht und dass die italienische Regierung aus ihren eigenen imperialistischen Interessen heraus Waffenlieferungen an die Rebellen vorbereitet. Welche Haltung sollten die italienischen Arbeiter in diesem Falle einnehmen? Ich habe bewusst als Beispiel einen Aufstand gegen ein demokratisches imperialistisches Land gewählt, wobei die Intervention auf Seiten der Aufständischen von einem faschistischen Land ausgeht. Sollten die italienischen Arbeiter die Schiffsladungen mit Waffen an die Algerier aufhalten? Mögen die Ultralinken diese Frage zu bejahen wagen. Jeder Revolutionär würde gemeinsam mit den italienischen Arbeitern und algerischen Aufständischen eine solche Antwort empört von sich weisen. Selbst wenn im faschistischen Italien zur selben Zeit ein Generalstreik der Seeleute ausbräche, sollten die Streikenden zugunsten der Schiffe, die den aufständischen Kolonialsklaven Waffen bringen, eine Ausnahme machen; andernfalls wären sie nichts weiter als erbärmliche Gewerkschaftler, keine proletarischen Revolutionäre.

Gleichzeitig wären die französischen Seeleute und Hafenarbeiter, selbst wenn gerade kein Arbeitskampf anstünde, verpflichtet, die Verschiffung jeglicher Munition, die gegen die Rebellen eingesetzt werden soll, zu blockieren. Nur eine solche Politik seitens der italienischen und französischen Arbeiter stellt die Politik des revolutionären Internationalismus dar.

Bedeutet dies jedoch, dass die italienischen Arbeiter in diesem Falle ihren Kampf gegen die faschistische Regierung abschwächen? Nicht im Geringsten. Der Faschismus leistet den Algeriern nur ‚Hilfe‘, um seinen Gegner Frankreich zu schwächen und seine eigenen Räuberklauen nach dessen Kolonie auszustrecken. Dies vergessen die revolutionären italienischen Arbeiter keinen Augenblick. Sie rufen die Algerier auf, ihrem trügerischen ‚Verbündeten‘ nicht zu trauen, und setzen gleichzeitig ihren unversöhnlichen Kampf gegen den Faschismus, den ‚Hauptfeind im eigenen Land‘ fort. Nur auf diese Weise können sie das Vertrauen der Rebellen gewinnen, den Aufstand unterstützen und ihre eigene revolutionäre Stellung stärken.“ (27)

Wir müssen an diese Stelle festhalten, dass – entgegen der Interpretation der Gaddafi-Freunde – die Revolution weiter einen breiten, von den Massen getragenen Charakter hatte. Das bezeugen u.a. Berichte aus den von den Aufständischen kontrollierten Gebieten wie in Bengasi (siehe oben).

Das zeigte sich aber auch darin, dass die RevolutionärInnen nie Probleme hatten, genug Freiwillige zu finden, dass sich ihre Milizen v.a. aus ZivilistInnen rekrutierten, aus der Masse der Bevölkerung.

Hinzu kommt, dass die besser ausgerüsteten Gaddafi-Truppen niemals nur durch das NATO-Bombardement aus der Luft vertrieben worden waren, sondern weil der Kampf am Boden die Sympathie und Unterstützung der Zivilbevölkerung hatte.

Schließlich zeigt sich das im Misstrauen, das die NATO immer gegen die Rebellen und die Fähigkeit ihrer Führung hegte, die Massen zu kontrollieren. Das ist auch der Grund, warum sie keine schweren Waffen erhielten.

Schließlich verdeutlicht v.a. der Fall von Tripolis die breite Unterstützung des Aufstands. Wäre – wie Gaddafi und etliche seiner „westlichen“ Freunde“ behaupten – das Volk hinter ihm gestanden oder wäre es wenigstens von der Drohung durch aufständische Gräueltaten an der Masse der Bevölkerung der Hauptstadt eingeschüchtert gewesen: warum hat Gaddafi diese dann nicht bewaffnet, warum wurden nicht wenigstens ein paar tausend ZivilistInnen in die „Verteidigung“ der Hauptstadt einbezogen? Warum fand das despotische Regime keine Unterstützer? Warum liefen stattdessen vorgebliche Verteidiger, Angehörige der Armee, über, als die Aufständischen anrückten, und öffneten ihnen den Zugang zur Hauptstadt?

Nach dem Sturz Gaddafis kamen zahlreiche „Erklärungen“ in Umlauf, die den offenkundigen Widerspruch der AnhängerInnen Gaddafis lösen sollten, die einerseits behaupteten, dass die Rebellen wenig AnhängerInnen hätten und nur gedungene Banden wären, zum anderen keine Antwort darauf zu geben vermochten, warum diese in der Hauptstadt nur auf wenig Widerstand trafen. Die Erklärungen können getrost als Verschwörungstheorien abgetan werden, die einfach das Offenkundige bestreiten sollen.

Bemerkenswert ist allerdings, dass sowohl die NATO-Seite wie auch die AnhängerInnen des alten Regimes daran interessiert waren, die Rolle der Rebellen bei der Befreiung von Tripolis herunterzuspielen: die UnterstützerInnen Gaddafis, weil sie darin eine Rechtfertigung der Herrschaft des gestürzten Despoten sehen; die NATO, weil auch sie daran interessiert ist, den Massencharakter der Revolution und die Rolle der libyschen KämpferInnen herunterzuspielen, um so ihr Anrecht auf die Bestimmung der Nachkriegsordnung zusätzlich zu legitimieren, die Rebellen als chaotischen, undisziplinierten Haufen hinzustellen, dem die Kontrolle über das Land nicht anvertraut werden dürfe.

Ein interessanter Bericht eines Genossen der britischen “Socialist Workers Party” (SWP) weist in eine andere Richtung:

„Tripolis ist nicht von Rebellen von außerhalb befreit worden. Vielmehr begann am 20. August ein Volksaufstand im Inneren der Stadt, in einer Reihe von Bezirken. Am Mittag des 21. August war der staatliche Sicherheitsapparat in mehreren Stadtteilen vollständig besiegt worden und schwankte in anderen. Am Abend des 21. August erreichten die ersten Brigaden der Rebellen die Stadt und kämpften sich durch die restlichen Stadtteile.

Die Haupttriebkraft der Revolution war zu jedem kritischen Zeitpunkt die Teilnahme der Massen – sei es beim ursprünglichen Aufstand in Bengasi und der Stadt Zintan im Westen oder sei es in Tripolis.

Heute werden die Straßen von Tripolis von den einfachen Leuten kontrolliert. Jeder Nachbarschaftsbezirk hat ein Volkskomitee, das sich aus bewaffneten Ortsansässigen zusammensetzt. Sie kontrollieren die Zugänge und Ausgänge dieser Bezirke, kontrollieren Fahrzeuge und agieren de facto als die Autorität auf der Straße, da die Polizei abwesend ist (und jetzt erst begonnen hat, wieder zu kommen).

Es gibt eine Reihe Kräfte, die um die Führung der Revolution kämpfen. Diese schließen ein: 1.) Die revolutionären FührerInnen in Tripolis, die die Bewegung hier vom ersten Tag an, seit dem Februar bestimmen, oft mit wenig direktem Kontakt zur NATO; 2.) Revolutionäre aus Tripolis, die außerhalb der Stadt agierten, sei es in Bengasi, Tunesien oder noch weiter entfernt und die jetzt zurückkehren; 3.) Islamistische Strömungen, die vom Klerus geführt werden; 4.) Der in Bengasi ansässige und US-gestützte Nationale Rettungsrat (National Transitional Council; NTC) und vor allem sein Exekutivkomitee; 5.) Die militärischen Kräfte in Tripolis, die ihrerseits in zwei Fraktionen gespalten sind, eine unter dem Kommando des Ex-Islamisten Abdel Hakim Belhaj und die andere unter Kontrolle ehemaliger Al Kaida-Figuren. Belhaj, der eingekerkert und gefoltert worden ist aufgrund der Zusammenarbeit der USA mit Gaddafi, hat einen gewissen Rückhalt im Osten Libyens und soll von Quatar unterstützt sein. 6.) Rund 40 Brigaden der Rebellen aus dem ganzen Land.” (28)

Diese Darstellung der verschiedenen Strömungen und Kräfte in der Führung der Revolution zeigt den politisch heterogenen, widersprüchlichen Charakter und das Ringen verschiedener Strömungen und Klassen um den Fortgang der libyschen Revolution. Diese ist mit dem Sturz Gaddafis nicht beendet, sondern in ein neues, entscheidendes Stadium getreten.

Die Hauptgefahr besteht nun darin, dass die imperialistischen Unterstützer und Sieger über den Übergangsrat versuchen, eine reaktionäre, mehr oder minder demokratisch bemäntelte Nachkriegsordnung zu schaffen.

Das zeigte sich darin, dass der Übergangsrat gleich nach dem Sieg über Gaddafi versuchte, die Milizen zu entwaffnen und „zuverlässige“ bewaffnete Kräfte in die Polizei zu integrieren.

Zweitens ringt er darum, von der „internationalen Gemeinschaft“ anerkannt zu werden und so die Außenbeziehungen des Landes vollkommen zu monopolisieren. Hier kommt ihm entgegen, dass alle bedeuteten Mächte der Welt den Übergangsrat anerkannt haben und ihren Einfluss auf ihn geltend machen wollen.

Wiewohl er fest in der Hand der Imperialisten ist, ist er keineswegs monolithisch und sitzt auch nicht fest im Sattel. Das deutet nicht nur obiges Zitat an. Auch die ständigen Rücktrittsabsichten von Teilen des Rates, das Gezerre, ob er nicht überhaupt zurücktreten solle, zeigen, dass es sich um keine fest verwurzelte Kraft handelt. Der Übergangsrat bildet nicht eine Art Quasi-Regierung aufgrund seiner eigenen Verankerung. Er ist eher Resultat eines instabilen Gleichgewichts widerstrebender Kräfte, deren innere Gegensätze mehr und mehr zutage treten werden.

Der Sieg über Gaddafi hat außerdem auch reaktionäre Kräfte unter den Aufständischen ermutigt. So kam es zu einer Reihe gezielter, rassistischer Angriffe auf SchwarzafrikanerInnen bis hin zu Massakern an diesen. Auch wenn der Übergangsrat diese verurteilt hat, so hat er wenig getan, um diesen entgegenzutreten.

Das lässt sich nicht nur mit der Machtlosigkeit des Übergangsrats erklären. Es hängt auch damit zusammen, dass diese rassistischen Angriffe auch dazu angetan sind, den Ruf nach „Ordnung“, sprich nach Entwaffnung alle Milizen und des gesamten Volkes zu legitimieren, um diese Militärgewalt in die Hände einer „ordentlichen“, zentralisierten bürgerlichen Repressionsmacht zu übergeben.

Darin liegt ein Schlüsselproblem des Übergangs, der Befriedung der Lage für die Imperialisten und ihre Unterstützer. Der Bürgerkrieg hat die bürokratischen und militärischen Staatsstrukturen des Landes zersetzt, zum Teil zerstört. Vielerorts sind Gegenmachtstrukturen entstanden, welche real die Macht ausüben, z.T. mit tradierten Strukturen verbunden.

Zweifellos haben diese den Mangel, dass ihnen das Potenzial ihrer eigenen, selbst geschaffenen Strukturen, deren embryonaler räteartiger Charakter wie auch der große Vorteil der Bewaffnung des Volkes nicht bewusst ist. Daraus ergibt sich die große Gefahr, dass diese entweder abgeschafft und durch bürokratische Staatsstrukturen ersetzt oder eingemeindet werden, ohne dass den Massen ihre politische Enteignung überhaupt deutlich wird.

Insofern läuft den Massen die Zeit davon. Andererseits gibt es mehrere wesentliche Fragen, die zugespitzt werden müssen:

a) Wem gehört das Land, wem gehören die Bodenschätze, die bisher der Gaddafi-Apparat kontrollierte und an die Imperialisten verkauft hatte? Nun wollen die internationalen Großkonzerne – in erster Linie jene des Westens, aber auch Chinas und Russlands – diese noch direkter kontrollieren.

b) Wer bestimmt die politische Zukunft des Landes? Ist es der Übergangsrat, der sich möglichst als Übergangsregierung halten will, bis ein neuer libyscher Staatsapparat etabliert, die Eigentumsfrage gelöst, die Herrscher des „neuen Libyen“ aus den alten Herrschaftsschichten rekrutiert sind?

c) Daher nehmen demokratische Forderungen eine Schlüsselrolle ein, um die Massen nun zu mobilisieren – insbesondere jene nach Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung unter Kontrolle von Räteorganen der ArbeiterInnen, Bauern und städtischen Massen.

d) Damit eng verbunden ist die Frage, welche gesellschaftliche Kraft die bewaffnete Gewalt ausübt. Die Imperialisten und der Übergangsrat wollen die bestehenden Milizen, die schwer kontrollierbaren Jugendlichen und Freiwilligen entwaffnen – das kann sogar die dauerhafte Stationierung von ausländischen Truppen zur „Friedenssicherung“ beinhalten sowie von privaten Sicherheitsdiensten zur Absicherung der Rohstoffvorkommen und ihrer Ausbeutung. Daher sind die Forderungen nach sofortigem Abzug aller imperialistischen Truppen und Berater Schlüsselfragen – ebenso wie die Ablehnung der Entwaffnung durch den sich re-konstituierenden libyschen Staatsapparat. Aber auch das System von Milizen, die von der Bevölkerung nicht kontrolliert werden, ist problematisch, weil es diese nicht den proletarischen und halb-proletarischen Massen, sondern diversen Warlords, Clanführern, Islamisten oder anderen bürgerlichen oder klein-bürgerlichen Interessengruppen unterordnet – bis hin zur Gefahr von pogromistischen Banden.

Daher müssen die Milizen, die bewaffneten Einheiten unter die Kontrolle von Räten der Arbeiterklasse, der Bauern, der Armen gestellt werden. Die Milizen aus v.a. jugendlichen KämpferInnen aus dem „einfachen Volk“ müssen den Räten in den Stadtteilen unterstellt werden. Nur so können sie ihre revolutionäre Aufgabe erfüllen und eine vorwärtstreibende Rolle spielen als bewaffneter Arm der weiteren libyschen Revolution.

e) Welche Perspektive hat die Masse der Bevölkerung? Wie kann die Jugend Beschäftigung finden? Wie können die sozialen Probleme der Massen gelöst werden? All das verweist darauf, dass die Lösung der demokratischen Aufgaben untrennbar mit dem Kampf um eine sozialistische Umwälzung des Landes verbunden ist.

f) Wie kann die Arbeiterklasse zur führenden Kraft werden? Auch wenn die libysche Arbeiterklasse relativ klein ist, so ist sie eine wichtige soziale Kraft. Doch sie verfügt über keine Partei, keine Organisation. Die nun gewonnen demokratischen Freiheiten müssen genutzt werden, um unabhängige Gewerkschaften, Klassenorganisationen – vor allem aber, um eine revolutionären Arbeiterpartei zu propagieren und aufzubauen. Eine solche Partei muss zur entschiedensten Kraft der libyschen Revolution werden. Die Partei vermag, gestützt auf ein revolutionäres Aktionsprogramm, die Klasse zu führen und nicht-proletarische Massen für ein Programm der permanenten Revolution zu gewinnen.

Unmittelbar nach dem Sturz Gaddafis, den wir unzweideutig als Sieg begrüßten und begrüßen, haben wir ein Forderungsprogramm (29) präsentiert, das der libyschen Revolution eine Perspektive weist und in Grundzügen auch heute noch gültig ist.

Die Führungskrise der libyschen Revolution wird sich nur lösen lassen, wenn sich die bewusstesten und fortschrittlichsten KämpferInnen um ein Programm von Übergangsforderungen gruppieren und Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei in Angriff nehmen:

Keine Unterstützung für den Nationalen Übergangsrat! Macht die Revolution permanent mit dem Ziel, die bürgerliche Regierung durch eine Arbeiterregierung zu ersetzen! Keine Entwaffnung der Milizen! Lokale Komitees der Aufständischen müssen zu Räten der ArbeiterInnen, der Jugend und KämpferInnen werden!

Migrantische ArbeiterInnen, wie jene aus den Ländern südlich der Sahara, müssen verteidigt werden! Harte Strafen für alle, die sich an ihnen vergehen, oder alle, die Racheakte unter den Clans entfachen wollen!

Für den Aufbau unabhängiger Gewerkschaften! Kampf für eine unabhängige und revolutionäre Verfassungsgebende Versammlung. Veröffentlichung und Aufhebung aller Verträge und Abkommen des Nationalen Übergangsrates und des Gaddafi-Regimes mit der NATO, der EU und den Imperialisten! Angesichts der Tatsache, dass Libyen ein Staat ist, der sich weitgehend aus der Grundrente aus seinen Ölvorkommen finanziert, ist es entscheidend, dass über seine Einkünfte demokratisch entschieden wird – durch Arbeiterräte. Keine Übergabe des Ölreichtums an die imperialistischen Konzerne – seien sie US-amerikanischer, europäischer oder chinesischer Herkunft!

Auflösung der Überreste der nationalen Armee und Polizei! Für Volksmilizen, die demokratisch geleitet und organisiert werden durch Revolutionsräte! Einberufung einer Konstituierenden Versammlung, die demokratisch über die Zukunft des Landes bestimmt – unter Kontrolle dieser Räte!

Alle NATO-Spezialkräfte raus aus Libyen! Nein zu allen NATO-Basen im Land! Ausländische Banken und Regierungen müssen die eingefrorenen Gelder an das libysche Volk übergeben! Keine Privatisierungen! Arbeiterkontrolle über die Öl-Förderungen und über alle Industrien, den Finanzsektor und große Dienstleistungsbereiche! Konfiskation des Vermögens von Gaddafi! Für ein massives Bauprogramm von öffentlichen Wohnungen, Schulen und Krankenhäusern!

Verbindet Euch mit der tunesischen und ägyptischen Revolution – mobilisiert die Massen zur Unterstützung der Kämpfe in Algerien, Syrien und Palästina gegen Diktatur und Besatzung! Für eine libysche Arbeiterrepublik als Teil Vereinigter Sozialistischer Staaten Nordafrikas!

Aufbau einer revolutionären Partei in Libyen als Teil einer neuen Arbeiterinternationale!

Fußnoten

(1) Die Zeit, 2. März 2011, http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-03/gadhafi-bengasi-uebergangs-rat

(2) Alfred Hackensberg, Buhlen um Libyen, 27.07.2007., http://www.heise.de/tp/artikel/25/25819/1.html

(3) Matthias Monroy, Lizenz zum Töten?, 26.10.2010, http://www.heise.de/tp/artikel/33/33538/1.html

(4) Ebenda

(5) Ebenda

(6) Wagner, Libyen-Krieg: Die Machtfrage ins Ausland verlagern http://imi-online.de/download/Ausdruck2_2011_01wagner.pdf

(7) ITUC-Survey Libyen: http://survey07.ituc-csi.org/getcountry.php?IDCountry=LBY&IDLang=DE

(8) Ebenda

(9) http://survey.ituc-csi.org/Libya.html?lang=de

(10) Wagner, Libyen-Krieg: Die Machtfrage ins Ausland verlagern, http://imi-online.de/download/Ausdruck2_2011_01wagner.pdf

(11) Trotzki, Theorie der Permanenten Revolution, EVA 1975, S: 159

(12) Ebenda, S. 158

(13) Gaddafi in einem Interview für die französische Nachrichtenagentur AFP am 5. März, zitiert nach: Bernhard Schmid, Die Propaganda des zu Ende gehenden Gaffadi-Regimes: „Wir bleiben an der Macht, oder Ihr werdet mit Flüchtlingen überschwemmt“, auf www.labournet.de

(14) Wir verwenden hier und in anderen Texten zur Revolution im Nahen Osten und Nordafrika den Begriff „Volksrevolution“ im Sinne von Marx, wie er ihn z.B. im Brief an Kugelmann bezüglich der Lehren der Revolution von 1848 und der Pariser Kommune verwendet, und von Lenin, wie er ihn in „Staat und Revolution“ übernimmt. Entscheidend ist dabei, dass dabei unter „dem Volk“ die breiten, unterdrückten Massen verstanden werden, also nicht nur die Arbeiterklasse, sondern auch die Bauern, die unteren Schichten des Kleinbürgertums oder der lohnabhängigen Mittelschichten der Gesellschaft. Entscheidend ist dabei, dass diese Schichten als aktive, kämpfende Elemente in der Revolution auftreten, die zumindest unbewusst versuchen, ihr durch ihre Aktionen, ihren Elan eine Richtung zu geben. Lenin grenzt den Begriff dabei bewusst von bürgerlichen „Revolutionen“ und Regimewechseln ab, wo bürgerliche Kräfte nicht die Führer der Revolution stellten, sondern wo sich die aktiven, mobilisierten Elemente auf Schichten des entstehenden Bürgertums, der Intelligenz und des aufgeklärten Kleinbürgertums beschränkten, die Masse der Bevölkerung – Bauern, ArbeiterInnen usw. – aber auf eine passive Rolle verwiesen wurden.

(15) Simon Assaf, Revolution am Scheideweg, Marx 21, http://marx21.de/content/view/1407/32/

(16) Wagner, Libyen-Krieg: Die Machtfrage ins Ausland verlagern, www.imi-online.de/download/Ausdruck2_2011_01wagner.pdf

(17) Simon Assaf, Revolution am Scheideweg, Marx 21, http://marx21.de/content/view/1407/32/

(18) Jamal Jaber, Impressions of the new Libya

(19) Simon Assaf, Revolution am Scheideweg, Marx 21, http://marx21.de/content/view/1407/32/

(20) Gilbert Achcar, „NATO’s ‚Conspiracy‘ against the Libyan revolution“

(21) Trotzki, Revolutionäre Strategie im Bürgerkrieg, in: Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, Bd. 2, S. 246

(22) Trotzki, Ist in Spanien ein Sieg möglich, Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, Bd. 2, S. 249

(23) Trotzki, Antworten auf einige Fragen, die spanische Lage betreffend, Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, Bd. 2, S. 274

(24) Ebenda, S. 274

(25) Trotzki, Die Verteidigung der Sowjetrepublik und die Opposition, Schriften 1.1., S. 81

(26) Trotzki, Brief an australische Genossen, Schriften zu China 1.2., S. 902

(27) Trotzki, Lernt denken. Ein freundschaftlicher Rat an gewisse Ultralinke

(28) A thoroughgoing popular revolution, veröffentlicht in: International Viewpoint, http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article2308

(29) Gaddafi am Ende: Wie kann die Revolution permanent werden?, Stellungnahme der Liga für die Fünfte Internationale vom 22. August 2011, in: Neue Internationale 162, September 2011, S. 17

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