New York: Streiks und Besetzungen an der New School

Mo Sedlak, Infomail 1004, 22. Mai 2018

StudentInnen und ArbeiterInnen stehen auf gegen die Zerschlagung der Gewerkschaft und gegen Entlassungen durch die selbsternannt fortschrittliche Privatuniversität in New York. Seit drei Jahren kämpfen akademische MitarbeiterInnen der New School um einen Vertrag. Jetzt, wo die Verhandlungen zu Ende gehen, hat die Universitätsverwaltung einen Angriff auf verschiedene Teile der Belegschaft beschlossen.

Streik an der New School

Im April 2018 kündigte sie an, Kantinenbetriebe „in-house“ zu nehmen, wobei sie zunächst verschwieg, dass dies die Entlassung aller ArbeiterInnen bedeutete, und nur einige von ihnen wieder einzustellen, ohne ihre bereits bestehende Gewerkschaftszugehörigkeit anzuerkennen. Etwas später wurde den StudienberaterInnen ein neues Entgeltsystem vorgelegt, das die Krankenversicherung und Gebührenbefreiungen im Wert von mehreren tausend Dollar jährlich kündigt. Und am Verhandlungstisch mit der Gewerkschaft SENS-UAW, die jedes Jahr mehr als 1.000 studentische Beschäftigte vertritt, hat sie die Verhandlungen bis zum Ende des Semesters blockiert und Lohnerhöhungen angeboten, die nicht einmal mit ihrer eigenen Gebühreninflation Schritt halten.

Beispiele für Widerstand

Alle diese Angriffe führten zu einer berechtigten Reaktion der breiteren Universitätsgemeinschaft. SENS-UAW kündigte einen Streik für den 8. Mai an, mit dem sie vor Ablauf des Semesters einen Vertrag mit bedeutenden Ergebnissen in Bezahlung, Gesundheitsfürsorge und Kinderbetreuung fordert. Die StudienberaterInnen verkündeten, dass sie am 8. Mai dem Streik beitreten würden, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt würden, obwohl sie durch bürokratische Tricks von den Verhandlungen der Universität ausgeschlossen wurden. Unter der Führung der maoistischen „Kommunistischen Studierendengruppe“ und in Zusammenarbeit mit der Cafeteria-Gewerkschaft UNITE HERE besetzten die StudentInnen die Cafeteria und unterbrachen den Betrieb, ohne die Klausel „kein Streik, keine Aussperrung“ im Arbeitsvertrag zu brechen. Workers Power US nahm an beiden Kämpfen teil.

Kapitalismus mit menschlichem Antlitz

Die New School präsentiert sich nicht nur als fortschrittliche Universität, sondern vermarktet aktiv die radikale Politik ihrer StudentInnen und ProfessorInnen. Sie wurde unter der Prämisse gegründet, kein Geld für Verwaltungsorgane, Werbung und dergleichen zu verschwenden. Dennoch waren im Jahr 2018 die Gebühren 30 Prozent höher als der nationale Durchschnitt für private Hochschulen. Gleichzeitig gibt sie mehr als doppelt so viel für Verwaltung und Werbung aus wie vergleichbare Institute.

Darüber hinaus schreibt die Universität eine Geschichte des harten Durchgreifens gegen StudentInnen und ArbeiterInnen, die gegen reaktionäre Entscheidungen protestieren. Als die StudentInnen die Cafeteria im Protest gegen den Universitätspräsidenten Bob Kerrey besetzten, rief er das NYPD (die New Yorker Polizei) und ließ 22 Protestierende festnehmen. Nach seinem Rücktritt führte sein Nachfolger und derzeitiger Universitätspräsident, David E. Van Zandt, einen Rechtsstreit gegen die Anerkennung der Gewerkschaften, den er 2015 endgültig verlor. Während die Schule radikale Politik vermarktet, versucht sie aktiv, die Organisierung von ArbeiterInnen und StudentInnen zu unterdrücken.

Wie alle privaten Universitäten ist die New School eine kapitalistische Firma. Als ihre GründerInnen schrieben, dass sie einen Ort schaffen wollten, um des Lernens willen zu lernen, beschwindelten sie sich bestenfalls selbst über die Realität der höheren Bildung in den Vereinigten Staaten. Wie auch immer, in den letzten 99 Jahren seit der Gründung der Universität sind die Kommerzialisierung der Bildung und Unterdrückung der ArbeiterInnen weiter vorangeschritten. Die New School wird durch Gebühren finanziert und da der Unterricht pro besuchtem Kurs bezahlt wird, ist die Ausbeutungsrate leicht zu berechnen, wenn man die minimalen Löhne der LehrassistentInnen berücksichtigt. Gleiches gilt für die ForschungsassistentInnen in ihrer Rolle zur Bereitstellung der Arbeiten, von denen die externe Finanzierung und der akademische Ruf der Universität abhängen.

Derselbe Kampf

Wir können ähnliche Kämpfe im Bildungsbereich beobachten, besonders in den letzten Monaten und Jahren. Erst vor einer Woche haben StudentInnen der angesehenen „Ivy League“ Columbia University einen einwöchigen Streik begonnen und gefordert, dass die Verwaltung Verhandlungen beginnt. Ihr Präsident Bollinger hofft, dass Trumps arbeiterInnenfeindliche Administration gegen die gewerkschaftliche Organisierung von AkademikerInnen vorgeht und die entsprechende Entscheidung des National Labour Relations Board von 2015 umkehren wird. Ähnliche Vorwürfe wurden gegen die Verwaltung der Harvard University erhoben, wo die ArbeiterInnen schließlich im April 2018 ihre Gewerkschaftsanerkennung gewannen.

Diese Kämpfe müssen auch mit der Streikwelle der LehrerInnen in den wirtschaftlich marginalisierten Staaten im Mittleren Westen und Süden der Vereinigten Staaten in Verbindung gebracht werden. Da ihnen das Streiken oft verboten war, haben sie sich Anfang des Jahres die Straßen und Streikposten genommen und gewannen bedeutungsvolle Zugeständnisse in wilden Streiks. Das beschämende Verhalten der Gewerkschaften in Arizona zeigt, wie wichtig die Kontrolle der ArbeiterInnen über den Kampf und der Kampf für echte Demokratie in den Gewerkschaften sind.

Wir können sehen, wie die Widersprüche des US-Kapitalismus im Moment eskalieren. Obwohl die Kosten der Krise von 2008 und die Rettungsaktionen fast ausschließlich von ArbeiterInnen und den von staatlicher Fürsorge Abhängigen gestemmt wurden, wurde die Krise keineswegs gelöst. Die Wahl von Trump, d. h. des widersprüchlichsten und radikalsten Kandidaten der konservativen Rechten der reaktionärsten Teile der herrschenden kapitalistischen Klasse, ist ein Symptom davon.

Die Notwendigkeit radikaler Lösungen erklärt zum Teil die Wahl eines solchen Kandidaten wie Donald Trump mit seinem Programm der Umweltzerstörung, der Einschränkung der Rechte der Arbeitenden und der rassistisch und geschlechtlich unterdrückten Menschen sowie der Gefahren des Handelskriegs, angeblich um bessere Vereinbarungen für große US-Konzerne zu bekommen. Das fortwährende Durchgreifen gegen ArbeiterInnen auf Staats- und Bundesebene ist Teil der wirtschaftlichen und politischen Widersprüche, die für diese Zeit prägend sind.

Erfolge

Die Konflikte an der New School scheinen im Vergleich gering. Aber das sind sie nicht. Jede Zusicherung jedes einzelnen Jobs für KantinenarbeiterInnen (was die wichtigste Forderung der BesetzerInnen ist), ist ein wichtiger Sieg gegen Entlassungen und die Zerschlagung von Gewerkschaften. Die Verwaltung hat bereits öffentlich gesagt, dass sie jedeN einzelneN ArbeiterIn zu gleichen oder besseren Löhnen wieder einstellen würde.

Die akademischen MitarbeiterInnen von SENS-UAW würden die ersten sein, die einen Vertrag durch die NLRB-Entscheidung 2015 erhalten und würden damit das Moment für weitere Verhandlungen bereiten, zum Beispiel bei Harvard, Washington University in Seattle und anderen Orten, an denen UAW gerade verhandelt. Sie stehen an vorderster Front einer der erfolgreichsten gewerkschaftlichen Organisierungskampagnen in den Vereinigten Staaten von Amerika heute.

ArbeiterInnenkontrolle

Aber sowohl bei der Cafeteria-Besetzung als auch in den Vertragsverhandlungen sind die ArbeiterInnen an der Basis misstrauisch geworden, was Gewerkschaftsangestellte hinter den verschlossenen Türen treiben. Während Verhandlungen und Ziele vertraulich sind – angeblich, um die Bosse nicht wissen zu lassen, womit sie es zu tun haben –, stören sie zutiefst den demokratischen Prozess innerhalb der Gewerkschaften, für welchen die ArbeiterInnen kämpfen müssen. Die Kontrolle über ihre Arbeitsbedingungen kann nicht der Gewerkschaftsbürokratie überlassen werden, sondern muss in den Händen der ArbeiterInnen selbst liegen.

Das ist eine komplizierte Abwägung. Während die Verhandlungsgremien in der Regel demokratisch gewählt sind und das Vertrauen und die Unterstützung ihrer Basis genießen, lösen sie den Kampf am Verhandlungstisch vom Kampf am Arbeitsplatz, wenn die Verhandlungsziele nicht an der Basis diskutiert werden können. Das Ausmaß dieser Widersprüche wurde im „ArbeiterInnen- und StudentInnenkomitee“ der Cafeteria-Besetzung offensichtlich, welches offene Verhandlungen statt geschlossener Treffen verlangte, sowie in Vorschlägen für offene Verhandlungen von studentischen ArbeiterInnen, die während der Streikvorbereitungstreffen geäußert wurden.

Unsere GenossInnen von Workers Power US unterstützten die Forderung nach offenen Verhandlungen und plädieren für die vollständige Kontrolle des Prozesses durch die Basis, um ArbeiterInnenkontrolle zwischen der Wahl eines Verhandlungskomitees und der Ratifizierung eines Vertrags zu gewährleisten.

Stärke in der Einheit

Demokratie und ArbeiterInnenmacht sind sichere Wege, um einen guten Vertrag zu gewinnen. So ist es auch mit der Solidarität innerhalb unserer Klasse. Es war normal für den Streik bei der Columbia, dass GewerkschafterInnen aus der ganzen Stadt kamen und halfen. Außerdem wurde die Besetzung an der New School von allen Gewerkschaften auf dem Campus und anderen Organisationen unterstützt wie den „Democratic Socialists of America“ in New York City oder der lokalen „Maoist Communist Group“. Andere AktivistInnen unterstützten, indem sie ihre Solidarität in schriftlicher Form bekundeten oder an den Solidaritätsfonds der Besetzung überwiesen.

So eine Solidarität und Einheit wird nicht nur von denen benötigt, die kämpfen, sondern auch von denjenigen, die vorübergehende tarifliche Abkommen, Formen des Waffenstillstands mit den Chefs, erzielten. Solche Konflikte werden durch ArbeiterInnenkontrolle, Solidarität und Einheit gewonnen. Sie sind nicht nur ein Sieg für die Betroffenen, sondern für die gesamte Klasse.