Arbeiter:innenmacht

Filmkritik: Fifty shades of grey

Anne Moll, Frauenzeitung Nr. 3, Arbeitermacht/REVOLUTION, März 2015

Was hat es mit dem Film auf sich, den Millionen, und v.a. Frauen, ansehen? Was hat der Streifen, dass er in den Kinopalästen mehrmals täglich läuft, weil die Nachfrage so groß ist?

Der Film wurde schon im Vorfeld als frauenverachtend und sexistisch kritisiert. Träumen tausende Mädchen davon, eine Sexsklavin zu sein, wenn der Mann nur ausreichend bezahlt und um als „Gegenleistung“ einmal mit dem Hubschrauber über die Landschaft zu fliegen? Oder ist es doch ein lehrreicher Film über das Tabuthema Sadomaso?

Ich habe mir den Film angesehen und bis zum Schluss durchgehalten. Um das Wichtigste vorweg zu nehmen: ein unglaublich langweiliger Film! Manche Szenen gehen als Softporno durch, besonders aber die Handlung ist so flach, wie es sonst nur Pornostreifen schaffen. Sowohl die Story ist schlecht, weil nicht stimmig, wie auch der Umgang mit dem Thema SM-Praktiken. Die schauspielerische Leistung von Anastasia (Dakota Johnson) ist sehenswert, die von Christian (Jamie Dornan) ist eine Katastrophe. Er schien mir wirklich aus dem Bereich Pornofilm zu stammen, keine emotionale Mimik, keine Leidenschaft. Wie lächerlich das rüber kam, wenn er versuchte, sich schmachtend zu äußern: „Ich möchte dir auf der Stelle den Po versohlen“, ohne eine Regung seiner Gesichtsmuskulatur. Wahrscheinlich war er selber ziemlich abgetörnt von diesen Sexpraktiken.

Ich hatte schon den Verdacht, dass ein Film mit so viel Werbeaufwand, nur schwach sein kann. Gute Filme brauchen nicht viel Werbung! Gelangweilt im Kino sitzend, ist mir dann auch klar geworden, warum er so erfolgreich läuft. Durch die Propaganda als Skandalfilm über tabuisierte Sexpraktiken und die Unterwerfung der Frau unter einen dominanten Mann war die Neugierde geweckt und „alle“ wollten diesen Film unbedingt sofort sehen. Nach dem Anschauen waren viele der gleichen Meinung wie ich: langweiliger Kram, ein Film, den die Welt nicht braucht. Ansonsten nehme ich an, dass ein Teil des weiblichen Publikums aus demselben Grund in diesen Film geht, wie sie auch TV-Serien schauen, wie z.B. „Der Bachelor“.

Aus demselben Grund wird das Märchen Aschenputtel geliebt und die Story unzählige Male verfilmt. Ein armes Mädchen findet einen reichen Mann zum Lieben. Ob er sie liebt? Ist das wichtig? Wichtig ist die Eintrittskarte zum Reichtum. Dafür muss Frau halt einen Preis zahlen: Konkurrentinnen ausstechen durch Schönheitschirurgie oder eben die Einwilligung als Sexsklavin. „Ein anderes Interesse habe ich nicht“ (o-Ton Christian aus dem Film).

Aber was ist mit der Frage der Darstellung der Frau einzig als Sexobjekt? Ja, einige Filmszenen sind grenzwertig. Insgesamt wird das Thema völlig falsch angegangen und dient eigentlich nur dazu, Klischees zu bedienen. Mann ist reich und schön und jung und kann jede Frau haben. Er wählt aber eine eher unscheinbare, mäßig hübsche, junge und unerfahrene Frau. Die verknallt sich unsterblich in ihn und kann es kaum fassen, dass sich so ein Mann für sie interessiert. Leider hat der schöne Mann ein Problem: er steht auf sadomasochistische Sexpraktiken und will den dominanten Part. Aber anders als erwartet wird im Film immer wieder darauf hingewiesen, dass Anastasia ja die Wahl hat, NEIN zu sagen, und Christian das auch akzeptiert. Anastasia probiert sich und ihre Sexualität aus, geht an Grenzen, um am Ende NEIN zu sagen. Das ist etwas anderes als die Darstellung von Frauen ausschließlich als Sexobjekt ohne eigenen Willen. Das einzig Sympathische an diesem Film.

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