Einheitsfront gegen Rechte und Rassismus!

Wilhelm Schulz, Neue Internationale 224, November 2017

Der beängstigende Aufstieg der AfD setzt die Frage, wie die RassistInnen gestoppt werden können, auf die Tagesordnung. Angesichts der Tatsache, dass die AfD gegen alle „demokratischen Kräfte“ vorgehen will, scheint es naheliegend, dass sich alle Feinde der Rechten zusammenschließen zur „Einheit aller DemokratInnen“ gegen das größere Übel.

Diese Logik hat aber einen gewaltigen Pferdefuß. Ein Bündnis aller „DemokratInnen“ läuft letztlich auf ein Bündnis gesellschaftlicher Kräfte hinaus, die in gegensätzliche Richtungen ziehen. Die UnternehmerInnen und ihre Parteien treten für mehr Sozialabbau, bessere Profitbedingungen, mehr Militarismus und selektive Migration, also „gezielten“ Rassismus ein. Die Masse der Lohnabhängigen und Jugendlichen hat unabhängig von Pass, Geschlecht und Alter ziemlich die gegenteiligen Interessen. Wie also soll der Nährboden für die soziale Demagogie der AfD entzogen werden, wenn wir gegen sie ein „Bündnis“ bilden wollen, das gerade die sozialen Fragen, Imperialismus, Militarismus und staatlichen Rassismus ausklammert?

Schlimmer noch. Die sozialen und demokratischen Forderungen sollen wegen des gemeinsamen Feindes in den Hintergrund treten. Dabei sind es die zunehmende Konkurrenz und die Angriffe, die uns in zunehmend unsichere Arbeitsverhältnisse zwingen und die Angst vor dem sozialen Abstieg schüren. Die bürgerlichen DemokratInnen sind es, die mit ihrer rassistischen Asylpolitik dem rassistischen Mob auf der Straße zunehmende Zugeständnisse machen.

Unser Kampf gegen den aufkommenden Rassismus muss untrennbar mit der Frage sozialer Absicherung verbunden werden. Er muss die Frage rechtlicher, politischer und sozialer Gleichstellung aller in diesem Land Lebenden aufwerfen, also egal, ob geflüchtet oder hier geboren. Schlussendlich muss unser Antirassismus die Frage des Ursprung des Rassismus im Kapitalismus aufgreifen.

Dafür können wir uns aus Angst vor einem Wolf nicht als blinde Schafe durch den anderen schützen lassen. Was wir brauchen, ist ein Bündnis aller Organisationen, Parteien und Gewerkschaften, die sich auf die ArbeiterInnenklasse, die MigrantInnen, die Unterdrückten stützen – eine Einheitsfront gegen den Rechtsruck im Staat und auf der Straße.

Für uns bedeutet dies die gemeinsame politische Plattform mit einem konkreten Ziel auf Basis praktischer Aktionen unter der Freiheit der Kritik und offenen Debatte über die gemeinsame Perspektive. Denn eines ist eindeutig: Online-Petitionen reichen nicht gegen brennende Geflüchtetenunterkünfte!

Die kommende Jamaika-Koalition wird dabei mit ihren Debatten über Obergrenzen und sichere Herkunftsländer keine Partnerin darstellen, schlimmer noch: Sie birgt die Perspektive zunehmender Aufrüstung und des Ausverkaufs des öffentlichen Dienstes. Hierbei wird die AfD nur die Stimme für noch härtere Maßnahmen sein.

Was wir brauchen, ist eine breite Strategiekonferenz gegen das Programm der kommenden Regierung und den aufkommenden Rassismus. Ein gemeinsamer Aktionsfahrplan bietet die Möglichkeit, aus der aktuellen Defensive auszubrechen, haben wir es doch zunehmend mit kleineren und vereinzelten Aktionen zu tun, die keinen Druck auf die größeren passiven Organisationen wie den DGB und reformistische Parteien ausüben. Mobilisierungen wie die gegen den Bundesparteitag der AfD am 2.-3. Dezember in Hannover können hierfür einen Ausgangspunkt darstellen!