Tarifabschluss Metall: Selbstgerechte Bürokratie – unzufriedene Basis

Frederik Haber, Infomail 683, 17. Mai 2013

Während die IG Metall-Spitze mit großen Worten den Abschluss in Bayern feiert, kracht es wenigstens an Teilen der Basis gewaltig – so in den kampfstarken und gut organisierten Zentren der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Dort hatten sich die ArbeiterInnen ein „forderungsnahes“ Tarifergebnis erhoffte – keinen weiteren Rohrkrepierer des Apparats. Die Unzufriedenheit spiegelt sich selbst in der Tarifkommission Baden-Württemberg wieder, bei deren erster Sitzung nach dem Abschluss in Bayern es nur einen einzigen Fürsprecher gab.

Im Einzelnen: Zum 1. Juli sollen die Entgelte um 3,4%, zum 1. Mai 2014 um weitere 2,2% erhöht werden. Für Mai und Juni dieses Jahres gibt es nichts.

Gemessen an der Forderung von 5,5% für ein Jahr ist das beschämend. 3,4% für zehn Monate entsprechen 2,8% für zwölf. Nur wenig mehr als die Hälfte der Forderung also. Für das folgende Jahr ist die Berechnung schwieriger, aber es ist klar, dass es in 2014 keine weitere Erhöhung geben kann und 2,2% das letzte Wort ist.

Was sich nach der so offen wie nie gesteuerten Forderungsaufstellung – alle Tarifkommissionen forderten die gleichen 5,5% – abzeichnete, hat dieser Abschluss bestätigt. Die IG Metall Spitze wollte jeden längeren Konflikt mit Teufelsgewalt verhindern. Die Exportchancen der deutschen Metallindustrie und die Wahlchancen der SPD sollten auf keinen Fall geschmälert werden. Die Unternehmen müssen weitere Marktanteile erkämpfen und die SPD unter Beweis stellen, dass sie immer noch die Arbeiterklasse – über die Gewerkschaften – unter Kontrolle hat.

Die massenhaften Warnstreiks sollten Dampf ablassen, aber sie haben auch Hoffnungen geweckt. Ein besseres Ergebnis wäre möglich gewesen, die Einsatzbereitschaft war da. Es wäre auch nötig gewesen. Letztes Jahr wurde die Forderung von 6,5% auch mit „der nachholenden Erwartung“ der MetallerInnen begründet. Diese wurde nicht erfüllt. Auch diese Mal bedeutet das Ergebnis gerade mal den Inflationsausgleich und die allgemeine Produktivitätssteigerung. Diejenige der Metallindustrie liegt höher, so wird die Lohnquote in der dieser Industrie weiter sinken.

Ökonomisch wie politisch stellt dieser Abschluss einen weiteren Ausverkauf dar. Es ist eine Einladung an das Kapital in den nächsten Monaten anzugreifen, bei Löhnen und Gehältern, bei Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen. Zurecht feiern sie die „Berechenbarkeit“.

Dass der Unmut über diese Gewerkschaftsführung bis in die Großen Tarifkommissionen schwappt, ist ein gutes Zeichen. Aber dennoch ist die Geschlossenheit des Apparates in der IG Metall weiter stark. Die dort vertretenen Betriebsratsvorsitzenden werden am Ende die Basis genauso im Stich lassen, wie sie es täglich im Betrieb tun.

Wir rufen dazu auf, in den Betrieben Versammlungen der Gewerkschaftsmitglieder und der Vertrauensleute durchzuführen, um den Abschluss und die Empfehlung des IG-Metallvorstandes zurückzuweisen und die Mitglieder der Tarifkommissionen aufzufordern, gegen das Verhandlungsergebnis zu stimmen. Sollte es dafür eine Mehrheit geben – sicherlich ein unwahrscheinlicher Fall – so müsste der Arbeitskampf aufgenommen und von unten organisiert und kontrolliert werden. Im Falle, dass nur eine Minderheit gegen den Abschluss stimmt, gilt es alle Mitglieder, die betriebliche Basis zu organisieren, die gegen den Abschluss sind.

Nötig ist eine klassenkämpferische, anti-bürokratische Basisbewegung. Drei Tage Schimpfen reicht nicht. Für eine andere Politik, eine andere Führung, letztlich eine andere IG Metall muss man kämpfen.